Interview mit Prof. Dr. Loidl zum AUGSBURG Innovationspark (Präsident der Universität)

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Alois Loidl hat Technische Physik an der TU Wien studiert, ist seit 2003 Prorektor und Vizepräsident an der Universität Augsburg und seit 2010 der amtierende Präsident. Prof. Loidl ist auch Herausgeber eines großen internationalen Journals in Festkörperphysik und Materialwissenschaften (European Physical Journal B, Springer Verlag). Das Thema des Interviews ist das 500-Millionen-Euro-Projekt AUGSBURG Innovationspark und das „Carbon Valley im Lechtal“. (Zum Audio-Podcast: hier)

Schönen guten Tag Herr Prof. Loidl. Sie sind seit 2003 Prorektor und Vizepräsident an der Universität Augsburg und seit 2010 der amtierende Präsident. Unser Thema heute ist das Multimillionen Zukunftsprojekt „AUGSBURG Innovationspark“. Was erwarten Sie sich persönlich von diesem ambitionierten Projekt? Was für Chancen, Ziele und Hoffnungen verbinden Sie mit dem AUGSBURG Innovationspark und dessen Motto Technologien zur Ressourceneffizienz?

Ich persönlich denke, dass es sich hierbei wirklich um ein wesentliches Zukunftsthema handelt, das gleichzeitig auch ein riesiges Potential für die Universität besitzt, für die Stadt Augsburg, für die Region Schwaben und auch für Bayern. Es ist einfach der Einstieg in eine völlig neue Technologie. Und die weiteren Entwicklungspotentiale hängen jetzt von der Energiewende und auch der Elektromobilität ab. Denken Sie an die E-Mobilität, da möchte man mit seinem Auto möglichst weit fahren. Das hängt einerseits von leistungsstarken Batterien ab, aber genauso wichtig ist ein funktionsintegrierter Leichtbau. Und diese Hybrid- und Leichtbauproduktionstechnologien werden hier im Innovationspark zusammen mit den Kohlenstofffaserverbundwerkstoffen einen wesentlichen Schwerpunkt bilden. Von dieser Leichtbautechnologie der Zukunft verspreche ich mir daher für die Universität aber auch für die Region sehr viel.

Wer kam eigentlich auf die Idee für das Projekt? Wer sind die Initiatoren?

Ich bin mir da nicht 100-prozentig sicher. Tatsache ist jedoch, dass es vor ca. 5-10 Jahren Bestrebungen gegeben hat, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an der Universität anzubinden, die gerade in dem Bereich Leichtbau und Kohlefaserverbundtechnologien arbeiten. Das ist damals gemeinsam mit der Stadt entwickelt worden und der Freistaat Bayern hat das dann zusätzlich großzügig unterstützt. Ich denke, im Zusammenhang mit dieser Ansiedlung der Forschungseinrichtungen der Fraunhofergesellschaft und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ist dann der Gedanke entstanden, dass man dies als Startpunkt für einen größeren Innovationspark nehmen könnte.

Für einen Laien hören sich jetzt aber 5-10 Jahre Vorlaufzeit im Bereich einer Zukunftstechnologie doch recht lange an…

Zehn Jahre Vorlaufzeit ist wahrscheinlich auch etwas zu hoch gegriffen, aber mit fünf Jahren müssen Sie schon rechnen. Die Frage ist ja, wie bekommen Sie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an eine Hochschule. Die politische Unterstützung muss stimmen, die finanzielle Förderung gesichert sein und die Grundstücke müssen stimmen, damit dann wirklich Projektgruppen vor Ort erscheinen und dann auch bereit sind, so große neue Projekte anzusiedeln. So entwickelt die Fraunhofer-Gruppe ja hier in Augsburg ein Zentrum, aber auch parallel eins in Stade – denn der Zeitdruck ist wirklich groß: Eigentlich ist geplant, das bereits die nächste Generation von Airbus zu einem großen Teil auf dieser neuen Technologie basiert und da müssten diese Produktionstechnologien eigentlich schon in zwei bis drei Jahren entwickelt sein. Das ist also in der Tat sehr ehrgeizig.

Normalerweise hört man von Fördersummen im einstelligen, maximal im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Wie kommt es, das in Augsburg gleich bis zu 500 Millionen Euro, so Schätzungen des Oberbürgermeisters Dr. Kurt Gribl, in den Forschungs- und Technologiestandort investiert werden?

