Energetische Gebäudesanierung sowohl für Immobilienbesitzer als auch den Staat lukrativ

Ein Artikel in der Zeitung Die Welt hat die Diskussion um die energetische Gebäudesanierung neu entfacht, sie sei unwirtschaftlich und würde Milliarden kosten. Das ZNES hat nachgerechnet und dabei einen Rechenfehler aufgedeckt: Unterm Strich bleiben sowohl den Immobilienbesitzern als auch dem Staat ein deutliches Plus im mehrstelligen Milliardenbereich. Die energetische Sanierung ist somit ökologisch wie ökonomisch gleichermaßen sinnvoll.

Der Gebäudebereich verbraucht laut der Deutschen Energie-Agentur (dena) rund 38 Prozent des Endenergiebedarfs in Deutschland und verursacht ein Drittel der CO2-Emissionen, davon entfallen 41 Prozent auf Ein- und Zweifamilienhäuser, 24 Prozent auf Mehrfamilienhäuser und 35 Prozent auf Nichtwohngebäude. Von diesem Energieverbrauch werden 80 Prozent für Wärme und Warmwasser aufgewendet, entsprechend groß ist das Einsparpotenzial durch energetische Sanierung. So ließe sich der Primärenergiebedarf des Gebäudebestandes bis 2050 um rund 80 Prozent reduzieren.

Vor diesem Hintergrund ist die energetische Gebäudesanierung auch einer der wesentlichen Eckpfeiler der Energiewende sowie gleichzeitig der deutschen Klimapolitik. Laut dem Energiekonzept der Bundesregierung ist die Gebäudeeffizienz „die wichtigste Maßnahme, um den Verbrauch an fossilen Energieträgern nachhaltig zu mindern und die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren“. Und auch die EU-Energieeffizienzrichtlinie verpflichtet die 27 EU-Mitgliedsstaaten, bis 2020 jährlich 1,5 Prozent des Energieverbrauchs einzusparen. Deutschland plant dabei, allein über die Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz rund 30 Prozent dieser geforderten Einsparungen abzudecken.

Jeder Förder-Euro bringt vier bis fünf Euro Gewinn

Das Forschungszentrum Jülich hatte bereits im Dezember 2012 in einem Gutachten im Auftrag der Förderbank KfW errechnet, dass die Förderung der Energieeffizienz im Gebäudebereich neben dem ökologischen auch einen hohen ökonomischen Nutzen aufweist. Demnach entlasten die KfW-Förderprogramme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren die öffentlichen Kassen um bis zu 4,3 Milliarden Euro netto pro Jahr. Dies errechnet sich aus den Abgaben und Steuern der beauftragten Unternehmen, den gestiegenen Steuereinnahmen aufgrund des Beschäftigungseffekts und den zugleich geringeren Sozialausgaben wegen der geringeren Arbeitslosigkeit. Für jeden eingesetzten „Förder-Euro“ erhalten die öffentlichen Haushalte somit vier bis fünf Euro zurück. Hinzu kommen noch die Einsparungen bei den Verbrauchern aufgrund der niedrigeren Energierechnung, die im Konsum weitere volkswirtschaftliche Effekte freisetzen.

Bis 2050 Ersparnisse in Höhe von 124 Milliarden Euro

Eine aktuelle Studie des Schweizer Forschungsinstituts Prognos im Auftrag der KfW hat nun eine Kontroverse ausgelöst. Ziel der Studie war die Berechnung der volkswirtschaftlichen Wirkungen der KfW-Programme zum Energieeffizienten Bauen und Sanieren. Demnach beträgt der Barwert aller geförderten Investitionen in den Wohngebäudebestand bis 2050 rund 838 Milliarden Euro, davon 507 Milliarden Euro für die energetische Gebäudesanierung und 331 Milliarden Euro für den energieeffizienten Neubau. Das Plus aus erzielten Heizkostenersparnissen abzüglich energieeffizienzbedingten Mehrausgaben beträgt dabei 124 Milliarden Euro. So kann die energetische Sanierung zugleich auch einen wesentlichen Teil der allgemeinen Renovierungskosten abdecken, die ohnehin alterungsbedingt anfallen. Insgesamt werden 200.000-300.000 Arbeitsplätze geschaffen, das BIP steigt um 0,4 Prozent pro Jahr und die CO2-Emissionen sinken um 67 Millionen Tonnen pro Jahr. Dabei übersteigen die Steuermehreinnahmen den Fördermitteleinsatz um 29 Milliarden Euro.

Studie zur energetischen Gebäudesanierung falsch wiedergegeben

In dem Artikel „Die große Lüge von der Wärmedämmung“ der Zeitung Die Welt vom 29.03.2013 wurden nun einige Zahlen dieser Prognos-Studie fehlinterpretiert. Thomas Beyerle, Chefresearcher der Immobiliengesellschaft IVG, kommt dadurch zu dem Schluss, „dass die Energieeinsparauflagen bar jeglicher ökonomischer Vernunft sind“ und energetische Investitionen Wahnsinn und Geldverschwendung seien.

Prof. Dr. Olav Hohmeyer vom Zentrum für nachhaltige Energiesysteme (ZNES) der Universität Flensburg stellt richtig: „Tatsächlich beweist die Studie aber das genaue Gegenteil. Es lohnt sich weiterhin, Gebäude energetisch zu sanieren. Je früher man damit beginnt, desto größer sind die insgesamt eingesparten Energiekosten.“ Man muss allerdings die in der Studie errechneten Investitionskosten für Sanierungen und energieeffiziente Neubauten von insgesamt 838 Milliarden Euro klar in Ohnehin-Kosten und sogenannte energetisch bedingte Mehrkosten trennen.

Ohnehin-Kosten sind Kosten, die bei einer Sanierung zwangsläufig anfallen, beispielsweise für die Ausbesserung des Mauerwerks. Energetische Mehrkosten hingegen sind Kosten, die zusätzlich für Wärmedämmung oder die Erneuerung einer Heizungsanlage anfallen. Und lediglich diese energetischen Mehrkosten von 237 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 darf man die errechneten Energiekostenersparnisse von 361 Milliarden Euro gegenüberstellen, woraus sich ein Plus von 124 Milliarden Euro errechnet. Da dies in dem Welt-Artikel nicht umgesetzt wurde, sondern die Einsparungen mit den gesamten Investitionskosten verglichen wurden, kehrte sich die Interpretation der Studie in ihr Gegenteil um, dass die energetische Sanierung vollkommen unwirtschaftlich sei.

Beide Gutachten belegen somit also, dass die energetische Gebäudesanierungen und die dazu angebotenen Fördermöglichkeiten ökologisch wie ökonomisch sinnvoll sind und sich sowohl für den Immobilienbesitzer als auch für den Staat finanziell lohnen.

(mb)

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