Die Reise in sich hinein und über sich hinaus

Die wöchentliche Business-Kolumne von Ulrich B Wagner.

Heute: same, same but different – Persönlichkeit, Marke, Einzigartigkeit

 

Der Mensch ist nichts anderes, als wozu er sich macht, lautet das erste Prinzip des Existentialismus, das Jean Paul Sartre in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts in seinem Essay „Der Existentialismus ist ein Humanismus“ formulierte.

 

Durch unser Handeln, unser Tun oder Unterlassen gestalten wir nicht nur die Welt um uns herum, sondern geben uns eine Identität und formen so unsere Persönlichkeit. Alles ist Kommunikation, Ausdruck und Antwort auf die Welt, die uns umgibt. Durch unsere Art zu kommunizieren gestalten wir nicht nur unser Umfeld, sondern zu aller erst immer auch uns selbst. Wir sind sozusagen die Kreativdirektoren unserer Persönlichkeit.

 

Der Begriff des Selbstmarketing oder Ego-Marketing, der sich mit zunehmender Fragmentierung der Gesellschaft in den ausgehenden 80er Jahren immer stärker ausbreitete und mittlerweile auch in unserer Alltagswelt angekommen ist, ist Ausdruck dieses Verständnisses. Alter Wein in neuen Schläuchen? Vielleicht. Und doch auch wieder nicht. Sich selbst zu gestalten, sich Identität und damit Souveränität und Selbstbewusstsein zu verleihen, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheitsgeschichte. Die Art der Ausprägung, die Intensität mit der wir unsere Individualität jedoch betonen und auch leben (müssen), ist dagegen neu.

 

In zwei Schüben hat der Prozess der Individualisierung seinen Siegeszug durch die westliche Welt angetreten. Der erste, der mit der Herausbildung einer modernen bürgerlichen Gesellschaft zu Zeiten der Industrialisierung beginnt und sein philosophisch-kulturgeschichtliches Fundament jedoch schon in der Aufklärung hat. Einen zweiten, der eine qualitativ neue Radikalisierung und Universalisierung des Individualisierungsprozesses mit sich brachte und seinen Höhepunkt in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte. Alte gesellschaftliche Zuordnungen wie Stand und Klasse verschwinden. Der postmoderne Mensch ist dadurch in seiner Lebens- und Arbeitswelt einem zunehmenden Zwang zur reflexiven Lebensführung unterworfen. Die Pluralisierung von Lebensstilen nimmt kontinuierlich und unumkehrbar zu. Die Identitäts– und Sinnfindung werden hierdurch zu einer individuellen Leistung und Anforderung.

 

Teil eines Ganzen zu sein und sich dabei doch abzugrenzen wird so zu einer tagtäglichen Herausforderung. Die Konzepte des Branding können hierbei, vernünftig und differenziert angewandt, durchaus hilfreich sein. Denn eine Marke schafft Vertrauen und Differenzierung zugleich: Marken erlauben eine Orientierung in der häufig verwirrenden Vielzahl von Angeboten.

 

Übertragen auf die Persönlichkeit, das ICH als Marke, gilt hier noch mehr als im klassischen Marketing.

Nicht Lautheit, Schockeffekte und unkoordinierter Aktionismus führen zu einem nachhaltigen Markenerfolg, sondern ein ausgereiftes und fundiertes Marketingkonzept, das auf einem gesunden Selbstbewußtsein beruht.

 

Den Ausgangspunkt bildet hier eine Persönlichkeitsinventur, die man sehr einfach mit drei Fragen bewerkstelligen kann:

 

– Wo bin ich?

Eine Verortung in Raum und Zeit. Wo bin ich gestartet? Was war mein Ziel und wo     bin ich schließlich gelandet? Im Grunde einfach Fragen, die jedoch im hektischen     Alltagsleben meist untergehen und in der Regel zu Wahrnehmungslücken und     –    verzerrungen  führen.

 

– Was bin ich?

Es ist die Frage nach der Einbindung in ein Ganzes, nach dem System, das mich     umgibt, das mich durch die tägliche Teilnahme prägt, und dessen Regeln und Normen     das ICH determinieren und bestimmen.

 

– Wer bin ich?

Meine Stärken und Schwächen. Die Ecken und Kanten. Was macht mich einzigartig?

 

Und zu guter Letzt, die wohl schwierigste Frage, deren ehrliche Beantwortung und Umsetzung in das tägliche Leben gerne auch als Schlüssel zum Paradies bezeichnet wird: Was will ich wirklich?

 

Sehr hilfreich in diesem Prozess können hierbei auch die Überlegungen über das Finden und Wiederfinden aus unserer Kolumne der vergangenen Woche sein. Johann Wolfgang von Goethe schrieb in den Leiden des jungen Werther: Ich kehre in mich selbst zurück und finde eine Welt, Ihre ganz persönliche Markenwelt; möchte ich hier im Rahmen unserer heutigen Kolumne ergänzen.

 

Die Antworten auf all diese Fragen zusammengenommen, bilden schließlich die Basis Ihres persönlichen Marketing- und Kommunikationskonzepts. Wie kommuniziere ich mich als Marke, wie erreiche ich Aufmerksamkeit und Wahrnehmung? Fragen, die uns in der nächsten Woche zum Thema „Die Rhetorik des Erfolgs – erfolgreiche Kommunikation in Zeiten des Social Media“ beschäftigen werden.

 

Bis dahin wünsche ich Ihnen besinnliche Festtage.

 

Ihr Ulrich B Wagner

 

 

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Profil des Autors:

 

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main. Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie. Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

 

 

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

 

 

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