Kartellverfahren: Marktuntersuchung des niedersächsischen Trinkwassermarktes

Niedersachsens Wirtschaftsminister hebt die Bedeutung der kartellrechtlichen Untersuchung des Wassermarktes hervor: „Gerade beim Trinkwasser haben die Verbraucher keine Wahlmöglichkeiten, wie beispielsweise beim Strom oder Gas. Deshalb ist es uns ein besonderes Anliegen, darauf zu achten, dass hier angemessene Preise gestaltet werden."

Die Niedersächsische Landeskartellbehörde hat mit Beschluss vom 14.09.2010 eine Wirtschaftszweiguntersuchung des niedersächsischen Trinkwassermarktes zum Stichtag 31.12.2009 eingeleitet. Die Preise erhebenden Wasserversorgungsunternehmen (WVU) wurden mittels Auskunftsverfügung verpflichtet, den Fragebogen Trinkwasser 2009 auszufüllen.

Die Datenerhebung bei den Gebühren erhebenden WVU erfolgte zeitlich parallel auf freiwilliger Basis. Aufgrund der geringen Rücklaufquote von ca. 60% und teilweise lückenhafter Angaben dieser WVU, hat die Landeskartellbehörde zunächst auf die Veröffentlichung der Daten der Gebühren erhebenden WVU verzichtet. Aufgrund der Ausführungen des Bundesgerichtshofes zu den kartellrechtlichen Auskunftspflichten Gebühren erhebender WVU hat die Landeskartellbehörde am 13.02.2012 eine erneute, nun verpflichtende Datenerhebung bei den in Niedersachsen Gebühren erhebenden WVU ebenfalls zum Stichtag 31.12.2009 durchgeführt, um die zeitliche Parallelität mit den bereits erfassten Preisen zu gewährleisten. Dieser Ergebnisbericht enthält somit erstmals eine Übersicht über alle von den niedersächsischen WVU zum Stichtag erhobenen Preise und Gebühren und ersetzt damit den bisherigen, am 25.01.2011 veröffentlichten Bericht der Landeskartellbehörde zum Trinkwassermarkt in Niedersachsen.

Zentrale Aussagen des Abschlussberichtes der Wirtschaftszweiguntersuchung:
Auf dem niedersächsischen Trinkwassermarkt sind insgesamt 256 WVU aktiv, die in ihrem Versorgungsgebiet jeweils ein ausnahmsweise kartellrechtlich zulässiges Monopol inne haben. Hierbei erheben 153 WVU in 186 Tarifgebieten privatrechtliche Entgelte (Preise) und 73 WVU in 75 Tarifgebieten erheben öffentlich-rechtliche Entgelte (Gebühren). Die Preis erhebenden WVU bilden somit einen Anteil von 86% der Absatzmenge von Trinkwasser (in m³) an Haushalts- und Kleingewerbekunden.
Die WVU weisen überwiegend eine geringe oder mittlere Unternehmensgröße mit einer Absatzmenge von bis zu 2 Mio. m³ Trinkwasser pro Tarifgebiet auf.

Ebenso weisen die WVU überwiegend eine geringe oder mittlere Versorgungsdichte auf. Die Kennzahl Versorgungsdichte setzt hierbei die Absatzmenge Trinkwasser ins Verhältnis zur Gesamtlänge des Kanalnetzes im Versorgungsgebiet. Eine hohe Versorgungsdichte liegt vor allem in städtischen Ballungszentren vor, eine geringe Versorgungsdichte dagegen z.B. im dünn besiedelten ländlichen Raum.
Die Trinkwasserentgelte zum Stichtag 31.12.2009 weisen in Niedersachsen sowohl bei den Preisen als auch bei den Gebühren eine große Streuung auf. Der Durchschnittswert der Wasserpreise von 1,52 EUR/m³ und auch der Durchschnittswert der Wassergebühren von 1,36 EUR/m³ (jeweils für den „repräsentativen" Typfall 150m³ Wasserabnahmemenge) sind im bundesweiten Vergleich niedrig. Bei beiden Entgeltarten gibt es aber deutliche „Ausreißer" sehr hoher Trinkwasserentgelte.

Zum aktuellen Stand:

Basierend auf den obigen Ergebnissen der Marktuntersuchung hat die Landeskartellbehörde im Mai 2011 Kartellverwaltungsverfahren gegen neun WVU in zwölf Tarifgebieten wegen des Verdachts missbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise eingeleitet. Diese WVU weisen jeweils einen Trinkwasserpreis auf, der den von vergleichbaren WVU teilweise um das dreifache übersteigt. Die folgenden WVU haben sich bereits zu einer Senkung ihrer Trinkwasserpreise um ca. 10% verpflichtet:

– EVI Hildesheim GmbH & Co. KG
– Versorgungsbetriebe Hann. Münden GmbH
– Wasserwerk der Samtgemeinde Freden (Leine) GmbH
 -WEVG Salzgitter GmbH & Co. KG

Zwei Verfahren hat die Landeskartellbehörde aufgrund einer fehlenden Kostendeckung der WVU in diesen Tarifgebieten eingestellt und die Kommunalaufsicht im MI hierüber informiert. Momentan führt die Landeskartellbehörde mit den folgenden, ebenfalls betroffenen WVU Gespräche, um auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung bei Zusage einer Preissenkung zu erörtern:

– E.ON Avacon Vertrieb GmbH, Tarifgebiete 1. Helmstedt, 2. Algermissen, 3. Bockenem
– WAGV Vienenburg mbH
– Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG (BS Energy)
– Wasserzweckverband Peine, Tarifgebiet Dransfeld

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