Der Wahlkampf: Lügen wird mit Freiheitsentzug geahndet

… aus der wöchentlichen Kolumne von ElSchnuppero.

Bald beginnt die heiße Phase des Wahlkampfes. Wenn ungezählte Politiker durch die Lande tingeln und den Bürgern und Bürgerinnen die Ohren volldampfen, dann beginnt die schönste Zeit des Jahres: Das narrative Utopia.

Denn in dieser Zeit scheint alles möglich. Mehr soziale Gerechtigkeit, weniger Corporate Government, bunte Regenbögen über dem grauen Horizont stumpfsinniger Alltagsexistenz und das offene Ohr eines jeden anzugtragenden Berufsschwaflers.

Immer wieder werden dann von den PR-Maschinen der großen Bundestagsparteien verschiedene Wahlkampfthemen gepuscht (können Sie sich noch an die Kalte Progression erinnern?). Diese werden dann von den Medien begierig aufgenommen, von selbst ernannten Experten bis auf die kleinste Silbe analysiert, irgendwo wird dazu ein Arbeitskreis gegründet und der Bürger schüttelt den Kopf darüber, wie ein so heißes Eisen so lange in der Warteschlange gehalten wurde. Aber naja. Da gibt es schlimmeres als dieses periodisch auftretende Mediengewäsch.

Wissen Sie noch was Walter Ulbricht einst inbrünstig in anwesende Mikrofone hauchte? Richtig: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.“ Wenn die Sache nicht so tragisch geendet hätte, könnte man ja über so eine dreiste Lüge lachen. „Aber, aber….“ werden einige jetzt rufen, „das war aber in der DDR. Und dort war alles scheiße. So was würde es heute nicht mehr geben.“ Dieses Argument lässt man kurz wirken und nachdem man sich das Lächeln vom Gesicht gewischt hat, kann man sich ja mal folgende Liste von heutigentags.de zu Gemüte führen:

[spoiler title=“Eine kleine Auswahl von Lügen“ open=“0″ style=“2″]

Bundesentwicklungshilfeminister Niebel, 2009
„Das Entwicklungshilfeministerium sollte abgeschafft werden.“

Bundeskanzler Schröder, 2005
„Wir dürfen die Pendlerpauschale auf keinen Fall kürzen.“

Hessens SPD-Chefin Ypsilanti, 2008
„Ich werde mich nicht mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen.“

Bundesfinanzminister Eichel, 2002
„Wir machen keine Schulden, wir weichen nicht in Schulden aus.“

Bundeskanzler Kohl, 1985
„Zur Spendenpraxis kann ich nichts sagen.“

SPD-Chef Müntefering, 2005
„Die Mehrwertsteuer wird nicht erhöht.“

Bundesaußenminister Westerwelle, 2010
„Mubarak ist ein Mann mit großer Weisheit und die Zukunft fest im Blick.“

Hessens Ministerpräsident Koch, 2000
„Es gibt keine schwarzen Konten der CDU.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Barschel, 1987
„Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“

Hamburgs Wirtschaftssenator Karan, 2010
„Merkel hat mich persönlich aufgefordert, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen.“

Bundesarbeitsminister Blüm, 1986
„Die Rente ist sicher.“

Wahlkämpfer Merkel & Schröder, 2005
„Es wird keine Große Koalition geben.“

Bundeskanzlerin Merkel, 2009
„Im Jahr 2010 wird der seit Langem größte Schritt zur Entlastung der Bürger getan.“

Bundeskanzler Adenauer, 1957
„Die Renten werden erhöht, wenn ich die Wahl gewinne.“

CDU-Kanzlerkandidatin Merkel, 2005
„Wir werden den Eingangssteuersatz auf zwölf Prozent senken.“

Bundeskanzler Kohl, 1990
„Blühende Landschaften.“

Linken-Fraktionschef Gysi, 2008
„Ich hatte keine Kontakte zur Stasi.“

Bundeskanzler Schröder, 2005
„Merkelsteuer, das wird teuer.“

Bundeskanzlerin Merkel, 2008
„Die Einlagen der Sparerinnen und Sparer sind sicher.“

Unions-Fraktionschef Schäuble, 1999
„Das Geld Schreibers ist niemals auf einem Konto der CDU aufgetaucht.“

Grünen-Fraktionssprecher Fischer, 1997
„Ich versichere Ihnen: Ich werde nicht Außenminister.“

Bayerns Ministerpräsident Stoiber, 2002
„Ich bin nicht Kanzlerkandidat und werde es auch nicht.“

Bundeskanzler Schröder, 2002
„Steuererhöhungen sind in der jetzigen konjunkturellen Situation ökonomisch unsinnig.“

“Umfaller”-Kanzler Kohl, 1990/1991
„Die Einheit wird aus der Portokasse gezahlt. Die Steuern werden nicht erhöht.“

FDP, ständig
„Mehr Netto vom Brutto.“

[/spoiler]

Dabei haben wir hier nur eine kleine Auswahl von Lügen, die uns von  berufsberufenen Arbeitskreisgründern aufgetischt worden sind. Und auch im anstehenden Wahlkampf werden uns wieder Ross und Reiter versprochen, damit wir unser Kreuz an der richtigen Stelle setzen.

Dabei wäre es doch viel interessanter, wenn die Politikerkaste einmal unter anderen Voraussetzungen in den Wahlkampf starten müsste: Nämlich mit einem Wahrheitsgebot. Wer beim Lügen erwischt wird, geht in den Knast. Keine Bewährung, keine Deals mit der Staatsanwaltschaft, keine Geldstrafe – einfach nur eine kurze Gefängnisstrafe in einer regulären Vollzugsanstalt.  Wie würde der Wahlkampf sich entwickeln, wenn dies wirklich eine Prämisse wäre…

[quote style=“3″]„Wir arbeiten für die Industrie.“[/quote]

[quote style=“3″]„Wir arbeiten für die Industrie. Und wir hassen Schwule. Müssen aber so tun als ob, sonst geht die Wahl in die Hose.“[/quote]

[quote style=“3″]„Wir arbeiten für die Solarindustrie.“[/quote]

[quote style=“3″]„Gewerkschaften? Mögen wir gar nicht mehr.“[/quote]

[quote style=“3″]„DDR? War voll cool…. .“[/quote]

[quote style=“3″]„Jawoll. Wir wollen den Führer wieder. Und mehr Autobahnen.“[/quote]

Die Parteienzuordnung überlasse ich Ihnen. Obwohl manche Parteien doppelt zugeordnet werden könnten.

Leider sind dies im Endeffekt nur Träumereien, denn um Politiker ein Wahrheitsgebot aufzuerlegen, müssten eben jene Politiker einräumen, dass sie lügen und sich selber ein Gesetz aufzwingen. Und seien wir doch mal ehrlich: Welche Schlange beißt sich schon in den eigenen Schwanz?

In diesem Sinne

Gez.: ElSchnuppero

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