BGM – Multitasking: Erstrebenswert oder gesundheitsschädlich?

Jeder kennt es, jeder hat sich schon einmal oder regelmäßig daran versucht und Frauen können es angeblich wesentlich besser als Männer. Die Rede ist vom Multitasking. Gerade in der Berufswelt müssen Arbeitnehmer immer öfter gleichzeitig mehrere unterschiedliche Arbeitsprozesse ausführen. Aus dem Blickwinkel der Mitarbeitergesundheit aber ist Multitasking eine eher bedenkliche Anforderung. Ein Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigt nun, dass, je höher die Anforderungen der zeitgleich ausgeführten Tätigkeiten sind, die Ergebnisse am Ende umso schlechter sind. Dieser Beitrag gehört zur Themenreihe Mitarbeitergesundheit, welche im Juli 2016 auf AGITANO läuft.

Multitasking ist Standard in deutschen Unternehmen

Die Berufswelt wird immer schneller und Multitasking gehört in beinahe allen Büros zum Alltag. Die technischen Neuerungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte haben dafür gesorgt, dass der Leistungsanspruch an den einzelnen Arbeitnehmer immer größer wird. Die Vielzahl der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien beeinflusst den Arbeitsalltag extrem. Auf so ziemlich jedem deutschen Bürorechner sind mehrere Arbeitsprogramme gleichzeitig geöffnet. E-Mail-Programme, Content-Management-Systeme, spezielle Branchen- oder firmeneigene Arbeitstools, Excel-Tabellen, mehrere Browser-Tabs oder die unternehmenseigenen Social-Media-Kanäle sind nur ein paar mögliche Beispiele.

Der Forschungsbericht der BAuA „Multitasking und Auswirkungen auf die Fehlerverarbeitung – Psychophysiologische Untersuchung zur Analyse von Informationsverarbeitungsprozessen“ hat deutlich ergeben, dass Multitasking die Genauigkeit der einzelnen Arbeitsprozesse vermindert und die Verarbeitung von Fehlern enorm beeinträchtigt. Ziel der Studie war zu untersuchen, ob eine simultane Verarbeitung mehrerer Arbeitsschritte im menschlichen Gehirn überhaupt möglich und vor allem sinnvoll ist. Im Hauptfokus der Studie lag die Beantwortung zweier Kernfragen:

  1. Kann unser Gehirn zwei Prozesse gleichzeitig ausführen, die eine bewusste Verarbeitung erfordern (kontrollierte Prozesse)? Inwiefern lassen sich bereits auf der zentralnervösen Ebene Hinweise bezüglich der Fähigkeit beziehungsweise Unfähigkeit des Gehirns zum „Multitasken“ erkennen?
  2. Sind unter Multitasking die Fehlererkennung und -verarbeitung beeinträchtigt?

Die Ergebnisse der Studie „Multitasking und Auswirkungen auf die Fehlerverarbeitung“

Um altersspezifische Unterschiede zu analysieren wurden zwei Probandengruppen erstellt (20 – 35-jährige und 50 – 60-jährge). Diese mussten zeitgleich eine visuell-manuelle Computeraufgabe bearbeiten sowie eine auditiv-sprachliche Entscheidungsaufgabe beantworten. Währenddessen wurden ihre elektrischen Aktivitäten im Gehirn mit einem speziellen Verfahren beobachtet und ausgewertet. Die Tests lieferten eindeutige Erkenntnisse über Auswirkungen von Multitasking:

  • Je höher die kognitive Belastung der einzelnen Tätigkeiten, umso höher sind Zeit- und Ressourcenverluste
  • Es kommt (teilweise zu großen) Qualitätseinbußen in den Arbeitsergebnissen
  • Physiologische und psychische Fehlbeanspruchungen
  • Je anspruchsvoller, zeitintensiver und zahlreicher die verschiedenen Aufgaben werden, umso mehr steigt die psychische Belastung des Arbeitnehmers und dessen Stresslevel

Ständiges „Multitasken“ hat also sehr negative Auswirkungen auf die Arbeitsergebnisse und den Durchführenden. Wenn man bedenkt, dass – anders als bei der Durchführung der Studie – im normalen Berufsalltag keine Laborbedingungen herrschen, dürften die Fehlerquoten, Qualitätsverluste und gesundheitlichen Auswirkungen noch stärker ausfallen.

Natürlich ist nicht damit zu rechnen, dass es in naher Zukunft zu einer großen Veränderung im Arbeitsalltag kommen wird – in Gegenteil, die Ansprüche an Arbeitnehmer in Sachen Flexibilität und Belastungsfähigkeit nehmen weiter zu. Unternehmen sollten im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements jedoch unbedingt Maßnahmen ergreifen, um Multitasking zu verringern. Damit wird nicht nur die Qualität der Produkte und Dienstleistungen deutlich verbessert, sondern vor allem die Mitarbeitergesundheit entscheidend geschont. Dies bringt automatisch weitere positive Auswirkungen mit sich:

  • Gesunde Mitarbeiter sind produktiver und leistungsfähiger
  • Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt und damit auch die Reputation des Arbeitgebers
  • Die langfristige Mitarbeiterbindung sowie das Anwerben neuer Fachkräfte wird erleichter

Letztendlich profitieren alle Beteiligten von einer Verringerung, beziehungsweise Vermeidung von Multitasking. Höchste Zeit also die Organisation der Arbeitsprozesse umzukrempeln.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?