Jagen oder hegen & pflegen?

Um eine prosperierende Zukunft aller Marktteilnehmer zu ermöglichen, sind Konzepte vonnöten, die auf ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zielen. Theoretisch ist das alles bekannt – doch leider fehlen den meisten Managern die dafür notwendigen Bordmittel. So ist zu beobachten, dass viele schon wieder auf ihre alten ‚Werkzeuge‘ zurückgreifen – weil sie eben mit keinen anderen umzugehen verstehen: Kundenjagen statt Hegen & Pflegen, Preisaktionismus statt Emotionsverkauf, Hardselling statt Zukunftssicherung.

 

Es braucht nun wirklich andere Führungskräfte mit neuen Zielen für sich selbst und ihr Unternehmen. Es braucht eine neue Vertriebskultur und vor allem ein neues Umgehen mit dem wertvollsten, was ein Unternehmen besitzt: treue Immer-wieder-Kunden und aktive positive Empfehler. Denn nicht Konsumverzicht, sondern Illoyalität ist die schärfste ‚Waffe‘ des Kunden. Der (Wieder-)Aufbau von Kundenloyalität ist somit die größte unternehmerische Herausforderung der nahen Zukunft.

 

Die klassische Neukunden-Gewinnung ist in vielen Branchen völlig ausgereizt. Die Märkte sind gesättigt. Erstnutzer werden immer seltener. Dem Verkauf gehen langsam die Interessenten-Adressen aus. Das Abjagen von Kunden funktioniert, wenn man dem Rabattgeschrei der Unternehmen lauscht, anscheinend (fast) nur noch über den Preis. Dies führt zu einer Margen-Situation, die kurzfristiges Neugeschäft kaum noch rentabel macht.

 

Bestandskunden hingegen bieten ein oft immer noch unterschätztes, ergiebiges und insgesamt kostengünstig zu bearbeitetes Feld. Gerade dort, wo die Anlaufkosten der Neukunden-Gewinnung hoch sind, erzielt der Ausbau eines profitablen Stammkunden-Geschäfts – gekoppelt mit einem systematischen Empfehlungsmarketing – die höchste Wertschöpfung. Der unrentierlichste Auftrag ist ja bekanntlich der erste. Denn auf ihm liegen all die Aufwendungen, die das mehr oder wenige lange Werben ausgelöst hat. So muss es doch das größte Bemühen eines Unternehmens sein, alles zu tun, um die angefallenen Akquise-Kosten auf eine möglichst lange Kundenbeziehungszeit zu verteilen.
Doch leider: Die Vertriebsaktivitäten unterstützen dies nicht. Die Strategie heißt gerade mal wieder: Maximalerfolge im Kurzzeit-Rhythmus müssen her. Und jeder will dabei den längsten Balken im Präsentationsdiagramm. ‚Schneller, höher, weiter‘ heißt dieser Virus, der, so scheint’s, besonders gern in Männerhirnen nistet. Das sklavische Streben nach immer mehr Umsatz, immer mehr Rendite und immer höheren Marktanteilen führt zu einem zerstörerischen Wettrüsten, dass an der knallhart umkämpften Verkaufsfront ausgetragen wird.

 

So werden profitable Stammkunden vernachlässigt, um unprofitable Neukunden zu jagen. Wer allerdings immer nur auf das Neugeschäft schielt und seine Verkäufer für Eroberungen bezahlt, liegt falsch. Denn Attacken auf den Kundenpool der Mitbewerber gelingen nur mit attraktiven Ködern: Preiszugeständnisse und Sonderleistungen. Diese bekommen aber nur die neuen Kunden. Bestandskunden bekommen sie nicht. Nicht mal auf Nachfrage. Und was lernen wir dabei? Ist man erst mal Kunde, dann ist man ‚2.Klasse‘.

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Die Autorin

 

Anne M. Schüller ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsunternehmen gearbeitet. Die Diplom-Betriebswirtin und achtfache Buch- und Bestsellerautorin gehört zu den besten Wirtschafts-Speakern im deutschsprachigen Raum. Sie arbeitet auch als Business-Trainerin und lehrt an mehreren Hochschulen. Ihr Buch ‚Kundenähe in der Chefetage‘ wurde mit dem Schweizer Wirtschaftsbuchpreis 2008 ausgezeichnet. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Kontakt: www.anneschueller.de
 

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