Man sollte immer die Kirche im Dorf lassen. Ich denke, diese 500 Millionen Euro, die immer wieder in Prospekten und Ankündigungen auftauchen, sind die visionäre Endsumme, die nach einem vollständigen Ausbau des Innovationsparks dann getätigt sein könnten. Aber fassen wir zunächst zusammen, was wirklich konkret gebaut wird: das Fraunhofer-Institut funktionsintegrierter Leichtbau, das Forschungsinstitut der DLR „Zentrum für Leichtbau-Produktionstechnologie“ und im nächsten Jahr dann das Technologiezentrum der Stadt Augsburg sowie ein Gebäude für die Universität Augsburg für den Themenkomplex Ressourcenstrategie. Diese vier Gebäude sind der jetzige Nukleus, die wirklich gebaut werden, und dann muss man mal schauen, wie sich das ganze weiterentwickelt und was dann noch alles hinzukommt.

An dem Forschungsparks beteiligen sich ja auch die unterschiedlichsten Unternehmen. Wie kann man sich deren Zusammenarbeit vorstellen? Sind das dann immer noch Konkurrenten oder dann doch eher Partner?

In der Universität machen wir eine anwendungsnahe Grundlagenforschung. FAG und DLR entwickeln in diesen neu gegründeten Instituten schon so etwas wie Prototypen oder anwendungsnahe Endprodukte. Und in dem Transferzentrum der Stadt sollten diese Produkte dann eigentlich direkt weitergereicht werden und dann in die industrielle Fertigung übergehen. Nun ist es aber Anfangs so, dass es in dem gesamten Bereich derartig viele unterschiedliche Fragestellungen gibt – von dem gesamten Wertstoffkreislauf, wie dieses Halbzeug zu produzieren ist, wie man daraus Produkte machen kann, wie dies nachhaltig geschehen kann und wie man letztendlich diese Produkte dann an ihrem Lebensende wieder aufarbeiten kann – da benötigt man viele unterschiedliche Firmen dafür, die eigentlich auf einander angewiesen sind und somit eigentlich eng zusammenarbeiten müssen. Die werden zwar auch weiterhin natürlich teilweise Konkurrenten bleiben, aber wir wissen ja auch, Konkurrenz belebt das Geschäft.

Werden die Erkenntnisse und Forschungsergebnisse des Innovationspark allen relevanten Unternehmen und mittelständischen Zulieferern der Region kostenlos zur Verfügung gestellt, oder nur denjenigen, die sich von Anfang an an dem Projekt beteiligen?

Da gibt es für den F&E-Bereich [Forschung und Entwicklung] eigentlich ganz klare Regeln. Alles, was wirklich rein universitäre Forschung wäre, würde von uns auch publiziert. Und abhängig davon, ob wir dann auch Patente anmelden würden oder nicht, stehen diese Ergebnisse und Erkenntnisse den Unternehmen dann wirklich völlig frei zur Verfügung. Wenn Sie hingegen gemeinsam mit der Industrie Entwicklungen machen, dann treffen Sie in der Regel die üblichen Geheimhaltungsbedingungen und haben auch bestimmte patentrechtlichen Einschränkungen. Und natürlich werden die Erstverwerter dann die Firmen sein, die mit Ihnen diese Projekte durchgeführt haben.
Die Projekte werden ja gerade in der Anfangsphase sehr oft vom Bund gefördert. Da ist ganz klar festgeschrieben, dass 50% der Fördersumme Richtung Unternehmen geht. Dafür muss das Unternehmen wiederum sicherstellen, dass es einen eigenen Teil einbringt. Und auch dieses Verhältnis von Eigenanteil und Förderung ist in diesen Ausschreibungen festgelegt und ganz klar geregelt.

Parallel mit dem Forschungspark werden auch zahlreiche neue Studiengänge an der Universität Augsburg eingeführt. Erfolgt nun eine stärkere Fokussierung auf Ingenieurswissenschaften? Hat die Universität das Potential, sich noch stärker zu einem überregionalen Magneten für Studierende in diesem Bereich zu entwickeln?

