„Angst ist nicht der Feind des Mutes“ – Lutz Langhoff im Interview

Kunst des Feuermachens, Mut, Erfolg, Unternehmersein, Unternehmer
Lutz Langhoff – „Die Kunst des Feuermachens“ (Bild: © Gabal-Verlag)

Lutz Langhoff ist StartUp-Berater und plädiert für mehr Mut bei deutschen Gründungswilligen (mehr dazu auch im Teil 1 des Interviews Unternehmerischen Mut braucht jeder). Denn allzu oft regiert die German Angst: Das Risiko scheint zu groß, die Angst vor der Zukunft hemmt und sorgt dafür, dass die Mehrheit sich für den vermeintlich sicheren Weg der Anstellung entscheidet. Aber Angst muss nicht immer hemmend sein: Sie kann auch konstruktiv genutzt werden. Denn das Gegenteil von Mut ist nicht Angst – sondern Feigheit und Trägheit.

Hinweis der Redaktion: Wir verlosen auf AGITANO 3 Exemplare von „Die Kunst des Feuermachens“!

 

„Wir müssen an eine lebenswerte Zukunft glauben“ – Lutz Langhoff zum Thema Angst

Hallo Herr Langhoff. Die meisten Neugründungen in Deutschland entstehen aus der Not heraus: Arbeitslose, die keine Stelle finden, versuchen sich als Unternehmer. Ist die Angst der Deutschen vor dem Risiko zu groß?

Erstmal: Das stimmt nicht. Nicht mal im Ansatz. Es gibt etliche Untersuchungen zu diesem Thema, auch bei der härteren Variante der Gründung aus Hartz IV. Wenn bei der Motivation gefragt wird, warum Menschen gründen, sind fast alle Motivatoren intrinsisch. Allein aus „Ich finde keine Stelle“, kann man nicht gründen. Das tut auch kaum einer und sollten sie jemanden kennen, der das will: Bitte unbedingt davon abraten. Gründung ist immer eine so harte Nummer, dass man das auch wirklich WOLLEN muss.

Der zweite Teil der Frage: Ist die Angst der Deutschen vor dem Risiko zu groß? Da muss man leider bis heute mit einem lauten „Ja“ antworten. Ich sehe aber an den Unis bei meinen Seminaren große Veränderungen. Vor zehn Jahren habe ich bei Seminaren zu Unternehmerpersönlichkeit fast nie Studenten gehabt, die gründen wollten. Wie ein bekannte Mannheimer BWL-Prof mal sagte: Die Guten gehen in Konzerne, die weniger Guten in Behörden und die Schlechten müssen sich selbständig machen. Das war Zeitgeist. Ganz ehrlich: Das ist einfach zum Kotzen.

Mittlerweile wird das aber schon anders gesehen. Gründen wird hipper. Ob das Selbstbild der Deutschen mit der German Angst sich wandelt, mag ich aber bezweifeln.

Was denken Sie: Woran liegt es, dass die sprichwörtliche German Angst so ein Hemmnis für den Schritt in die Selbstständigkeit ist?

Das ist eine gute Frage. Bremst unsere Kultur und eine typisch deutsche Zögerlichkeit und Zukunftsangst unternehmerischen Mut eher aus? Meine persönliche Antwort: Ja – auch wenn ich kaum verstehen kann, was diese unbegründete diffuse Furcht hervorruft. Wir sind mit einer Gründerquote von 3,8 Prozent bei den Start-up-Indizes dieser Welt abgeschlagen platziert, in Europa belegen wir den vorletzten Platz, vor Belgien. Waldsterben, Aids, Ozonloch, brennende Ölquellen, BSE oder Fukushima: Wir Deutsche reagieren auf Herausforderungen und neue Entwicklungen allzu oft mit Weltuntergangsszenarien. Das soll jetzt nicht in einer politischen Diskussion enden, aber doch immerhin aufzeigen: Der Grad der Erregtheit, in deren Folge eine grundsätzliche Angst mitschwingt, hat in diesen Breitengraden schon eine besondere Qualität. Was oft in Vergessenheit gerät: Wir profitieren enorm von der Globalisierung und sind Exportvizeweltmeister. Und dennoch ist in diesem Land eine große Angst vor der Zukunft festzustellen, auch und gerade in wirtschaftlichen Fragen. Das Philosophie-Magazin ist dem im März 2012 nachgegangen und fragt: Wie erklärt sich der deutsche Dreiklang aus Bauen, Schützen, Fürchten? Anders gefragt: Wie kommt es zu diesem oft verhängnisvollen Zusammenspiel zwischen unserem deutschen Ingenieursgeist, unserem Nachhaltigkeits- und Ökologiewahn sowie eben jener berühmt-berüchtigten German Angst?

Um Ihre Frage auf einen Faktor zuzuspitzen: ich denke, es ist unser negatives Bild von der Zukunft. Wir glauben nicht an eine gute, lebenswerte und zu erkämpfende Zukunft, in der wir gerne sein möchten.

