Hinweise zum Widerrufsrecht: So steuern Händler gegen eventuelle Verluste

Online-Shopping ist beliebter denn je, und das trotz des Umstands, dass man einmal einen Kauf tätigt, der nicht unbedingt sein muss beziehungsweise der einen nicht zu 100 Prozent zufrieden stellt. Das kommt besonders bei solchen Produkten vor, die man vor dem Kauf normalerweise an- oder ausprobiert. Mit den richtigen Vermarktungsmethoden lässt sich jedoch der Skepsis vor Fehlkäufen gut begegnen.

Wenn ein Produkt nicht hält, was es verspricht, wenn es nicht passt, Mängel aufweist oder sogar kaputt ist, ist ein Umtausch aufgrund des damit verbundenen Mehraufwands (Gang zum Laden oder zur Post) immer ein Ärgernis. Gefällt einem die Ware schlichtweg nicht, ist man zudem auf die Kulanz des Verkäufers im Laden angewiesen. Beim Online-Shopping hat man zwar ein Widerrufsrecht und kann innerhalb von mindestens 14 Tagen vom Kauf zurücktreten, dafür ist aber auch die Gefahr eines Fehlkaufs zunächst einmal oft größer, weil man hier das Produkt nicht wie im Laden in der Hand halten und Qualität oder Beschaffenheit direkt überprüfen kann. Stattdessen muss man sich als Kunde auf Produktbilder und (bisweilen gefälschte) Kundenbewertungen verlassen.

Nicht umsonst zeigen Studien, dass viele Kunden zwar online nach den Angeboten und Preisen für ein bestimmtes Produkt recherchieren, dieses dann aber lieber im örtlichen Geschäft erwerben (das nennt sich „ROPO-Effekt“). Dies gilt insbesondere für teure Anschaffungen wie Fernseher, Möbel und Laptops sowie für Großgeräte im B2B-Bereich. Einen heiklen Sonderfall stellen zudem solche Produkte dar, die man vor dem Kauf normalerweise an- oder ausprobiert (zum Beispiel Kleidung) oder die zum Zwecke einer Prüfung benutzt oder aufgebraucht werden müssen (etwa Kosmetikprodukte). Welche Möglichkeiten hat der Shop-Betreiber hier, dem Kunden mehr Sicherheit vor einem Fehlkauf zu geben?

Standard: Widerrufsrecht – Extra: Rückgaberecht

Im Sinne des Verbraucherschutzes gilt in Deutschland ein Widerrufsrecht von 14 Tagen bei Produkterwerb im Internet (oder am Telefon beziehungsweise per postalischer Bestellung). Käufer dürfen ihre bestellten Waren innerhalb dieses Zeitraums ohne Angabe von Gründen zurückschicken, der Händler muss sie anstandslos zurücknehmen, solange sie in einem neuwertigen Zustand sind und lediglich zum Zwecke der Prüfung benutzt worden sind. Shops sind dazu verpflichtet, ihre Käufer in verständlicher Schriftform auf das Widerrufsrecht hinzuweisen, beispielsweise in einer Sendungsbeilage. Hierfür sind Musterschreiben nach anwaltlichen Standards empfehlenswert. Unterbleibt eine solche „Widerrufsbelehrung“, verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein ganzes Jahr.

Um im intensiven Online-Konkurrenzkampf mithalten zu können, bieten viele Shops zusätzlich ein verlängertes Rückgaberecht, so zum Beispiel Zalando, Mirapodo oder der Matratzenvertrieb Bettenriese. Sie räumen dem Kunden ganze 100 Tage zum ausführlichen Testen des Produkts ein. Seit 2014 können Händler selbst entscheiden, ob der Kunde die Kosten für die Rücksendung im Rahmen des Widerrufs selbst zu tragen hat. Zugunsten der Kundenzufriedenheit ist es empfehlenswert, die Kosten selbst zu übernehmen. Natürlich müssen alle gemachten Versprechen auch eingehalten werden, Rücküberweisungen von Geldbeträgen dürfen sich nicht unnötig hinauszögern. Selbst wenn abgenutzte oder beschädigte Ware zum Händler zurückkommt, ist es für ihn mitunter sinnvoll, den Rücktritt vom Kauf trotzdem zu akzeptieren, weil der Kunde aufgrund des guten Service‘ möglicherweise langfristig gehalten werden kann.

