Funktionskleidung für Gefrierhäuser: Gut isoliert statt eiskalt erwischt

Hohenstein Institute entwickeln textile Funktionskleidung, die Mitarbeiter im eiskalten Tiefkühlhaus erwärmt

Wer in seine heimische Gefriertruhe greift, ahnt, dass es in einem Tiefkühlhaus extrem kalt sein muss. Genauer gesagt: Arktisch kalt. Bis zu -39 °C kann die Umgebungstemperatur in einem Kühlhaus betragen, der Wert in einem Gefrierhaus kann sogar auf bis zu -49 °C sinken. Kein Wunder, dass gute Kälteschutzkleidung für die Mitarbeiter dort Pflicht ist.

Ziel der Textilhersteller ist dabei eine gute Isolation: Die Kälte darf nicht über die Textilien zum Körper vordringen. Zudem sollte die vom Körper produzierte Wärme nicht nach außen gelangen. Dazu gehört auch die Infrarot- beziehungsweise Wärmestrahlung des menschlichen Körpers. Im Durchschnitt gibt der Mensch zwischen 150 und 200 Joule Wärmestrahlung pro Sekunde ab. Bislang haben Hightech-Textilien allerdings vorrangig die Infrarotstrahlung des Körpers im kurz- und mittelwelligen Bereich geblockt. Das langwellige Spektrum der IR-Strahlung jedoch kann durch die Schutzkleidung hindurch auf den Körpern treffen und ihn somit auskühlen. Deshalb entwickeln die Hohenstein Institute in Bönnigheim in einem Forschungsprojekt (AiF-Nr. 17565 N) nun eine Ausrüstung für Schutztextilien, die das gesamte Spektrum der Infrarotstrahlung abdeckt, wodurch ein besserer Kälteschutz gewährleistet wird.

„Wir wollen eine Ausrüstung für Textilien entwickeln, die deren Strahlungseigenschaften so modifiziert, dass die auftreffende langwellige IR-Strahlung absorbiert beziehungsweise reflektiert wird“, erklärt Projektleiter Stefan Gierling. „Die Möglichkeiten einer solchen textilen Ausrüstung sollen in Hinblick auf den Arbeitsschutz grundsätzlich untersucht werden. Vor allem die reflektierenden Eigenschaften bei wärmeren Temperaturen und die absorbierenden Eigenschaften bei kälteren Temperaturen sind von Bedeutung.“

Hierfür sollen Textilien gezielt mit einer geeigneten Beschichtung ausgerüstet werden: Um einen optimalen Schutz vor Auskühlung zu erzielen, soll auf dem körpernah getragenen Futterstoff eine Absorptionsschicht und auf dem körperfernen Oberstoff eine Reflexionsschicht appliziert werden.

Wesentlich ist für die Forscher, dass die neue Textilausrüstung nicht nur einen breiten Anwendungsbereich abdeckt, sondern auch gute Komforteigenschaften beim Tragen aufweist sowie mit wenig Aufwand und vertretbaren Kosten in die industrielle Produktion übertragbar ist.

„Wir wollen die Ausrüstung in Bezug auf ihre thermophysiologischen Eigenschaften dahin gehend optimieren, dass ein optimaler Tragekomfort gewährleistet werden kann“, sagt Gierling. Um der Gefahr des Hitzestaus entgegen zu wirken, werden die funktionalisierten Textilien während des Projekts auf ihre Thermoregulation hin untersucht und optimiert.

Damit die Produktion entsprechender Kleidung in Serie sowie mit geringen Modifikationen an bestehenden Anlagen realisierbar ist, wollen die Wissenschaftler unter Berücksichtigung der kommerziell erhältlichen Produkte geeignete textile Substrate wie Polyester und Baumwolle auswählen. Diese werden mittels üblicher Beschichtungsverfahren mit gezielt ausgewählten anorganischen Funktionsmaterialien ausgerüstet. Bevorzugt sollen hier nanoskalige Metalloxide wie zum Beispiel Aluminium-, Eisen- oder Zinkoxid appliziert werden.

„Je kleiner die Partikelgröße der eingesetzten Materialien ist, desto größer ist der Anteil der langwelligen Infrarot-Absorption im Vergleich zum Bulkmaterial“, so Gierling „Eine Kombination verschiedener Materialien und Partikelgrößen soll zum gewünschten Erfolg führen.“ Die Ergebnisse des Projekts stehen interessierten Herstellern ab Herbst 2014 zur Verfügung.

Unsichtbar dank langwelliger Infrarotstrahlen

Die im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelten Textilien sind auch für den militärischen Einsatz interessant. Hier geht es darum, dass die Textilien durch die Abschirmung der langwelligen Infrarot-Strahlung in einem möglichst großen Temperaturbereich die Wärmesignatur eines Körpers verschleiern sollen, damit Personen nicht von Wärmebildkameras erfasst werden.

Die absorbierte Energie soll gegebenenfalls durch gezieltes Einbringen von speziellen Fasern in die Textilkonstruktion an andere Positionen transportiert werden, wo sie zum Teil wieder zum Maskieren der tatsächlichen Form des menschlichen Körpers genutzt werden kann.

Kontakt:
Stefan Gierling
Telefon: +49 7143 271-602
E-Mail: s.gierling@hohenstein.de

(Rose-Marie Riedl / Hohenstein Institute)

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