Exkurs: Positionierung vs. Markenentwicklung

Die wöchentliche Business-Kolumne von Til Roquette, Roquette Consulting, mit dem Titel „Strategische Marktpositionierung„.

In der letzten Ausgabe habe ich die Wirkung einer funktionierenden Marktpositionierung auf Kundengewinnung, Absatz, Umsatz, Deckungsbeitrag, Mitarbeitermotivation und mehr erläutert. Mit dieser Ausgabe will ich die Antwort auf eine häufiger gestellte Frage einschieben: Warum verwende ich den Begriff „Marktpositionierung“ statt des Begriffs „Marke“? Und das aus zwei Gründen: Zum einen zur Abgrenzung dieser Begriffe. Zum anderen bietet die Frage eine Steilvorlage, einen wichtigen Punkt zu erläutern: es kommt bei der Positionierung weniger auf Fakten und mehr auf Wahrnehmung an.

Egal ob man das Kind Marktpositionierung oder Markenentwicklung nennt. Es passiert nicht am grünen Tisch. Es findet in einem etablierten Unternehmen statt, in einem etablierten Markt. Die Marktteilnehmer verfügen über Erfahrungen mit dem Unternehmen oder seinem Marktangebot. Und über Einschätzungen und Urteile darüber. Auch Fehleinschätzungen und Vorteile gehörten dazu.

„Marke“ wird mit Name, Logo, Claim, etc. assoziiert

Der Begriff „Marke“ ist ein gutes Beispiel, denn er wird von vielen Marktteilnehmern fälschlicher Weise mit sehr operativen Marketingaspekten assoziiert und gleichgesetzt: mit einem klingender (Unternehmens- oder Produkt-) Namen, einem einprägsamen Logo, einem prägnanter Slogan (Claim), ggf. noch mit einem eingängigen Jingle.

Dieses Missverständnis ist nicht aus der Welt zu schaffen.

Die häufige Assoziation von „Marke“ mit diesen operativen Marketingelementen ist falsch (s.u.), aber ein Fakt. Ob mir das gefällt oder nicht: Als Autor und Unternehmensberater muss ich mich darauf einstellen.

Es kommt nicht auf Wahrheit oder Fakten an, sondern auf die Wahrnehmung

Bei der Positionierung ist es unerheblich, was wahr und was Irrtum ist. Entscheidend ist, was sich in der Wahrnehmung meiner Zielgruppe abspielt. (Deshalb ist es auch so schwierig, eine einmal positionierte Marke zu re-positionieren.

Da es mir um die strategische Marktpositionierung (und nicht um operatives Marketing) geht, würde ich bei meinen Lesern und Zielkunden eine falsche Assoziation wecken, würde ich das Thema mit dem populären Begriff „Marke“ positionieren. Zwar würde mir der Begriff „Marke“ vielleicht mehr Aufmerksamkeit bescheren – nur leider von einer Zielgruppe, die ich gar nicht ansprechen will (z.B. operative Marketingleiter).

„Marke“ ist zwar viel mehr als Name, Logo, Claim, etc.

Auch wenn es eine in der Fachwelt allgemein anerkannte Definition von „Marke“ nicht gibt: Nach dem vorherrschenden Verständnis bei Fachleuten aus Praxis, Marketing-Beratern oder Agenturen ist die „Marke“ eines Unternehmens oder eines Produktes die Menge aller Eigenschaften, die die Marktteilnehmer mit Unternehmen oder Produkt assoziieren (oder mit seinem Namens, seinem Logo, seinem Slogan, usw.)

Marktpositionierung beschreibt daher eine Strategie, mit der erreicht werden soll, dass die relevanten Zielkunden das Unternehmen oder das Produkt mit bestimmten Eigenschaften assoziieren. Und zwar mit solchen Eigenschaften, die (1) für die Zielkunden höchst relevant sind und (2) die es vom Mittbewerb differenzieren. Die Entwicklung einer Marke ist zwar ein wesentlicher Bestandteil der Marktpositionierung. Neben der Entwicklung von Name, Logo, Slogan und ggf. Jingle beinhaltet diese eine Kommunikationsstrategie, wie diese Eigenschaften erfolgreich in der Wahrnehmung von Zielkunden und Multiplikatoren verankert werden sollen.

Aber Marktpositionierung ist noch mehr als „Marke“

Damit eine Marktpositionierung wirklich funktioniert, muss sie aber nicht nur im Bereich des Marketings umgesetzt werden, sondern in sämtlichen Bereichen, in denen Zielkunden und Multiplikatoren mit dem Unternehmen in Kontakt treten. Nur so können Sie tatsächlich beeinflussen, mit welchen Assoziationen Ihr Unternehmen oder Ihr Produkt verknüpft wird. Dafür entscheidend sind dabei neben dem operativen Marketing (Werbung, PR, etc.) v.a. der Vertrieb einschließlich Handel. Aber dazu gehören viele weitere Bereiche, vom Kundendienst bis hin zur Rezeptionistin. Außerdem gehört nach meiner Überzeugung auch die Produktentwicklung dazu – selbst wenn sie kaum mit Kunden in Kontakt tritt (siehe letzte Ausgabe).

