Keine Energiewende ohne Bioenergie

… aus der wöchentlichen Kolumne von Dr. Franz Alt.

In der letzten Woche ist die kritische Biomasse-Studie der „Nationalen Akademie der Wissenschaften“ (Leopoldina) erschienen. Große Zeitungen wie „Die Zeit“ oder die „Süddeutsche Zeitung“ haben den Bericht nahezu kritiklos übernommen und Biomasse als künftige Energiequelle in Frage gestellt. Dabei zeigt sich selbst für Laien, dass der Bericht und die Berichterstattung darüber an einigen Stellen schlicht unwissenschaftlich, im Ergebnis irreführend  oder zumindest einseitig ist.

 

Dafür drei Beispiele:

  1. Die Autoren machen auf die Grenzen der Bioenergie aufmerksam und schreiben sogar, dass Biomasse als Energiequelle „keine wirkliche Option für Länder wie Deutschland“ sei. Kurz vor Veröffentlichung dieser Studie hat jedoch die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner darauf hingewiesen, dass wir in Deutschland nahezu die Hälfte aller Lebensmittel wegwerfen. Aber für den Lebensmittelanbau wird das Gros der landwirtschaftlichen Fläche genutzt.  Auf nur 10% der Fläche wird Bioenergie angebaut. Zu Recht weist die Studie darauf hin: „Die Einsparung von Energie und die Verbesserung der Energieeffizienz sollten Vorrang haben“. Aber die Autoren verschweigen, dass dieses Gebot genau so bei Lebensmitteln gelten sollte. Ein achtsamerer Umgang mit Lebensmitteln lässt uns viel Platz für Bioenergie. Doch dazu kein Wort in der Studie. Der Hinweis, dass auch Energie ein Lebensmittel ist, fehlt natürlich komplett.

  2. Im Kapitel „Biomasse und menschliche Ernährung“ stellen die Autoren fest, dass die Deutschen etwa ein Drittel ihrer Nahrungsmittel in Form von tierischen Produkten zu sich nehmen. Aber es fehlt der Hinweis, dass hoher Fleischkonsum viel Ackerfläche braucht. Wenn die Deutschen nur halb so viel Fleisch essen würden, wären sie nicht nur gesünder, sondern hätten auch Millionen Hektar Flächen für Bioenergie übrig.

  3. Die Autoren verschweigen auch, dass Biomasse das Multitalent der künftigen Energieversorgung ist. Sie ist speicherbar, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht und sie ist vielseitig einsetzbar: als Strom, als Wärme und als Fahrzeugsprit. Ohne einen wesentlichen Anteil an Bioenergie wird und kann es keine Energiewende geben.

 

Bioenergie ist wie die Wasserkraft in Deutschland sicherlich begrenzt und im Gegensatz zu Sonne, Wind und Erdwärme nicht unendlich verfügbar. Da haben die Autoren grundsätzlich recht. Auf diese Grenzen hinzuweisen ist richtig und wichtig, aber zu behaupten, dass diese Grenzen 2012 schon erreicht seien, ist falsch und wissenschaftlich nicht haltbar.

 

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Leopoldina legt kritische Stellungnahme zur Nutzung von Bioenergie vor

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Quelle: © Franz Alt 2012


Hinweis der AGITANO-Redaktion:

Mitte Juli 2012 wurde im bayerischen Straubing die erste Demonstrationsanlage für Biosprit der 2. Generation aus Stroh und Pflanzenresten eingeweiht. Dies hat zwei Vorteile: Die Konkurrenz von Biokraftstoffen mit Nutzflächen für Nahrungsmittel wird damit beendet, da nur noch die Pflanzenabfälle aus der Nahrungsmittelproduktion zur Energiegewinnung verwendet werden. Und zweitens wird der Kreis der Materialen deutlich errweitert, die man zur Energiegewinnung verwenden kann. Darunter fallen Schnittreste von Mittel- und Randstreifen der Autobahnen bis hin zu Abfällen aus der Natur- und Rohstoffverarbeitenden Industrie.

 

 

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