Interesse zeigen oder: „Du bist mir wichtig!“

… aus der wöchentlichen AGITANO-Themenserie „Gesund und achtsam führen“ mit dem Experten für Stressbewältigung, Motivation und Gesundheit, Jürgen Seckler. Nachdem Sie im vergangenen Beitrag erfahren haben, warum sich für Führungskräfte jeder Einsatz und jede Idee zur Förderung eines guten Miteinanders im Unternehmen lohnt, geht es heute um aufrichtiges Interesse zeigen.

Die Bertelsmann Stiftung hat im Jahre 2010 eine Langzeitstudie in Zusammenarbeit mit dem schweizer Institut „sciencetransfer“ mit dem Titel „Vorgesetzte können Burnout am Arbeitsplatz reduzieren“ veröffentlicht. Darin heißt es in der Einleitung: „Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter bei der Arbeit sozial unterstützen, sinkt das Burnout-Risiko in den Unternehmen erheblich. Beenden oder unterbrechen die Vorgesetzten ihre Unterstützung jedoch, steigen die durch Burnout bedingten Ausfälle in der Belegschaft schnell wieder auf den vorherigen Stand.“*

Als Unterstützungsmaßnahmen werden neben Arbeitsmitteln, Tipps zur Arbeitsentlastung auch emotionale Faktoren wie Zuspruch, Motivation und Zuhören, kurz: Interesse zeigen, genannt. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass sozial unterstützendes Verhalten eine selbstverständliche Führungsaufgabe sein sollte, weil es die Belastungen der Mitarbeiter reduziert und damit Arbeitsausfällen vorbeugt.

Chefs, die kein Interesse zeigen – leider kein Einzelfall

Während eines Mitarbeiterworkshops zum Thema „Soziale Unterstützung als wichtiger Faktor zur Stressbewältigung“ erzählte ein Teilnehmer, dass er seinem Chef vor einiger Zeit ein E-Mail geschrieben habe mit dem Inhalt: „Guten Morgen Herr Sowieso, ich wollte Ihnen nur kurz mitteilen: Mich gibt es noch.“ Sein Vorgesetzter hatte sein Büro auf dem selben Flur wie er, doch er hatte ihn bereits seit zwei Wochen nicht mehr gesehen, geschweige denn gesprochen. Auf die Frage hin, was diese Situation mit ihm mache antwortete er: „Ich glaube, mein Chef hat kein Interesse an mir und meiner Arbeit. Ob ich da bin oder nicht scheint nicht wirklich wichtig zu sein. Meine Arbeit macht mir keinen Spaß mehr und ich sehe langsam immer weniger Sinn in dem, was ich tue.“ Dieser Bericht führte dazu, dass die meisten der Teilnehmer von ähnlichen Erfahrungen erzählten.

Im Grunde genommen brauchen wir keine aufwändigen Studien, um zu beweisen, dass Chefs, die an ihren Mitarbeitern kein Interesse zeigen, mit einem unzufriedenen und demotivierten Team zu kämpfen hat. So ein Verhalten hat mit Führung definitiv nichts zu tun.

Wirklich nichts Neues

Wie soll ich meine Mitarbeiter einschätzen, wenn ich kein Interesse zeige? Wie soll ich merken, dass ein Mitarbeiter gestresst ist und ihn unterstützen, wenn ich seinen Charakter und Wesenszüge nicht kenne? Wie kann ich Aufgaben sinnvoll verteilen, wenn ich keine Anhnung von den Begabungen meiner habe?

Auf diese Fragen sollte jede Führungskraft eine Antwort haben. Nun mögen Sie denken: „Das habe ich doch schon alles zigmal gehört und gelesen. Das ist noch nun wirklich nichts Neues.“

Wenn dem so ist, dann frage ich mich, warum Interesse zeigen bereits seit Jahren ein immer wichtiger werdendes Thema unter dem Aspekt „Gesunder Führung“ geworden ist, warum immer mehr Bücher geschrieben werden und immer mehr Workshops darüber angeboten werden.

Die Zahlen im Bereich der psychischen Erkrankungen steigen weiter und die Burnoutfälle nehmen zu. Wissen heißt nicht tun. Der erste Schritt heißt umdenken. Umdenken auch in den Etagen der Aufsichtsräte und Vorstände. Ich habe bereits im ersten Teil dieser Themenreihe auf den „homo oeconomicus“ hingewiesen (s.
Gesund & achtsam führen: Arbeitswelt im Wandel“).

Interesse zeigen heißt: „Du bist mir wichtig.“

Dabei ist aufrichtiges Interesse zeigen gegenüber den eigenen Mitarbeitern so einfach. Hier einige Tipps, die fast keine Zeit kosten, aber sehr wirkungsvoll sind:

Eine Führungskraft sollte jeden Morgen, wenn sie über den Flur geht, ihre Mitarbeiter begrüßen, am besten mit Namen. Ergibt sich die Gelegenheit, so ist ein kleiner Plausch von ein bis zwei Minuten, die Frage etwa nach dem Wohlbefinden, schon Gold wert. Bei einer Anzahl von 25 bis 40 Mitarbeitern empfehle ich die Geburtstage zu kennen oder das eine oder andere Jubiläum. Grundsätzlich empfehle ich, jeden Mitarbeiter, der krank war, unabhängig von der Dauer zu begrüßen und zu fragen, ob er wieder ganz fit ist ober ob eventuell noch Einschränkungen vorliegen. Somit muss ein „Krankenrückkehrgespräch“, wie es schön heißt, nicht zwangsläufig mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden sein. Dazu reichen in der Regel zwei bis drei Minuten.

Jeder Kontakt mit dem Mitarbeiter, jedes Gespräch soll zeigen: „Ich habe Interesse an Dir. Du bist mir wichtig.“

Über Jürgen Seckler:

Jürgen Seckler, Trainer, Referent, Gesundheit, Motivation
(Foto: © Jürgen Seckler)

Jürgen Seckler (geb. 1959) ist Referent und Trainer rund um die Themen, Stressbewältigung, Motivation und Gesundheit. Er leitet Gesundheitsprojekte bei vielen mittelständischen Unternehmen und großen Konzernen. Mit viel Witz und Kompetenz motiviert er seine Zuhörer den „inneren Schweinhund“ zu überwinden und Entscheidungen dauerhaft und erfolgreich umzusetzen. Er ist Gründer und geschäftsführender Mitgesellschafter der Salovita GmbH mit Sitz in Worms mit dem Motto „Wir verstehen Gesundheit – Wir verstehen Menschen – Wir verstehen Unternehmen“.

Mehr Informationen zu Jürgen Seckler im Internet unter www.salovita.de.

Lesen Sie hier den vorangegangenen Beitrag:

– „Gesund Führen: das Miteinander fördern

*http://www.bertelsmannstiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/nachrichten_101148.htm

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