Zusammenfassung

Aus diesen Gründen positioniere ich die Kolumne und mein Beratungsangebot unter dem Begriff „Marktpositionierung“: „Marktpositionierung“ wird mit den richtigen Begriffen assoziiert. „Marke“ wird – leider fälschlich – mit den falschen Begriffen assoziiert. Damit vermeide ich, dass Leser oder Zielkunden das Thema in eine falsche „mentale Schublade“ stecken und sorge dafür, dass sie es in genau diejenige Schublade stecken, in der ich es haben will: auf der „CEO-Agenda“.

Ausblick

In der nächsten Ausgabe befassen wir uns zunächst mit der Frage, welche konkreten Ziele wir mit der Marktpositionierung erreichen wollen und können. Damit bereiten wir die übernächste Ausgabe vor: Sind diese Ziele denn auch durch B2B-Unternehmen erreichbar oder ist Marktpositionierung und Markenbildung ein reines Thema von Konsumgüterunternehmen? So viel will ich schon mal verraten: das Thema ist für B2B-Unternehmen sehr wichtig!

Ihr  Til Roquette

Nachtrag zur Verwechslung von Marke mit Name, Logo, Slogan, etc.

Warum engen so viele Unternehmer und Manager den Begriff Marke auf einige wenige Elemente des operativen Marketings ein? Auch das hat mit Positionierung zu tun: Es waren die Marketing- und Werbeagenturen, die zuerst den Begriff „Marke“ für sich besetzt hatten. Zwar bieten einige wenige Agenturen durchaus auch Beratung zur der strategischen Marktpositionierung. Aber in den meisten Fällen dient diese Beratung lediglich als „Teaser“, um die kreative Umsetzung der Marktpositionierung in Markenname, Logoentwicklung, Slogan-Entwicklung, Jingle-Design, Kommunikationsstrategie und deren gestalterische Umsetzung zu verkaufen. Aus diesem Grund hat sich im Bewusstsein der Marktteilnehmer diese Assoziation herausgebildet. Es wäre völlig zwecklos, diese Assoziation ändern zu wollen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: gute Agenturen, die eine gut durchdachte Kommunikationsstrategie entwickeln und gestalterisch kreativ und professionell umsetzen, sind ein sehr wichtiger Baustein für Erfolge und Effizienz im Marketing. Aber das, was sie da kommunizieren sollen, muss eine funktionierende strategische Positionierung sein. Alles andere führt nicht zu nachhaltigem Erfolg.

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Zum Autor

Geschäftsführender Inhaber von Roquette Consulting mit Sitz in Gröbenzell bei München. Fachmann für Marktpositionierung. Darauf spezialisiert, durch Justierung oder Neuausrichtung der Marktpositionierung das Marktangebot seiner Mandanten für deren Zielgruppe anziehender zu machen. Berät mittelständische B2B-Unternehmen, hauptsächlich aus IT und Technologie.
War vordem Gründer und Unternehmer, hat seine Firma erfolgreich verkauft. Davor Berater in namhaften Unternehmens- und Management-Beratungsgesellschaften sowie Geschäftsleitungsmitglied eines mittelständischen Softwarekonzerns.

Diplomvolkswirt und Master of Business Administration (MBA). Jahrgang 1965, verheiratet, 2 Kinder.

Weitere Informationen finden Sie unter www.roquette-consulting.de.

Was erwartet Sie in den folgenden Ausgaben?

• Welche Ziele verfolgen Sie mit einer Marktpositionierung?

• Marktpositionierung für B2B-Unternehmen?

• Elemente der Strategischen Marktpositionierung (1): Was beinhaltet eine funktionierende Marktpositionierung?

• Elemente der Strategischen Marktpositionierung (2): „Differenzierung oder Sterben“: der USP als Herz der Marktpositionierung. Spezialisierung als Schlüssel für mittelständische Unternehmen

• Elemente der Strategischen Marktpositionierung (3): Klare Abgrenzung der Zielgruppe

• Wie UPS und Zielkundenabgrenzung zusammen hängen

• Differenzierungsstrategien: auf einzigartige Weise besser sein

• Welche Eigenschaften machen eine funktionierende Marktpositionierung aus?

• Wer trägt die Verantwortung für die strategische Marktpositionierung? Wann, in welchen Bereichen und wie oft muss die Marktpositionierung umgesetzt werden? Rolle von externen Beratern und Agenturen

• Wie entwickelt bzw. justiert man eine strategische Marktpositionierung?

• Welcher Aufwand und welche Veränderungen sind mit der Justierung der strategischen Marktpositionierung verbunden?

• Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Justierung einer strategischen Marktpositionierung?

• Hidden Champions als Vorbild

• Marktpositionierung als Geschäftsmodell erfolgreicher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

• Warum haben so viele Unternehmen keine funktionierende Marktpositionierung?

• Vermeintliche Management-Weisheiten und Trends als häufige Management-Irrtümer

• Literaturempfehlungen zu Marktpositionierung, Differenzierung, Markenbildung, und weiteren interessanten Themen

Aus aktuellem Anlass können andere Themen eingeschoben oder Inhalte variiert werden.

Themen der letzten Ausgaben

• Warum diese Kolumne?

• Fundament für erfolgreiche Vermarktung

• Das Schüssel-Schloss-Prinzip: Der Schlüssel zur richtigen Zielgruppe

• Typische Symptome einer nicht funktionierenden Marktpositionierung

• Wie wirkt eine funktionierende Marktpositionierung?

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?