Employer Branding für Stadtwerke – Aufbau einer erfolgreichen Arbeitgebermarke in der Energiebranche

… von Dr. Heiko Frank, Managing Director, und Dipl.-Kfm. Mathias Bauer, Consultant, Tefen Germany

„Uns geht nicht die Arbeit aus, sondern die Arbeitnehmer“ – Dies ist die Erkenntnis, welche strategische Überlegungen von Führungskräften immer stärker beeinflusst. Unternehmen aller Branchen stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung geeignete Mitarbeiter bzw. Nachwuchs zu finden, Talente zu entwickeln und diese auch zu binden. Insbesondere Stadtwerke und Energieversorger haben es schwer, sich gegen andere, etabliertere und starke Arbeitgebermarken durchzusetzen und stehen damit vor der Herausforderung eine zur Unternehmensstrategie passende Employer Branding-Strategie zu entwickeln und nachhaltig umzusetzen.

Unser Artikel greift das Thema Employer Branding speziell für die Energiebranche auf und untersucht in einem regelmäßigen Energie-Panel die Treiber und Stellschrauben für erfolgreiches Employer Branding bei Energieversorgern.

Die Energiebranche steht vor einer großen Herausforderung. Durch den demographischen Wandel und die Wettbewerbssituation im Arbeitsmarkt haben Unternehmen der Energiewirtschaft und insbesondere Stadtwerke ein zunehmendes Nachwuchsproblem. So wurde bei strategischen Projekten und Interviews der Tefen Management Consulting zusammen mit Stadtwerken immer wieder offensichtlich, dass die Gewinnung und Entwicklung von Führungskräftenachwuchs eine Herausforderung ist. Das Nachwuchsproblem erstreckt sich jedoch nicht nur auf Führungskräfte, sondern über alle Bereiche des Unternehmens. So zeigt das Beispiel der ESWE Verkehrsgesellschaft der Stadtwerke Wiesbaden einen Mangel an qualifizierten Bewerbern für ihre Arbeitsplätze (Quelle: www.faz.net). Die Attraktivität in Form von Arbeitsumfeld, Entwicklungsperspektiven und Gehältern ist gegenüber renommierten Arbeitgebern deutschlandweit, aber auch in der jeweiligen Region, augenscheinlich verbesserungswürdig. Somit haben es besonders Stadtwerke schwer, den für Unternehmen wichtigen Kreislauf – qualifizierte Mitarbeiter gewinnen, Talente entwickeln und binden – aufrechtzuerhalten.

Ein wirkungsvolles Instrument dieser Problemstellung zu begegnen, ist das sogenannte Employer Branding. Hierbei wird die Marke bzw. das Markenversprechen des Unternehmens zur zielgerichteten Ansprache, Gewinnung und Überzeugung von Mitarbeitern genutzt.

Employer Branding Strategie

Um diese Attraktivität einer Arbeitgebermarke zu erzeugen, ist es notwendig, die speziellen Anforderungen und Wünsche der Arbeitnehmer zu kennen und dabei die rationalen und emotionalen Assoziationen mit der Unternehmensmarke in Verbindung zu bringen. Natürlich zählen für Automobilbauer andere Faktoren als für Energieversorger. Um speziell die für die Energiebranche wichtigen Faktoren zu identifizieren und in erfolgreiche Employer Branding-Strategien zu übersetzen, hat die Tefen Management Consulting gemeinsam mit dem Online-Portal für Arbeitgeberbewertungen kununu.de ein Energy Benchmarking Panel entwickelt.

Mithilfe dieses Panels ist es möglich, spezifische Bedürfnisse für die Energiebranche und die Bewerbergruppen zu erkennen und zu analysieren. So messen beispielsweise Ingenieure bei Stadtwerken vornehmlich den interessanten Aufgaben, abwechslungsreicher Arbeit und dem guten Betriebsklima einen hohen Stellenwert bei. Sie wünschen sich andererseits bspw. auch bessere Gehalts- und Karriereperspektiven. Diese Erkenntnisse, zusammen mit dem umfassenden Verständnis der Markenbildung, und –kommunikation, können einfach in eine attraktive und wirkungsvolle Arbeitgebermarke übersetzt werden.

Abbildung 1: Modell zur Entwicklung der Employer Branding-Strategie

Das Modell setzt auf der bestehenden Markenarchitektur des jeweiligen Unternehmens auf, und folgt sechs konkreten Schritten, hin zu einer erfolgreichen Employer Branding-Strategie (Abb. 1).

Fundament des Modells bildet das umfassende Benchmarking mit unternehmensinternen, regionalen, branchenübergreifenden und branchenfremden Daten in den Schritten 1, 2 und 3. Diese formieren den ersten Bestandteil der Arbeitgebermarke, das „Interne Employer Branding“.

 

Mit der Analyse der nach außen wirkenden Stärken bzw. Werte, kann über deren Internalisierung eine nachhaltige Attraktivität als Arbeitgeber erreicht werden. Durch die strategische Ausrichtung und kontinuierliche Entwicklung der Arbeitgeberqualität, kann so die Positionierung als vertrauensvolle Arbeitgebermarke erreicht werden. Im zweiten Bestandteil, dem „Externen Employer Branding“, geht es um die Außenwirkung des Unternehmens in Bezug auf den Arbeitsmarkt und das Recruiting qualifizierter Arbeitskräfte. Mithilfe des Benchmarkings lässt sich eine bestmögliche Übereinstimmung von Arbeitgebermarke bzw. Arbeitgeberimage und damit ein erhöhtes Fitting des Bewerbers erreichen.

