Arbeitssicherheit: Wie viel Strom der Mensch verträgt

Elektrischer Strom bewegt sich weitgehend unsichtbar und unbemerkt durch unseren Alltag. Seine Gefahren werden häufig unterschätzt und der Umgang mit defekten Schaltern und Leitungen wird mitunter risikofreudig gepflegt. Ob man bei einem Stromschlag mit harmlosem Kribbeln davonkommt oder ein Herzstillstand droht, ist von mehreren Faktoren abhängig.

Normalerweise sind Maschinen, Elektrogeräte und spannungsführende Teile so gesichert, dass der menschliche Körper nicht direkt mit dem Strom oder der Spannung in Kontakt kommt. Für den Menschen droht keine Gefahr, solange er nicht Teil des Stromkreises wird. Das kann immer dann sein, wenn Isolierungen beschädigt sind oder leichtsinnig mit der Elektrik umgegangen wird, wie z.B. bei offenen Schaltschränken, beschädigten Anschlussleitungen oder defekten Steckdosen. Beim Berühren von spannungsführenden Teilen fließt der Strom von der Hand durch den Körper zur Erde. Das ist ein Stromschlag.

Kribbeln, Krampfen, Flimmern

Ob ein Stromschlag tödlich endet, hängt davon ab, wie lange, auf welchem Weg und mit welcher Stärke der menschliche Organismus durchflossen wird. Liegt das Herz in der Strombahn, stehen die Chancen fürs Überleben schlecht. Lebensbedrohliche Störungen des Herzrhythmus setzen bei Durchflussstärken von ca. 80 Milliampere ein. Beim so- genannten Herzkammerflimmern geht die periodische Tätigkeit des Herzens in eine völlig regellose über. Das Herz hört auf, Blut zu pumpen. Das führt zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn und dies wiederum innerhalb weniger Minuten zum Tod.

Nur wenn es gelingt, den Stromfluss vor Ablauf einer Herzperiode (ca. 0,8 Sekunden) zu unterbrechen, können auch große Stromstärken ohne gefährliche Schädigungen verkraftet werden. Die besonders kritische Zeit (vulnerable Phase) innerhalb eines Herzschlags dauert 0,15 s.

Ein leichter Stromschlag macht sich nur durch ein Kribbeln in den Fingerspitzen bemerkbar. Der Schreck, den man dabei bekommt, führt aber häufig zu einem Unfall. Beispielsweise dann, wenn jemand infolge des Stromschlages von einer Leiter fällt oder Gegenstände fallen lässt. Schon bei relativ geringen Stromstärken beginnen sich die Muskeln derart zu verkrampfen, dass eine umfasste Leiter nicht mehr losgelassen werden kann.

Unfallhelfer können nur durch Abschalten des Stroms oder unter Verwendung nicht leitender Materialien den Verunfallten vom umfassten Gegenstand lösen. Die Loslassschwelle liegt bei 15 bis 20 Milliampere. Ab 30 Milliampere ist auch die Atemmuskulatur betroffen. Es drohen Atemnot und schließlich Atemstillstand.

Allgemein gilt: Elektrische Wechselströme im Bereich der Netzfrequenz sind ab 0,5 mA für den menschlichen Organismus spürbar und bei höheren Stromstärken über 10 mA, die länger als 2 s einwirken, gefährlich. Gleichströme sind ab 2 mA spürbar und ab 25 mA, die länger als 2 s einwirken, gefährlich.

Damit der Strom keine falschen Wege geht

Alle Arbeiten und Reparaturen an elektrischen Geräten oder Anlagenteilen (Leitungen, Steckdosen, Schalter) nur von einer Elektrofachkraft durchführen lassen. Nie improvisieren. Ausnahme: Eine elektrotechnisch unterwiesene Person darf bestimmte wiederkehrende Arbeiten wie Prüf- oder Messtätigkeiten an unter Spannung stehenden Teilen oder Auswechseln von NH-Sicherungen, die nicht gegen direktes Berühren geschützt sind, unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft durchführen.

  • Schaltschränke geschlossen halten. Zugang nur durch Elektrofachkraft oder elektrotechnisch unterwiesene Person.
  • Auf Beschädigungen an Leitungen (Isolierung), Steckdosen und Schaltern achten und sofort reparieren lassen.
  • Die Elektroinstallation und alle Elektrogeräte regelmäßig prüfen lassen. Elektrische Anlagen und ortsfeste Geräte alle 4 Jahre, mobile Geräte alle 6 Monate.
  • Auch unbenutzte Elektroinstallationen (tote Leitungen o.  Ä.) ohne ausreichenden Isolationsschutz entfernen lassen.
  • In feuchten Räumen und Bereichen Fehlerstromschutzschalter (FI-Schutzschalter, RCD) einsetzen und laufend auf Wirksamkeit prüfen lassen.
  • Reinigungsarbeiten in elektrischen Betriebsräumen nur durch elektrotechnisch unterwiesene Person durchführen lassen.

Ein Mitarbeiter gilt dabei dann als elektrotechnisch unterwiesen, wenn er von einer Elektrofachkraft über die ihm übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßem Verhalten unterrichtet und angelernt wurde. Außerdem muss er über die notwendigen Schutzmaßnahmen unterwiesen worden sein.

 

(Werner Fisi / BGN / 2012)

 

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