Aber sicher Akw – RWE-Konzern hält am Atomkonzept fest

"Dies ist ein modernes, sehr sicheres und technisch anspruchsvolles Kernkraftwerk", lobte Bundeskanzlerin Merkel das AKW Emsland bei Ihrem Besuch im August des letzten Jahres. Gemeinsam mit Jürgen Großmann, dem Chef der RWE AG, marschierte sie lächelnd über das Gelände. Nur wenig später sollte die Atom-Kanzlerin die Verlängerung der AKW-Laufzeiten beschließen lassen. Das alles scheint, nach dem schweren Unfall in Fukujima, nicht mehr zu gelten: Die schwarz-gelben Laufzeit-Verlängerer ducken sich weg.

 

Nur Jürgen Großmann hält sich noch aufrecht im Anti-AKW-Sturm: "Wir stehen für den sicheren Betrieb unserer Anlagen", sagt der Mann, der im letzten Jahr mit einer Anzeigenkampagne Druck auf eine Regierung ausüben wollte, die man gar nicht drücken musste. Zur Zeit klagt Großmann gegen die temporäre Stilllegung des AKW Biblis.

 

Im Forschungsreaktor Jülich wurden noch jüngst an die 3.000 Brennelementekugeln vermisst. Sie sind den konventionellen Brennstäben anderer Atomkraftwerke sehr ähnlich. Nur enthalten sie auch das hochgiftige Plutonium. Das Gerücht, die vermissten Kugeln seien im Salzstock Asse gelandet, in dem nur schwach radioaktiver Müll aufbewahrt werden darf, hält sich schon lange. Von der Leitung des Forschungszentrums wird nach langem Hin- und Her-Suchen erklärt: Alle Kugeln sind noch da.

 

Das glaubt sogar die "taz". Sie titelt: "Atomare Brennelemente in NRW: zu Staub zermahlen". Anti-Atom-Initiativen rund um das nordrhein-westfälische Jülich sehen das anders. Sie fragen die Aufsichtsbehörde, welche radioaktiven Stoffe am 23. November 1976 und am 15. Dezember 1976 in insgesamt drei Behältern per Bahn von Jülich aus in die Asse gebracht wurden. Eine Antwort steht aus. Aber: In der Asse wurde in den letzten Monaten Plutonium gefunden.

 

Brennelementekugeln gab es auch im AKW Hamm-Uentrop: So um die 600.000. Die liegen jetzt im Zwischenlager Ahaus. Das AKW ist im Rückbau begriffen: Der Betrieb war nicht störungsfrei. Das Werk hat mal vier Milliarden Mark gekostet. Das meiste Geld kam aus staatlichen Quellen – obwohl der RWE-Konzern der größte einzelne Anteilseigner war.

 

Die Stilllegung 1998 und der "sichere Einschluss" verschlangen rund 400 Millionen Euro. Die nächste Milliarde wird ab 2030 fällig, wenn der Abriss beginnt. Ein Endlager für die verstrahlten Gebäudeteile gibt es immer noch nicht. "Ich plädiere seit Längerem für die Verlängerung der Laufzeiten und sehe keinen Grund, dies nun zu revidieren", sagt Jürgen Großmann von der RWE AG. Sein Laden trägt nicht einmal die Hälfte der Rückbaukosten. Welchen Kostenanteil die Atomindustrie an einem Endlager übernehmen wird ist unbekannt.

 

Der Rückbau in Jülich wird bei 600 Millionen Euro geschätzt. Denn der Reaktorkern ist mit hohen Mengen radioaktiver Isotopen wie Cäsium-137 und Strontium-90 verstrahlt. Das verlangt enorme Sicherheitsvorkehrungen. Der Forschungsreaktor ist über Jahre hinweg in viel zu hohen Temperaturbereichen gefahren worden. Dabei wurde der Reaktordruckbehälter derart radioaktiv kontaminiert, dass er nicht wie andere Reaktoren zerlegt und in Behälter eingeschweißt werden kann.

 

Die wissenschaftliche Analyse eines Sicherheitsexperten des Instituts für Sicherheitsforschung und Reaktortechnik des Forschungszentrums Jülich weist nach, dass der Reaktor nur knapp einer Katastrophe der Größenordnung Fukujima entkommen ist.

 

Manchmal ist der RWE-Boss Jürgen Großmann für überraschende Wahrheiten gut: "Die deutschen Kernkraftwerke erfüllen die geltenden Sicherheitsanforderungen. In jedem anderen Fall hätten sie bereits zuvor abgeschaltet werden müssen. Daran ändern die Ereignisse in Japan nichts", sagt der Vorstandsvorsitzende. Und wer im Jahr mehr als sechs Millionen Euro verdient, der weiß wovon er redet. Tatsächlich sind die Sicherheitsanforderungen zu gering.

 

Denn sie setzen auf den perfekten Menschen, die fehlerfreien Mitarbeiter der Reaktoren. Die aber gibt es nicht. Vielleicht deshalb ist Großmann auf der Jahreshauptversammlung der RWE-Aktionäre in dieser Woche nicht zurückgetreten. Auch seine frühere Freundin und Atomkraftbeführworterin Merkel ist noch im Amt. In der Jülicher Kirche "St. Mariä Himmelfahrt" liegen die Reliquien der seligen Christina von Stommelen. Sie soll schon mal die Gicht geheilt haben. Ob man mit ihr auch Vernunft herbei beten kann, ist nicht bekannt.

 

Quelle: RATIONALGALERIE | Uli Gellermann 2011

© Franz Alt 2011

 

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