Das Panel soll in erster Linie die Trends innerhalb der Branche beleuchten und dabei Entwicklungen vergleichen und Besonderheiten analysieren. Hierzu wird das Panel halbjährlich veröffentlicht und analysiert die Entwicklungen in der Branche und kürt die Top-Performer („Shooting Stars“) und Newcomer der Branche. Die Analyse zeigt Best Practices auf und liefert Ideen für Erfolgsstrategien.

Basis für das Panel sind insgesamt 378 bewertete Unternehmen der Energiewirtschaft, die nach den Bewertungsbereichen „Wohlfühlfaktoren“ (emotional) und „Karrierefaktoren“ (rational) von ihren aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern bewertet wurden.

Abbildung 2: Faktoren zur Bewertung des Arbeitgebers

In Abbildung 2 sind Faktoren dargestellt, die maßgeblich Einfluss auf die Arbeitgeberqualität haben. Die Skala reicht dabei von 1 (mangelhaft) bis 5 (sehr gut).

In die Analyse gehen nur Unternehmen der Energiewirtschaft mit einer Mindestanzahl von zehn Bewertungen ein. Aus den insgesamt 378 bewerteten Unternehmen der Energiewirtschaft im deutschsprachigen Raum waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung nur drei deutsche Stadtwerke und vier Stadtwerke insgesamt unter den Top 13 bewerteten Versorgungsunternehmen der Energiewirtschaft vertreten. Die Mehrheit der bewerteten Unternehmen zählen nicht zur Gruppe der Versorgungsunternehmen, sondern bspw. zu produzierenden Unternehmen der Energiewirtschaft (z.B. Hersteller von Solarmodulen). Ferner ist bei einer Vielzahl der bewerteten Versorgungsunternehmen noch eine sehr geringe Anzahl an Bewertungen festzustellen.

 

Es besteht also noch ein deutlicher Nachholbedarf für Stadtwerke und Regionalversorger bei der Aufmerksamkeit für das Thema Employer Branding und der aktiven Nutzung der Möglichkeiten eines Arbeitgeberbewertungsportals. So erreichten Stadtwerke im Branchendurchschnitt nur 2,87 Punkte von maximal möglichen fünf Punkten.

Damit sind Stadtwerke nicht nur unter dem branchenübergreifenden Durchschnitt der Energiewirtschaft von 2,93, sie liegen auch deutlich hinter Branchen wie „Internet / Multimedia“ (3,33), „EDV / IT“ (3,20), „Bank / Finanzen / Versicherungen“ (3,19) oder „Beratung / Consulting / Dienstleistungen“ (3,09).

Abbildung 3: Durchschnittliche Mitarbeiterbewertungen der Top Stadtwerke und Energieversorger (Quelle: 378 bewertete Unternehmen der Energiebranche, Bewerter, August 2011)

Die vier größten Energieversorger in Deutschland E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW sind zwar vertreten, jedoch nicht alle mit einer überdurchschnittlichen Bewertung (vgl. Abb. 3). Somit besteht auch hier Potential für einen Ausbau der Employer Branding Strategie.

Die Analyse der Bewertungsfaktoren unter den Top 30 Unternehmen zeigt deutlich höhere Bewertungsunterschiede bei den Wohlfühlfaktoren als bei den Karrierefaktoren. Dies verdeutlicht auch die Wichtigkeit von spezifischen emotionalen Elementen beim Aufbau einer Arbeitgebermarke, um die relevanten Bewerbergruppen (z.B. Ingenieure) anzusprechen.

Innerhalb der Wohlfühlfaktoren von Arbeitgebern der Energiebranche werden der Kollegenzusammenhalt, Arbeitsbedingungen und interessante Aufgaben am höchsten bewertet. Nachholbedarf gibt es beim Vorgesetztenverhalten, der Kommunikation, der Arbeitsatmosphäre und dem Angebot interessanter Aufgaben.

Unter den Karrierefaktoren wurde der Umgang mit Kollegen 45+, die Gleichberechtigung, das Umwelt- und Sozialbewusstsein sowie Gehalt und Benefits überdurchschnittlich positiv bewertet. Unternehmensimage sowie Karriere und Weiterbildung sind verbesserungswürdig.

Wie sich zeigt, hat die Energiebranche insgesamt noch einen deutlichen Aufholbedarf beim Thema Employer Branding. Trends und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt werden den Wettbewerb um die Arbeitskräfte in der Energiebranche in Zukunft noch verstärken.

Mögliche Lösungsansätze bedienen sich Mitarbeiterbefragungen, Stärken-Schwächen-Analysen, Anforderungsprofile der Zielgruppen, Kultur-Checks, Werteprofilen, Wettbewerberprofile, etc. Die Erhebung der Informationen kann unter Anderem sehr pragmatisch über die Nutzung von Arbeitgeber-Bewertungsportalen bewerkstelligt werden. Im Anschluss gilt es die Vision und Mission für das Thema Employer Branding zu formulieren und eine Marken- /Kommunikationsstrategie inklusive Definition und Entwicklung der Unique Selling Proposition (USP) sowie einem entsprechendem Marketingmix zu entwickeln. Wichtig ist zudem in diesem Zusammenhang die Durchführung einer Mitarbeiterzufriedenheitsanalyse um die Erfolge der Arbeitgebermarke messbar zu machen. Auch diese kann sehr pragmatisch über eine „geschlossene“ Nutzung des online-Arbeitgeberportals durchgeführt werden.

Wichtig ist an erster Stelle auch immer die Kenntnis der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber und der Bedürfnisse der bestehenden und potenziellen Arbeitnehmer.

 

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