Der Geist der Weihnacht und die Ackermänner

… aus der wöchentlichen Business-Kolumne von Ulrich B Wagner mit dem Titel „Me, myself and I – eine Reise in sich hinein und über sich hinaus„.

Heute:   Der Geist der Weihnacht und die Ackermänner
oder warum wir trotzdem glauben sollten…

Mit glauben allein kann man sehr wenig tun, aber ohne ihn gar nichts.
(Samuel Butler)

Die Zeit scheint aus den Fugen geraten. Die Kanzlerin bemerkt selbstkritisch zu Beginn des Brüsseler Krisengipfels, dass man den Worten der Politiker nicht mehr glaubt, und die FAZ fordert in Ihrer Sonntagsausgabe vom 11. Dezember: „Stellt endlich die Systemfrage!“

In Krisenzeiten wird viel geredet, debattiert, breitgetreten und in wildem Aktionismus beschlossen, um dann nach kurzer Zeit wieder in Frage gestellt zu werden. Vermeintliche Rettungsschirme werden aufgespannt in der Bemühung, uns die Botschaft zu übermitteln, dass etwas unternommen wird. Doch ein Großteil der Bevölkerung steht mit Fragezeichen am Wegesrand und möchte in faustscher Manier antworten: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Was hält eine Gesellschaft zusammen? Was verbindet Menschen miteinander? Wodurch entsteht Gemeinschaft?

Bereits im Jahr 2009, im Zuge der ersten Finanzkrise, äußerte sich Nils Minkmar in der FAZ: Das alte System wird sich nicht fangen, für die Ramschpapiere gibt es keinen Markt, und es wird auch keinen mehr geben. Mit gouvernementalem Herumfuchteln in Klüngelrunden, um irgendwelche Stellschrauben zu befingern, ist nichts mehr zu gewinnen. In solch einer Lage kann es einen Fortschritt nur geben, wenn man sich von ideologisch begründeten Prinzipien verabschiedet und all das stärkt, was Gemeinsinn stiftet.

Aber was stiftet Gemeinsinn? Geld kann es nicht sein, denn Geld stiftet keinen Sinn und erst Recht keine Gemeinschaft. Wo sind sie also geblieben, die alten Glaubenssätze an soziale Gerechtigkeit, an den Wert von Arbeit, Gemeinschaft und sozialer Verantwortung? Im Strudel der Finanzmarktrettung versenkt und begraben?

Es ist daher nicht verwunderlich, dass nicht nur die Krise, sondern auch der Zorn und der Protest mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Es ist die Erschütterung darüber, dass bisher nicht einer der Verursacher (bzw. das Finanzsystem an sich, wie es derzeitig organisiert ist) zur Verantwortung gezogen wird, sondern die Mehrheit einer Bevölkerung, die sich diesen Unsinn und Irrsinn der Finanzmarkttransaktionen beim besten Willen nicht hätte ausdenken können.

Wir werden in den kommenden Zeiten noch am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn der Glaube in den Menschen, aber auch in einer ganzen Gesellschaft verloren geht. Denn wie Max Planck einmal anmerkte: Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, den Glauben zum Handeln.

Weihnachten ist auch das Fest des Glaubens, auch für Menschen die nicht unbedingt religiös sind. Es ist der Glaube an Barmherzigkeit, Liebe und schöne Momente, an unbeschwerte Kindestage und erwartungsfrohe, leuchtende Kinderaugen aller Altersklassen.

Und für mich ist Weihnachten auch Charles Dickens Geschichte über den herzlosen Geschäftemacher Ebenezer Scrooge, und im Stillen besteht für mich immer noch die Hoffnung, dass vielleicht doch noch ein Weihnachtswunder geschieht in unserer krisendurchschüttelten Zeit.

Vielleicht erscheint ja den modernen Ebenezer Scrooges in den Banken- und Börsenvierteln in Frankfurt, London, New York und an allen anderen Finanzplätzen dieser Welt die Geister ihrer verstorbenen Geschäftspartner und ehemalig bewunderter Finanzjongleure und prophezeien ihnen ihr düsteres Ende in einer Zeit ohne Gemeinschaft, Glaube und Vertrauen an soziale Verantwortung.

Möge ihnen der Geist der vergangenen Weihnacht erscheinen, welcher sie in ihre Kindheit zurückversetzt und möge der Geist der zukünftigen Weihnacht sie schließlich an ihr verzweifeltes und trostloses Sterbebett heranführen.

In Charles Dickens Weihnachnachtsgeschichte erkennt Ebenezer Scrooge schließlich: „Die Wege der Menschen deuten ein bestimmtes Ende voraus, auf das sie hinführen, wenn man auf ihnen beharrt. Aber wenn man von den Wegen abweicht, ändert sich auch das Ende“. In Folge dieser tiefen Erfahrung läutert er sich und wird schließlich zu einem anderen Menschen.

Es gibt sie also die Chance, das große Andere, die Möglichkeit für ein gemeinsam Besseres und vielleicht erscheint sie uns, wenn wir nur fest an sie glauben und in der Folge auch danach handeln.

Ich für meine Person glaube noch an Wunder, denn wie Ben Gurion es ausdrückte: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

In diesem Sinne wünsche ich noch eine wundervolle Vorweihnachtszeit

Ihr  Ulrich B Wagner

Profilbild Ulrich Wagner

Zum Autor:

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie.

Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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