Frohen Fokus! Versuch über das Neuanfängliche

Die Vorweihnachtszeit ist die Zeit, in der wir uns alle wieder auf das Wesentliche besinnen. Eigentlich, denn Besinnung fällt in Zeiten der digitalen Dauerberieselung immer schwieriger. Unser Kolumnist Ulrich B Wagner zeigt im heutigen Beitrag von „QUERGEDACHT & QUERGEWORTET — Das Wort zum Freitag“, dass es nie zu spät (oder zu früh!) für einen Neuanfang ist.

Was soll ich tun?
Wenn ich so seh, ich kann den Wind nicht ändern –
nur die Segeln drehen.
Tausend Fragen, schlagen Rad.

Ich will kein neues Leben, nur einen neuen Tag.
Was tut gut? Was tut weh?
Ein Gefühl braucht keine Armee.
Vor zurück, zur Seite, ran herzlich willkommen!

Clueso, Neuanfang (s. Video)

[Anmerkung der Redaktion: Das hier eingebettete Video wurde (vorübergehend) entfernt, ist jedoch weiterhin hier zu finden: CluesoYouTube-Channel.]

Leise rieselt die Weihnachtszeit durch unsere Glieder, ob wir nun wollen oder nicht. Sie trägt uns besinnlich, sinnenfroh, mit allen Sinnen oder auch nicht.

Wirklich nicht? Trägt es uns nicht durch den Tag oder treibt es uns bloß um, im großen Spiel der immer vielfältigeren Treibgüter?

Oder ist sie gar vielleicht uns selbst nur glatte Oberfläche, verkommen zur bloßen, entblößten, nackten Oberflächlichkeit im großen Spiel der Veralltäglichung des Außeralltäglichen? Gar schon immer ein Teil des Ganzen da und nur von uns ins Außen reingedacht?

Wer weiß, während ich diese Worte schreibe, sitzen sie mir bereits im Nacken. Nein, früher bereits, fast bevor ich sie dachte, denken konnte, waren sie da, unbewusst vielleicht, doch nicht ohne Zeichen, Zeichnung, Skizze eines triebhaften Tuns oder Lassens. Albert war es, wenn ich mich Recht entsinne, der – long time ago – uns den Satz entgegenschleuderte: „Wir leben in einer Zeit vollkommener Mittel und verworrener Ziele.“

Verfolgt 24 Stunden, sieben Tage, die 50. Woche schon, in diesem sich zu Ende neigenden Jahr, von 4D Projektionen selbst erschaffener Getriebenheit.

Herzlich willkommen Neuanfang

Perfektionismus? Angst vor Ausgrenzung bloß, des Zurückgebliebenseins im Dauerrauschen leerer Zeichen, eigener Hülsen der Unbenennbarkeit. Leben. Weihnachten. Geburt. Neues Leben. Neuanfang?

Ein Leben in Zeiten der Optimierung,
der zu optimierenden Lebenswelt,
der mit ihr Hand in Hand gehenden rationalisierten Emotionalität:
des geplanten Fühlens des Außeralltäglichen gar?

Wahr oder unwahr?
Richtig oder falsch?
Neu oder alt?
Entfremdete Stimmung bloß?

Gar Alberts Verworrenheit in neuem Mix?

Remix der neu Dauererreichbarkeit, der Hypersensibilisierung der Kommunikationssinne, der Neugier, der Lust und das bei gleichzeitiger Erschlaffung der von uns und für uns erschaffenen Kommunikation von Mensch zu Mensch, von Angesicht zu Angesicht: persönliche, gemeinschaftliche, gesellschaftliche Konstruktion kommunikativer Impotenz.

Aufklärung, Freiheit hieß es einmal, sei der Austritt des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Ein Anderer meißelte dann darauf etwas von Profanisierung, der Veralltäglichung des Außeralltäglichen, der Rationalisierung der Lebenswelt und jetzt allen Ernstes nur wieder das.

Gehen Sie zurück auf Los und ziehen sie keine 4.000 Euro ein?

Wo ist das Bauchgefühl geblieben, von den anderen an dieser Stelle ganz zu schweigen? Das Vertrauen in I am me. Be connected, Vernetzung die das Ich, das Persönlichste nicht aus den Augen verliert, denn wie es der große Meuterer der Bounty auf den Punkt gebracht hat: „Nur wer auch seinen eigenen Weg geht, kann von niemanden überholt werden.“

Wir überholen uns in dieser schönen neuen Welt bei Leibe schon selbst genug, als dass wir auch noch Andere dazu einladen sollten. Oder haben wir wirklich in allem Rausch des Neoliberalen gar auch noch das Private privatisiert?

Was ist privat? Fitzgeralds einsame Umrundung der Aschenbahn vielleicht? Die Umrundung nur mit uns, in uns, in der wir uns finden, wider-, wiederfinden Bahn um Bahn, um dann vielleicht von Zeit zu Zeit den einen, den einen großen öffentlichen Lauf vor vollen Rängen zu vollführen (Vgl. Fitzgerald, F. S.: „Hundert Fehlstarts“, in: „Drei Stunden zwischen zwei Flügen: Und andere Meistererzählugen“, Diogenes, 2006). Oder haben wir es uns schon zu kuschlig warm gemacht, in unserer digitalen Thomas Bernhard-Welt, der welterzählenden Hypererregtheit des im Dauerrauschen Eingeschlossenen, einsam und doch nicht allein?

(Es ist nicht zu spät) Neuanfang

Es ist nicht zu früh, es ist nicht zu spät.
Ein guter Plan ist mehr als eine Idee.
Werfe nicht alles in einen Topf .
Veränderung braucht einen klaren Kopf.

Will mich nicht schämen für ein bisschen [Weihnachts-] Glück

Ihr Ulrich B Wagner

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?