Heureka! … Oder: Geistes!Blitze entspringen …

Die wöchentliche Business-Kolumne von Ulrich B Wagner mit dem Titel „Me, myself and I – eine Reise in sich hinein und über sich hinaus„.

            Heute:  Heureka! Oder: Geistes!Blitze entspringen keinem Kommunikationsgewitter

„Wahre Kreativität entsteht immer aus dem Mangel.“
(Wolfgang Joop)

Thomas Bernhard tat es, als er einfach nur spazieren ging. Sir Isaac Newton tat es, als unter einem Apfelbaum sitzend, ein Apfel sein geniales Haupt traf, und er buchstäblich vom Apfelblitz getroffen, die Gravitationsgesetze entdeckte. Archimedes, der Begründer des Heureka (Ich habe es gefunden), tat es, als er still und leise in der Badewanne plätschernd, die Auftriebskraft, das nach ihm benannte Archimedische Prinzip, entdeckte.

Seit der Badewannenerleuchtung des Archimedes vor über 2000 Jahren steht der Begriff Heureka! für eine plötzliche Erkenntnis, einen Geistesblitz, der uns mir nichts, dir nichts trifft. Nicht nur die oben aufgeführten Paradebeispiele kreativer Intuition kennen diese einzigartigen Momente der Erkenntnis. Sie entspringen in der Regel Zeiten der Stille und nicht der hektischen Betriebsamkeit unseres alltäglichen Lebens.

Drei Kilometer nordwestlich des Dorfes Saint-Pierre-de Chartreuse im französischen Département Isère befindet sich La Grande Chartreuse, die 1084 von Bruno von Köln gegründete Große Kartause, das Mutterkloster des Kartäuserordens.

Die Grande Chartreuse liegt weit oben. Über ihr ist der Himmel, unter ihr ist der Lärm der Welt. Im Kloster selbst, diesem Zwischenreich von Himmel und Erde, ist es still. Die Karthäuser schweigen schon fast 1000 Jahre lang, und unser Kommunikationszeitalter bestärkt sie darin.

Wir selbst dagegen sind Gefangene eines wahnhaften Aktionismus, der uns permanent nach vorne peitscht, und uns doch nie bei uns ankommen lässt. Was hierbei auf der Strecke bleibt, ist nicht nur die Ruhe zum Denken, die Abgeschiedenheit, die der kreative Akt, die Geistesblitze und sonstige wertvolle Erkenntnisse so dringend benötigt, sondern die Wertschätzung unseres Lebens an sich.

Der deutsche Neuropsychologe Ernst Pöppel formulierte die Bedeutsamkeit der Stille für unser Leben sehr treffend in dem folgenden Satz: Stille ist essenziell, um sich konzentrieren zu können. Sie nimmt den Druck von uns, der durch den Lärm von außen entsteht.

Die Fähigkeit seelisch und geistig offline zu gehen, sich ganz und gar auf sich selbst zu besinnen, jenseits des alltäglichen und permanenten Kommunikationsterrors, würde uns nämlich nicht nur sehr viel kreativer werden lassen, sondern, als so genanntes kreatives Abfallprodukt, auch noch gesünder und entspannter leben lassen.

Mit unserer Hardware, unserem Körper gehen wir längst sorgsamer um, als mit dem Wichtigsten, was wir haben, und was uns ausmacht: Unsere Psyche.

Wir tragen unsere vom Wohlstand gesättigten Leiber in Fitnessstudios, unterziehen uns verschiedensten Diäten und Fastenkuren. Unserer Psyche hingegen gönnen wir nicht einen Moment der Ruhe und Sorgsamkeit. Unablässig, und ohne Gnade, beschallen wir unsere Psyche mit äußeren Einflüssen.

Dass die gezielte Reduktion von Reizen hilfreich ist, weiß heutzutage jeder Arbeitspsychologe. Hirnforscher haben darüber hinaus herausgefunden, dass unsere Psyche beim ziellosen Nichtstun keineswegs faul und untätig ist. Gerade das Gegenteil ist der Fall! Manche Hirnregionen sind bei Tagträumen, beim Meditieren oder auch beim Schlafen weitaus stärker aktiviert, als beim zielgerichteten Denken. Dies erklärt wohl ziemlich genau die oben aufgeführten Geistesblitze, die auch uns mitunter aus dem Nichts heraus durchzucken.

Denn wenn das Gehirn vom äußeren Kommunikationsterror befreit ist, kann es auf einen riesigen Schatz an gespeichertem inneren Wissen zurückgreifen. Alte Erinnerungen, unbewusst Aufgeschnapptes und vermeintlich längst Vergessenes. Befreit vom ständigen Input, kann das Gehirn gewissermaßen in sich selbst spazieren gehen, frische Verbindungen zwischen Nervenzellen knüpfen, und so neue Zusammenhänge zwischen gespeicherten Fakten herstellen. Auf diese Weise entstehen, traumwandlerisch, ganz von selbst neue Gedanken. Und wenn wir ein wenig Glück haben, auch der eine oder andere Geniestreich.

Oder, wie ein tibetischer Weise einmal so treffend formulierte, „Man muss auf der Stelle sitzen, um zu sehen, wie der Schatten um einen herumwandert„.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viele kreative Momente in Ihrem Leben.

Herzlichst

Ihr   Ulrich B Wagner

 

Zum Autor:

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie.

Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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