Generation C verlangt neue TV-Inhalte: Transmediale Formate bringen Umsatz von 600 Millionen Euro

Medienübergreifende Unterhaltungsformen sind gefragt / Digitaler Lifestyle stellt TV-Sender vor die Herausforderung, Nachrichten unterhaltsam zu gestalten / 20 transmediale Formate bis 2020 / Digital Natives generieren 70% mehr Umsatz als klassische TV-Zuschauer

Die neue, digital geprägte Generation ist auf dem Vormarsch. Sogenannte Digital Natives, die in eine Welt aus neuen Technologien wie Breitbandinternet, Smartphones und Instant Messaging hineingeboren wurden, geben den Ton an. So ersetzen sie einen wachsenden Anteil der realen Kontakte durch Kommunikation im Internet oder via App, nehmen ihren virtuellen Freundeskreis über das mobile Internet überall mit hin und stellen durch ihre sich stetig verändernden Ansprüche auch TV-Sender zunehmend vor neue Herausforderungen. Laut einer aktuellen Analyse der internationalen Strategieberatung Booz & Company ergeben sich hieraus gleichzeitig neue Chancen und Umsatzpotenziale für den TV-Markt. So kann mit „transmedialen“ Formaten bereits im Jahr 2020 in Deutschland ein Gesamtumsatz von 600 Millionen Euro erzielt werden.

Nebenherfernsehen schadet den TV-Sendern
Bis 2020 findet der Medienkonsum der Altersgruppe 8 bis 18 Jahre zu 50% auf diversen Plattformen parallel statt. Bei den 14- bis 49-jährigen werden rund 34% mehrere Medien gleichzeitig konsumieren. „Im Kampf gegen das stetig zunehmende „Nebenherfernsehen“ muss das Genre Fernsehen wieder massiv an Relevanz gewinnen“, so Sebastian Blum, Principal und Digitalisierungs- und Medien-Experte bei Booz & Company. Schenken die jungen Zuschauer den traditionellen Sendergruppen mit ihren klassischen Formaten nicht länger ihre gesamte Aufmerksamkeit, beeinflusst dieses gravierend die Wahrnehmung von Fernsehwerbung, die mit ohnehin weniger Zuschauern droht, als Werbemittel ineffektiver zu werden. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, sieht Booz & Company erste Versuche von TV-Sendern, das Interesse ihrer Zuschauer aktiv zurück zu erobern. Zum Beispiel wurde zum Launch der U.S.-amerikanischen Vampir-Serie „True Blood“ eine fiktionale mediale Parallelwelt mit einer Dating-Seite für Vampir-Begeisterte, Twitter-Konten für alle Charaktere und das Angebot von „V-Blood“-Blutorangensäften in Supermärkten aufgebaut.

Zukünftig sind transmediale Medienkonzepte gefragt
Als „transmediale“ Formate bezeichnet der Booz-Berater die neuen Unterhaltungs- oder Gameshowkonzepte, die sowohl im konventionellen TV als auch auf ergänzenden Plattformen wie Facebook über das Smartphone oder das Tablet stattfinden. Dabei können etwa parallel zu einer Soap Zuschauerkommentare oder Gaming-Anwendungen aufgebaut werden, die Elemente aus dem TV zeitnah aufnehmen und wiederum die Entwicklungen der Serie beeinflussen. Über soziale Netzwerke und Charakter-Tweets verbreiten sich weitere Informationen, die zum Engagement der Zuschauer beitragen. „Das klingt im ersten Augenblick verwirrend“, räumt Blum ein. „Diese Art des Unterhaltungsfernsehens aber entspricht genau den Bedürfnissen der Digital Natives. Das Storytelling muss sich von einem traditionellen linearen Ansatz zu einem nicht-linearen entwickeln, in dem viele Geschichten parallel ablaufen.“ Konzepte von übermorgen, an denen gerade gearbeitet wird, führen sogenannte „Massive Multiplayer Online Games“ mit der Welt des TV zusammen und erlauben den Zuschauern, sich in dem Kontext des Online-Spiels mit vielen anderen Tausenden aktiv in eine Story einzubringen. Laut der im Kontext der Medientage vorgestellten Studie sollen bis zu 20 solcher Formate bis 2020 entstehen. Bereits heute ist der deutsche TV-Sender RTL2 mit einem solchen Konzept rund um die Scripted-Reality-Serie „Berlin Tag & Nacht“ bei den jungen Mediennutzern sehr erfolgreich. Genau hier liegen die Chancen für die Fernsehsender: Während ein klassischer Fernsehzuschauer bisher jährlich ca. 10 Euro Umsatz aus Werbeeinnahmen für einen TV-Sender generiert, schafft der künftige Nutzer eines solchen transmedialen Konzeptes durch zusätzliche Umsätze aus Gaming-Angeboten und Merchandising einen Zusatzwert von 70% gegenüber den reinen TV- und Online-Werbeeinnahmen.

Nachrichten müssen neben journalistischen Inhalten auch Entertainment aufweisen
Im Vergleich zum Jahr 2000 schauen heute in Deutschland 12% weniger Zuschauer Nachrichtensendungen oder Reportagen. In der Altersgruppe der 16- bis 34-jährigen konsumieren in Deutschland circa 83% regelmäßig Nachrichten, nur eben nicht mehr im Fernsehen. Sie beziehen ihre Informationen aus der „Smart Cloud“, bestehend aus individuell zusammengestellten RSS-Feeds, sozialen Netzwerken, E-Mails oder Online-Newsportalen. In Folge dessen wird das Publikum, das weiterhin Nachrichtensendungen im Fernsehen konsumiert, zunehmend älter: In Deutschland liegt das Durchschnittsalter bei den Hauptsendungen bei etwa 60 Jahren. US-Produzenten antworten auf diese Entwicklung mit einem neuen Konzept: Sendungen wie „Daily Show“ und „The Young Turks“ kombinieren Authentizität, Entertainment, Anspruch und Perspektive und werden so zum Zuschauermagneten. „TV-Sender müssen ihre journalistischen Inhalte adaptieren. Sonst brechen ihnen vor allem die jungen Zuschauer weg“, meint Blum. Der Lifestyle der „Always On“- Generation ist wesentlich weniger strukturiert als der ihrer Vorgänger. Geprägt von einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne wechseln Digital Natives zum Beispiel 27 Mal pro Freizeitstunde zwischen Medienplattformen hin und her. Relevante Inhalte ziehen sie sich in einer Art „Informationsosmose“ aus den unterschiedlichsten Quellen zusammen. „Mit dem Internet hat nicht nur ein neues Kommunikationsmedium seinen Siegeszug angetreten. Es hat darüber hinaus auch die Arten, in denen sich Menschen selbst definieren und inszenieren, grundlegend revolutioniert“, fasst Blum die Entwicklungen zusammen.

Quelle: Booz & Co.

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