Frühkindliche Bildung vs. Betreuungsgeld: Deutsche Eltern im europäischen Vergleich stärker belastet

Das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) den Nutzen der frühkindlichen Bildung analysiert. Das Ergebnis: Je früher die frühkindliche Bildung beginnt, desto mehr Defizite sozioökonomisch benachteiligter Kinder können aufgefangen werden und desto Höher ist die Bildungsrendite für die Gesellschaft. Dennoch müssen in Deutschland Eltern deutlich mehr für Krippen- oder Kindergartenplätze zahlen, als in den europäischen Nachbarländern – und dies ist besonders für Einkommensschwache oder Elleinerziehende kaum möglich. Das seit dem 1. August 2013 gewährte Betreuungsgeld setzt hier nur falsche Anreize.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) hatte bereits kürzlich die Rendite der frühkindlichen Bildung errechnet: Demnach erhöht die frühkindliche Bildung im signifikanten Ausmaß das Bildungsniveau, was in der Folge das Risiko der Arbeitslosigkeit senkt und die Chance auf einen soliden Arbeitsplatz erhöht. Zugleich können durch einen Ausbau der Betreuungsangebote mehr Mütter in den Beruf zurückkehren. Im Ergebnis werden zusätzliche Steuereinnahmen generiert, die Sozialausgaben gehen zurück und auch die Kosten für die Nachqualifizierung benachteiligter Kinder sinken. In der Summe würden laut dem IW Köln die Mehrausgaben bis zum Jahr 2035 gedeckt sein. Langfristig kann sogar eine Bildungsrendite von mindestens 5 Prozent erzielt werden.

Das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat nun mit einer weiteren Untersuchung nachgelegt: Demnach ist die frühkindliche Förderung zentral, um bereits lange vor der Einschulung entscheidend dazu beizutragen, Defizite von Kindern zu erkennen und auszugleichen und somit die Chancengleichheit sozioökonomisch benachteiligter Haushalte etwas auszugleichen.

Mit dem Alter sinken die Erträge von Bildungsinvestitionen (schematisch)

– Je früher in die Bildung eines Kindes investiert wird, desto höher sind die Erträge
– Defizite, die in jungen Jahren entstehen, lassen sich später kaum noch ausgleichen
– Besonders bei Kindern aus sozial schwächeren Schichten ist die Ertragsrate frühkindlicher Bildung hoch

Herdprämie setzt falsche Anreize

Das von der Bundesregierung beschlossene und im Volksmund auch als „Herdprämie“ bezeichnete Betreuungsgeld steht weiter unter massiver Kritik aus den Reihen der Wissenschaft – von der Pädagogik bis hin zur Soziologie –, von den Spitzenverbänden der Wirtschaft und auch parteiübergreifend aus der Politik. Mit dem Betreuungsgeld sollen Eltern 100 Euro im Monat erhalten, wenn sie ihr Kind nicht in eine Kinderkrippe bzw. Kindertagesstätte (KiTa) geben. Der Hintergrund: Ab dem 1. August 2013 hat jedes Kind einen gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz – ein zentrales Element, um Mütter wieder zurück in die Berufswelt zu führen und damit, neben der Schaffung von Chancengerechtigkeit, zugleich auch dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Das Betreuungsgeld wird in diesem Zusammenhang vor allem deshalb kritisiert, da es weder der frühkindlichen Förderung und dem Ausgleich von kindlichen Defiziten dient, noch den Bedürfnissen junger Mütter gerecht wird, die wieder in die Arbeitswelt zurückkehren wollen. Auch die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund wird dadurch nicht erleichtert.

Alexander Schumann, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), hatte das Betreuungsgeld Ende 2012 pointiert wie folgt kritisiert: „Das Betreuungsgeld ist eine überflüssige Ausgabe und setzt falsche Anreize.“ Die Maßnahme werde „dazu führen, dass gerade Familien aus bildungsfernen Schichten die Möglichkeiten einer Kinderbetreuung und damit einen ersten Baustein frühkindlicher Bildung nicht in Anspruch nehmen. (…) Die frühkindliche Förderung ist aber entscheidend für den weiteren Bildungsweg und damit für gute Chancen am Arbeitsmarkt und im Leben.“ Vor diesem Hintergrund plädierte der DIHK-Chefvolkswirt dafür, „mit dem Geld besser den Ausbau der Kinderbetreuung zu fördern“.

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