Angst ist immer noch ein Tabu-Thema. Sollte man trotzdem offen mit dem Thema Angst umgehen?

Die heftigsten inneren Dynamiken sind dort am Wirken, wo ich mir es nicht eingestehe. Wenn ich Angst verneine, setzt sie ihr Gift ja noch mehr frei. Das gilt organisational wie persönlich. Eine Forderung nach offenem Umgang mit Angst finde ich aber schwierig – es braucht den richtigen Platz und Vertrauen. Gerade in Firmen sollte man Angst nur langsam und schrittweise benennen. Sonst setze ich Prozesse in Gang, die andere Überfordern und eher in Mobbing gegen mich umschlagen. Persönlich finde ich es sehr wichtig, einen Raum zu haben, wo ich meine Ängste nennen kann.

Wie kann man Angst konstruktiv nutzen?

Beim Thema Mut spreche ich gerne über Angst. Einige fragen mich: „Warum richtest du den Fokus so häufig auf den Feind des Mutes?“ Nun: Ich glaube nicht, dass Angst wirklich der Feind des Mutes ist. Für mich sind vielmehr die Trägheit und die Feigheit die schlimmsten Feinde des Mutes. Angst ist eine notwendige Ergänzung, sie hat immer einen Sinn, sofern es gelingt, sie konstruktiv zu nutzen. Ohne Angst sind wir übermütig, werden blind für Gefahren und halten kein Maß. Was nicht gerade eine vorteilhafte Strategie für Ihren Erfolg ist. Fragen Sie am besten dazu mal Extrembergsteiger. Alle berichten von ihren lebensnotwendigen Ängsten in der Wand. Ich möchte sogar so weit gehen und sagen: Ohne Angst gibt es keinen Mut. Da sind wir bei der konstruktiven Seite der Angst.

Was mir in den letzten Jahren persönlich sehr wichtig wurde: Wenn ich Angst spüre, nehme ich mir immer eine kurze Auszeit. Das kann manchmal der Gang zur Toilette sein. Eigentlich sind das immer Signale aus dem Unbewussten, die mich auf Widersprüche hinweisen.

Zum Umgang mit Ängsten hier ein Klassiker der kognitiven Therapie:

  1. Sich die Angst eingestehen, Ängste als etwas Normales akzeptieren
  2. Die Angst adressieren, sie genau benennen können
  3. Sich anschauen, wovor man Angst hat
  4. Die Angstszenarien vom Ende her denken, den Teufelskreis im Denken durchbrechen und Lügen rauswerfen
  5. Ins Handeln kommen – der Angst mit Taten begegnen
  6. (Manchmal) Die Ursachen der Angst kennenlernen
  7. (Öfters) Sich bei Freunden oder Coachs Hilfe holen
  8. Loslassen

Abschließen möchte ich mit einem meiner Lieblingszitaten aus Erich Kästners „Das Fliegende Klassenzimmer“: Als der „Angsthase“ Uli aus dem tiefen Wunsch heraus, mutig zu sein, auf die bekloppte Idee kommt, mit einem Regenschirm vom Dach zu springen, und dies auch in die Tat umsetzt, kommentiert dies sein Lieblingslehrer Dr. Johannes Böhk so:

„Lieber ein Beinbruch als lebenslang ein Feigling sein.“

 

Lieber Herr Langhoff, vielen Dank für Ihre Anregungen zum Thema Angst.

Das Interview mit Lutz Langhoff führte Oliver Foitzik, Herausgeber AGITANO und HCC-Magazin und selbst Verleger.

 

Hinweis der Redaktion

Sichern Sie sich Ihr Exemplar und entwickeln Sie unternehmerischen Mut! Wir verlosen auf AGITANO 3 Exemplare von „Die Kunst des Feuermachens“!

 

Über Lutz Langhoff

Lutz Langhoff, Unternehmertum, Mut, Wille
Lutz Langhoff ist Start-Up-Berater und Vortragsredner. (Bild: © Lutz Langhoff)

Lutz Langhoff ist mit seinen feurigen Vorträgen und Büchern im positiven Sinne ein Brandstifter für Mut im Leben – beruflich wie privat. Dies speist sich aus seinen drei beruflichen Wurzeln: Er hat als Start-up-Berater seit der Jahrtausendwende über 800 Unternehmen und Freiberufler in den ersten zwei Jahren begleitet. Davor war Lutz Langhoff in seinem “ersten Leben” über zwölf Jahre lang Straßen- und Varietékünstler. Er ist zudem Diplomsoziologe mit Schwerpunkt Personalentwicklung und Organisationssoziologie. Heute zeigt Lutz Langhoff als Redner, Unternehmensberater, Universitätsdozent und Coach, wie Menschen und Unternehmen im beruflichen Alltag ihre Ziele und Visionen mit Leidenschaft erreichen.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?