Die Universität Augsburg hat zur Zeit 16.000 Studierende und wir haben ganz klare geistes- und sozialwissenschaftliche Wurzeln. Aber in den letzten Jahren sind die MINT-Fächer [Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik] deutlich gestärkt worden. Wir führen jetzt zum Wintersemester einen neuen Studiengang Wirtschaftsingenieurswesen ein – und der ist extrem gut angenommen worden. Wir haben 120 Studienplätze und dafür 1.300 Anmeldungen. Es ist ja nun auch so, dass wir sehr gut aufgestellte materialwissenschaftliche Studiengänge und auch Studiengänge im Bereich BWL/Ressourcenmanagement anbieten. Und diese werden natürlich durch die Ansiedelung der Forschungsinstitute befruchtet werden. Denn mit den Forschungsprojekten kommen auch Institutsleiter, die dann automatisch an der Universität gleichzeitig auch Professoren sein werden, die hier Vorlesungen halten und in den Lehrbetrieb eingebunden werden. Und das wird den gesamten Bereich enorm befruchten. Für mich ist das nun unser Einstieg in ingenieursnahe Studiengänge. Und unser Ziel ist es ja, an dem wir weiter festhalten wollen, dass wir eine achte Fakultät gründen, die dann in diesen ingenieursnahen Studien- und Forschungsbereich eindringt, wobei unser Schwerpunkt aber immer bei Hybrid- und Kohlestofffaserverbundwerkstoffen sowie Leichtbau liegen wird. In diesem Bereich wollen wir uns weiter erweitern und hier sehe ich auch ein riesiges Zukunftspotential für die Universität in Forschung und Lehre.

Das bedeutet dann sowohl einen Anstieg der Studierendenzahl, als auch der lehrenden Professoren und dann auch der zufließenden Drittmittel?

Ich bin schon der Ansicht, dass in diesem Bereich in der nächsten Zeit große Fördersummen vergeben werden – und da muss man zugreifen. Wir sind da gut beraten, von diesem Kuchen ein Stück abzuschneiden. Wir haben ja dann hochkarätige Forscherinnen und Forscher vor Ort, und ich hoffe, dass unsere Drittmitteleinnahmen dann auch wirklich stark ansteigen werden.

An welchen Stellschrauben entscheidet sich Ihrer Meinung nach, ob sich das ambitionierte Projekt des Innovationsparks nun gut, sehr gut oder ausgezeichnet entwickeln wird?

Die Entwicklung des Innovationsparks wird extrem davon abhängen, wie kurzfristig sich Unternehmen hier ansiedeln und wie schnell sie in diesem Wertstoffkreislauf von Kohlestofffaserverbund- und Leichtbauproduktionstechnologie aber auch Mechatronik mitarbeiten werden. Für mich ist das der wesentliche Punkt, dass möglichst schnell relevante Technologiefirmen kommen. Wir haben sehr gut ausgebildete Studenten, haben sehr viel Know-how auf engem Raum und viele gut ausgebildete Ingenieure und Wissenschaftler – das sollte schon ein Anziehungspunkt sein, dass man hier Forschungslabors errichtet und auch wirklich mitarbeitet.

Mit der KUKA und der SGL Group sind ja schon zwei große spezialisierte Unternehmen und Marktführer an Bord, die das Projekt vorantreiben dürften, oder?

Richtig. Mit diesen Firmen kooperieren wir ja jetzt schon, aber wir hoffen und erwarten auch, dass diese Firmen dann auch bestimmte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten hier vor Ort im Innovationspark durchführen.

Abschließend noch eine allgemeine Frage: Was wünschen Sie sich von der Politik, um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland weiter zu stärken?

Nun ja, in erster Linie geht es immer darum, dass man Geld haben will. Ich habe aber auch gemeinsam mit der Präsidentin und dem Präsidenten der bayerisch-schwäbischen Hochschulen ein Konzept vorgelegt, wie man diese bayrisch-schwäbische Hochschullandschaft weiterentwickeln kann und was dabei die Wünsche der Hochschulen und Universitäten sind. Ein kleinerer Teil entfällt dabei auf die Gesundheitsforschung, aber ein großer Teil ist gerade der Bereich Materialien, Kohlenstofffaserverbundwerkstoffe sowie Ressourceneffizienz. Und in dem Bereich erhoffen wir uns weitere Unterstützung vom Freistaat Bayern, dass wir in diesem Bereich auch von der universitären Forschung und Lehre her weitere Schwerpunkte setzen können. Da haben wir unsere Forderungen gestellt, die zur Zeit in der Staatskanzlei begutachtet werden und ich hoffe, dass da Bayerisch-Schwaben einen guten Teil von abbekommen wird.

Herr Prof. Loidl, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Danke auch Ihnen Herr Brümmer.

(Das Interview führte Marc Brümmer von der AGITANO-Redaktion.)

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