EU-Kommission uneins über Klimaziele – Oettinger bremst erneut

Die EU-Kommissarin für Klimaschutz, Connie Hedegaard, will kommende Woche Pläne vorstellen, die ein Heraufsetzen der EU-Klimaschutzziele von 20% CO2-Einsparung bis 2020 auf 25-30% erhöhen – und dies auch ohne Zusagen der notorischen Klimabremser USA und China. Dies ist nicht nur klimapolitisch notwendig, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll: Kürzlich hatte das Bundesumweltministerium den Entwurf der Leitstudie 2010 „Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und Global“ veröffentlicht. Die Studie führt an, dass die deutsche Volkswirtschaft bis zur Jahrhundertmitte (2050) 670 Mrd. Euro gegenüber der Weiterführung einer fossilen Energieversorgung einspart, zudem werden wir unabhängiger in der Energieversorgung, die zugleich dezentraler wird, was das Energieoligopol zunehmend aufbricht (besserer Wettbewerb) und zahlreiche Arbeitsplätze werden geschaffen. Ende Februar war bereits die Studie „A New Growth Path for Europe“ ebenfalls im Auftrag des Bundesumweltministeriums erschienen. Auch an dieser Studie hatte die Elite der Wissenschaft mitgewirkt: das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), die Universität Oxford, die Sorbonne in Paris, die National Technical University of Athens und des European Climate Forum. Der Studie zufolge werden ehrgeizigere Klimaziele die Wirtschaft nicht bremsen, im Gegenteil: sie führen europaweit zu mehr Wachstum und Beschäftigung – lediglich die Pfründe technologisch überholter Industrie- und vor allem Energiezweige werden abschmelzen, was den enormen Widerstand gegen die gesamtwirtschaftlich positive Entwicklung erklärt (Lobbyismus). Demnach würde eine Erhöhung des europaweiten Emissionseinsparungsziels von 20 auf 30% innerhalb der nächsten zehn Jahren bis zu sechs Millionen Arbeitsplätze schaffen und einen durchschnittlichen jährlichen Wachstumsimpuls von 0,6% generieren kann. Dadurch würde das Bruttoinlandsprodukt in der EU innerhalb dieses Zeitraums um bis zu 620 Mrd. Euro ansteigen. Deutschland selbst könnte überproportional davon profitieren: In diesen zehn Jahren würden die Effekte ein Absinken der Arbeitslosenquote von 8,5 auf 5,6 Prozent bewirken, das Wachstum könnte von durchschnittlich 1,8 auf 2,4% stimuliert werden. Wichtiger noch: Die Umwelt würde lebenswerter, unsere Lebensweise nachhaltiger, der Mehrwert käme breiteren Bevölkerungsschichten zugute und die Kaufkraft und damit die Binnenkonjunktur würden somit ansteigen, wovon dann wiederum die Wirtschaft profitiert. Der Nachteil: Es müssen mächtige Widerstände einiger weniger Interessen überwunden werden – sehr zum Leidwesen konservativer Bewahrer etablierter Strukturen. Diesen springt einmal mehr EU-Energiekommissar Günther Oettinger zur Seite: Er widersprach den Wissenschaftlern, den Studien und seiner EU-Kommissionskollegin für Klimaschutz: „Die Europäische Union hat bereits mit 20% bis 2020 eine verbindliche Vorgabe gemacht. Ich glaube, die 20% sind der ideale, mittlere Weg. (…) Es gibt eine wachsende Anzahl von Branchen, die Produktionskapazitäten verlagern. (…) Dann verlieren wir nicht nur Arbeitsplätze mit allen Steuern und Sozialabgaben. Wir haben auch keine CO2-Reduktion. Denn in den Regionen, in die diese Unternehmen abwandern, gelten die Emissionsziele gar nicht.“ Statt einer Rolle Rückwärts und veraltete Technologien zu unterstützen, sollte vielmehr das Augenmerk auf die Zukunft, Innovationsbranchen und Wachstumssegmente gerichtet werden. Eine klarere Aussage und renommiertere Wissenschaftler als in den letzten Studien sind schwerlich auffindbar. Wer dies so klar ignoriert wie Oettinger, spielt definitiv mit seiner Glaubwürdigkeit.
 

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