Risikorechnung: Retouren-Anteil

Beim Onlinekauf mit der Möglichkeit des Rücktritts vom Kauf, die vom Prinzip her dem aus dem Vertriebshandel bekannten „Kauf auf Probe“ entspricht, hängt ein erfolgreicher Vertragsabschluss also vom Willen des Kunden ab. Das bedeutet, dass Betreiber von Online-Shops im Zweifel auf dem möglichen Wertverlust und den zusätzlichen Kosten bei der internen Bearbeitung solcher Retouren sitzen bleiben – Letztere sind zu einem wahren Kostentreiber im E-Commerce geworden. Von 8 Mio. verschickten Paketen am Tag ist jedes zehnte eine Rücksendung, Bekleidung macht den größten Anteil aus – ganze 50 Prozent aller Bestellungen von Zalando und Co. kommen wieder zurück. Dabei verursacht eine Retoure Händlern im Schnitt Kosten in Höhe von 10 bis 19 Euro. Sogenannte „Extrem-Retournierer“ sind der Schrecken vieler Online-Shops.

Es ist also eine Strategie empfehlenswert, wie sich diese Kosten minimieren lassen, etwa mittels einer effizienteren Logistik oder des Wiederverkaufs der Rücksendungsartikel als B-Ware über entsprechende Retouren-Management-Unternehmen. Anders verhält es sich bei solchen Produktgruppen, für die das Widerrufsrecht nicht gilt. Dazu zählen digitale Produkte (zum Beispiel eingeschweißte CDs, DVDs, Blu-rays), Maßanfertigungen (etwa individuell bedruckte T-Shirts, angepasste Einrichtungsgegenstände oder Foto-Geschenke) und leicht verderbliche Waren (wie Lebensmittel oder Kosmetikprodukte). Über die hier nicht gegebene Möglichkeit eines Widerrufs ist der Kunde wiederum deutlich zu informieren.

Kundensicherheit bei Verbrauchsgegenständen

Wie man den Kunden trotzdem Lust auf vom Widerrufsrecht ausgeschlossene Waren macht, zeigt der Parfümanbieter Flaconi. In dessen Online-Shop gilt natürlich ebenfalls das gesetzliche Widerrufsrecht, zusätzlich wird sogar mit einem Recht auf Rückgabe innerhalb von 120 Tagen geworben. Beides bezieht sich aber nur auf ungeöffnete Waren – und ein Parfüm kann der Kunde schwerlich durch die geschlossene Verpackung hindurch probieren. Dennoch ist das Unternehmen dafür mitverantwortlich, dass sein Dachkonzern ProSiebenSat.1 Media SE trotz stagnierender TV-Werbeeinnahmen seinen Umsatz steigern konnte. Wie also lässt sich Flaconis Erfolg erklären? Einerseits würden laut Management die meisten Kunden hauptsächlich ihre Lieblingsparfüms nachbestellen. Zum anderen hat man sich beim Parfümanbieter eine Taktik zur Umsatzsteigerung ausgedacht: Gratisproben bei der Bestellung animieren Kunden zu Folgekäufen im Shop – bei denen sie sogar schon vorher wissen, was sie bekommen werden.

Shops, für die solche Produktproben keine Option sind, können mittels Gutscheinen Folgebestellungen anregen. Oder sie halten die Kunden mit thematisch passenden Gratisbeigaben (zum Beispiel Kugelschreibern oder Gummibärchen) bei Laune. Sie sind günstig auch in großer Zahl zu beschaffen und erhöhen mitunter die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Transaktion, da der Kunde für seinen Kauf zusätzlich belohnt wurde. Eine finanziell riskantere Methode ist die altbekannte „Geld-zurück-Garantie“: Gerne führen Erzeuger etwa ein neues Waschmittel oder eine neue Marmeladensorte auf dem Markt ein und wollen die Kunden durch solch eine Garantie zum Probieren des neuen Produkts anregen. Wären viele von ihnen tatsächlich unzufrieden und würden den Kaufpreis zurückfordern, würde sich für den Hersteller vielleicht schnell ein Verlustgeschäft ergeben. Erfahrungen zeigen allerdings, dass sich nur zwei bis drei Prozent der Kunden die Mühe machen, ihr Geld für solch ein Produkt zurückzufordern.

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