IWF warnt vor deutschem Wirtschaftsboom als kurzlebiges Phänomen

Deutschland hat sich beeindruckend schnell von der großen Wirtschafts- und Finanzkrise erholt und 2010, sowie auch dieses Jahr, ein beachtliches Wachstum an den Tag gelegt. Der Internationale Währungsfonds IWF warnt allerdings vor einem langfristigen Abgleiten in die Wirtschaftsflaute (Wachstum von 1,25 bis 1,5% bis Mitte des Jahrzehnts), wenn nicht wichtige Reformen angegangen werden würden. Dann wäre der deutsche Wirtschaftsboom allenfalls ein kurzlebiges Phänomen gewesen. Nötig wären Reformen auf dem Arbeitsmarkt, um den Arbeitskräftebedarf decken zu können (mehr Netto vom Brutto, also nicht hauptsächlich nur auf den Faktor Arbeit abstützende soziale Sicherungssysteme, sondern alle Einkommensarten und damit eben auch leistungslose Einkommen aus Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen hinzuziehen, wie beispielsweise in der Schweiz), ein besseres Investitionsklima und Reformen des Bildungssystems. Weiterer immer wieder kehrender Kritikpunkt, der von außen an Deutschland herangetragen wird: die starke Exportlastigkeit. Dadurch ist Deutschland nicht nur besonders empfindlich von weltkonjunkturellen Schwankungen abhängig, die Kritik zielt auch in eine andere Richtung: Der Welthandel ist ein Nullsummenspiel. Bei so starken Exportländern wie Deutschland und China muss es immer auch einoder mehrere Nettoschuldenländer geben, die unseren Überschuss durch ein Defizit ausgleichen. Die Taktik Deutschlands innerhalb des letzten Jahrzehnts, mit Japan (-1,8%) das einzige Industrieland zu sein, bei dem die Reallöhne gesunken sind (-4,5%), würde dieses Ungleichgewicht nicht nur vergrößern, sondern auch den Ausweg für Deutschland aus dieser Situation versperren: Durch steigende Reallöhne die Binnennachfrage stärken. Dies ist allerdings nicht so einfach. Obwohl dieses Jahr die Löhne in Deutschland kräftig steigen werden, bleibt als Reallohnsteigerung laut den jüngsten EU-Schätzungen für Deutschland gerade einmal der mickrige Wert von +0,1% übrig. Grund: Die hohe Inflation aufgrund der starken Rohstoffspekulation in der Casino-Finanzwirtschaft frisst große Teile der Unternehmensgewinne und den Lohnzuwachs nahezu vollständig auf. Dadurch wird der erarbeitete Mehrwert einfach in die Taschen der Finanzjongleure umverteilt. Maßnahmen gegen die Spekulation (Spekulation ist keine Investition im klassischen Sinn) werden von der Politik aber wenn dann nur sehr zögerlich angeschnitten. Dabei hat sich beispielsweise die Investitionssumme der institutionellen Kapitalanleger in die Rohstoffmärkte allein zwischen 2003 und 2008 von 13 auf 170 bis 205 Milliarden Euro vervielfacht. Dadurch wird natürlich auch der normale Preisbildungsmechanismus immens verzerrt, was zu höheren Preisen und damit zu einer stärkeren Inflation führt. Seit 2008 dürfte der Wert aufgrund der volatilen Aktienmärkte im Zuge der Finanzkrise noch weiter zugenommen haben (Flucht der Gelder aus den unsicheren Aktienmärkten in die Rohstoffspekulation).
 

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