Iran – „Back in the Game“

Auf den Tag genau drei Jahre ist es her. Da haben wir von einer Studie der Roland Berger Strategy Consultants berichtet, die davon ausging, dass die Konsumausgaben in Schwellenländern bis 2020 auf bis zu 22 Billionen Dollar steigen werden. Da war der Iran, gegen den bis vor Kurzem verschiedene Sanktionen aufrechterhalten wurden, noch gar nicht mit eingeschlossen. Die Aufhebung ebendieser birgt für deutsche Unternehmen große Chancen, aber auch einige Risiken, so der international tätige Kreditversicherer Euler Hermes in einer jüngst veröffentlichen Studie.* Der Versicherungsdienstleister nennt vier Gründe, warum deutsche Unternehmen vom Iran profitieren könnten.

Grund Nr. 1: Großer Nachholbedarf

Aufgrund der vielfältigen Sanktionen fehlen dem Iran von 2011 bis heute Importe in Höhe von 30 Milliarden Euro. Ausländische Waren wie zum Beispiel Haushaltswaren sind derzeit sehr schwer zu bekommen, ganz zu schweigen von Autos oder Maschinen. Dank der Ölvorkommen verfügt der Iran über die finanziellen Mittel, diesem Nachholbedarf gerecht zu werden.

Grund Nr. 2: Made in Germany gilt im Iran als Gütesiegel

In Grund Nr. 1 liegt die Basis für Grund Nr. 2: „In einem ersten Schritt führt dies zu einer steigenden Befriedigung der Grundbedürfnisse: Nahrung und Gesundheit“, sagt Ludovic Subran, Chefvolkwirt bei der Euler Hermes Gruppe. „Es käme zunächst zu einer wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln sowie nach Pharmaprodukten zur medizinischen Versorgung. In einem zweiten Schritt würde die iranische Bevölkerung neue Autos und die Spülmaschine oder andere Haushaltsgeräte ersetzen,“ die sich vor allem durch eine längere Lebensdauer auszeichnen. Und genau an dieser Stelle sollten deutsche Unternehmen ansetzen. Die deutsche Industrie genießt im Iran einen hervorragenden Ruf. Made in Germany steht dort für Qualität.

Grund Nr. 3: Die iranische Comunity

Es ist schon bemerkenswert. Was einst als Belastung für deutsche Volkswirtschaft wahrgenommen wurde – nämlich Menschen, die aus politischen Gründen aus dem Iran geflohen sind – könnte sich im Handel mit dem erdölreichen Schwellenland bald als Wettbewerbsvorteil herausstellen. Inzwischen lebt in Deutschland eine sehr große iranische Gemeinde, die mit ihrer Zweisprachigkeit deutschen Unternehmen den Weg in den Iran ebnen könnte.

Grund Nr. 4: Die Türkei als Vermittler

Die Türkei gilt aufgrund ihrer geografischen Lage quasi von Natur aus als Tor zum Orient. Ihre Bedeutung als Vermittler zwischen der deutschen und iranischen Wirtschaft könnte steigen. Zum einen, weil schon seit Jahren deutsche Unternehmen in der Türkei eine oder mehrere Niederlassungen unterhalten. Zum anderen, weil in Deutschland – neben der bereits erwähnten iranischen – auch eine sehr große türkische Gemeinde lebt.

Konkurrenz kommt aus China

Dieses Potenzial ist groß, auch wenn Deutschland nur einen Teil dessen nutzen kann. Im besten Fall könnten sich die deutschen Exporte in den nächsten Jahren verdoppeln. Neue Konkurrenz, vor allem für den Maschinenbau kommt allerdings aus China. Das Land der Mitte betreibt bereits seit vielen Jahren sehr proaktiv Handel mit dem Iran. Anders als der Westen waren sie nicht an die Sanktionen gebunden.

„Ölexporte aus dem Iran nach China werden beispielsweise in Renminbi beglichen“, sagt Subran. „Dadurch haben viele iranische Unternehmen und Finanziers hohe Reserven in dieser Währung und sind quasi dadurch gezwungen chinesische Produkte zu kaufen. Das ist quasi der Teufelskreis aus Exporten in Renminbi. Mit Aufhebung der Sanktionen könnte sich das jedoch ändern und die Deutschen könnten – zusammen mit anderen Nationen – den Chinesen einige Marktanteile streitig machen.“

Weitere Risiken: Finanzdienstleistungssektor, Währungs-, Kredit- und politische Risiken

Wo viel Licht, da ist bekanntlich mindestens genauso viel Schatten. Das gilt vor allem in einem politisch instablilem Umfeld. „Sanktionen werden in der Regel schrittweise gelockert“, sagt Subran. „Erfahrungsgemäß gehört der Finanzdienstleistungssektor hier meist zu den letzten. Geldverkehr mit dem Iran wird von den USA bisher drastisch geahndet. Deshalb warten alle auf die Amerikaner, hier den ersten Schritt zu tun.“

Derzeit fehlen im Iran vor allem Finanzdienstleistungen wie Banken und Versicherungen. Und das ist ein Problem. Wie sollen zum Beispiel Löhne ausbezahlt werden oder Fabrikanlagen gesichert werden? Investitionen stellen so zur Zeit ein hohes Risiko dar. Damit eng verbunden: das Währungsrisiko. Im Iran herrscht aktuell ein regelrechtes Währungschaos. „Unternehmen benötigen hier die Sicherheit, in welcher Währung sie beispielsweise ihre Geschäfte abschließen“, so Subran. Eine weitere Hürde ist die Bürokratie, die es insgesamt sehr schwer macht, Geschäfte abzuwickeln.

Zudem sehen die Euler Hermes Experten derzeit ein hohes Kreditrisiko. „Unternehmensdaten wie Bilanzen sind nur in geringem Umfang öffentlich zugänglich – Lieferanten kaufen also quasi die Katze im Sack und haben keine Möglichkeit, die Bonität ihrer Abnehmer zu bewerten. Ohne entsprechende Informationen oder Absicherungsmöglichkeiten ist das Risiko hier deshalb enorm. Auch die juristischen Grundlagen sind derzeit relativ unsicher, Unternehmen müssen sich also vorsichtig herantasten an Gerichte oder auch die Handhabung von Insolvenzverfahren.“

Außerdem bleibt ein politisches Restrisiko, sowohl auf nationaler Ebene als auch insgesamt in der Region, nicht zuletzt aufgrund der Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien. Zum politischen Restrisiko zählt auch, inwieweit der iranische Staat selbst auf den Handel Einfluss nehmen wird nach Aufhebung der Sanktionen. Derzeit ist beispielsweise unklar, wie und ob die Regierung eine Regulierung vornehmen wird, beispielsweise durch Importrestriktionen.

Über Euler Hermes:

Euler Hermes ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Allianz und ist an der Euronext Paris notiert. Mehr über das Unternehmen erfahren am Thema Interessierte unter anderem auf www.eulerhermes.de.

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