Kernkraftwerk Brunsbüttel: Risse in Rohrleitungen

In dem seit Juli 2007 stillstehenden Kernkraftwerk Brunsbüttel sind Risse in Rohrleitungen festgestellt worden. Betroffen sind Rohrleitungen im Bereich der Konzentrataufbereitungsanlage. Im Rahmen von Sofortmaßnahmen wurden betroffene Systeme außer Betrieb gesetzt und die aktivitätsführenden Rohrleitungsbereiche – also jene Rohre, die radioaktives Wasser führen können- abgesperrt.

Vorläufige Bewertung der Reaktorsicherheitsbehörde zum Vorfall im Kernkraftwerk Brunsbüttel:

Es wurde keine Radioaktivität im Kernkraftwerk Brunsbüttel freigesetzt. Die Gesundheit der Bevölkerung und des Betriebspersonals war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Die betroffenen Rohrleitungen sind sämtlich innerhalb des Kontroll- und Sperrbereichs des Kernkraftwerks angeordnet. Auf Grund der baulichen und technischen Sicherheitsvorkehrungen sowie der Überwachungseinrichtungen ist ein unkontrollierter Austritt von radioaktiven Stoffen aus dem Kontrollbereich ausgeschlossen.

Das Ereignis ist nach gegenwärtiger Einschätzung von untergeordneter sicherheitstechnischer Bedeutung. Die Betreibergesellschaft hat der Atomaufsicht die Risse als Meldepflichtiges Ereignis der Kategorie „N“ fristgerecht übermittelt.

Die Ermittlungen zur Ursachenklärung und zum Schadensumfang sind aufgenommen worden. Erst danach kann über die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen entschieden werden. Zur Bewertung des Sachverhalts wird die Reaktorsicherheitsbehörde eigene Inspektionen vornehmen sowie die Stellungnahme der Betreibergesellschaft und die Berichte der von der Behörde eingeschalteten Sachverständigen heranziehen.

Sachverhalt und technischer Hintergrund

Die Risse wurden bei visuellen Kontrollen im Bereich der Konzentrataufbereitungsanlage entdeckt. Zunächst war im Rohrbogen einer Kunststoffrohrleitung ein Riss festgestellt worden. Der befundbehaftete Rohrbogen wurde ausgetauscht. Bei der anschließend mit nicht radioaktivem Wasser durchgeführten Druckprüfung wurde an einem weiteren Rohrleitungsbogen ein Leck identifiziert, bevor der Prüfdruck erreicht wurde. Da eine systematische Ursache nicht ausgeschlossen werden konnte, wurden weitere Inspektionen durchgeführt. Dabei sind dann an weiteren Rohrleitungsbogen der Kunststoffleitungen Rissanzeigen festgestellt worden. Ein Austritt von radioaktivem Medium aus den betroffenen Rohrleitungsbogen ist bisher nicht festgestellt worden.

Die Abwasser- und Konzentrataufbereitungsanlage hat in einem Kernkraftwerk folgende Aufgabe:

Die Kühlkreisläufe im Kernkraftwerk verfügen über Reinigungsanlagen, mit denen die Wasserqualität aufrechterhalten wird. Der in den Reinigungsanlagen anfallende Abfall, bestehend aus Filterhilfsmittel und den ausgefilterten Verunreinigungen, wird der Abwasser- und Konzentratreinigung zugeführt. Dort werden über Verdampfungs- bzw. weitere Filtersysteme die Feststoffe vom Wasser getrennt. Die Feststoffe werden in Fässer gefüllt und das Wasser wieder den Kühlkreisläufen zugeführt bzw. nach Kontrolle der Freigabequalität durch den Strahlenschutz kontrolliert abgegeben. Die Systeme der Abwasser- und Konzentrataufbereitung werden im derzeitigen Nachbetrieb des Kernkraftwerks Brunsbüttel nur sporadisch betrieben.

Das Kernkraftwerk Brunsbüttel ist seit Juli 2007 nicht mehr in Betrieb. Mit der Atomgesetznovelle vom 31. Juli 2011 hat dieses Kernkraftwerk die Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren und befindet sich im Nachbetrieb.

* Meldepflichtige Ereignisse sind den Reaktorsicherheitsbehörden nach bundeseinheitlichen Kriterien von den Kernkraftwerksbetreibern zu melden. Die Meldefristen sind in Kategorien unterteilt:

Kategorie N („Normalmeldung“ – Meldefrist: innerhalb von 5 Arbeitstagen) Ereignisse von untergeordneter sicherheitstechnischer Bedeutung. Diese Ereignisse gehen im Allgemeinen nur wenig über routinemäßige betriebstechnische Ereignisse hinaus. Sie werden erfasst und ausgewertet, um eventuelle Schwachstellen bereits im Vorfeld zu erkennen.

Kategorie E (Eilmeldung – Meldefrist: innerhalb von 24 Stunden) Ereignisse, die zwar keine Sofortmaßnahmen der Aufsichtsbehörde verlangen, deren Ursache aber aus Sicherheitsgründen geklärt und in angemessener Frist behoben werden muss. Dies sind z.B. Ereignisse, die sicherheitstechnisch potenziell – aber nicht unmittelbar – signifikant sind.

Kategorie S (Sofortmeldung – Meldefrist: unverzüglich) Ereignisse, die der Reaktorsicherheitsbehörde sofort gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch Ereignisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.

Die korrekte Einstufung jedes Ereignisses wird im Auftrag des Bundesumweltministeriums durch die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit geprüft.

(Nicola Kabel | Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schlesweig-Holstein)

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?