Konjunktur: Laut Roland Berger Frühjahrsprognose +1,2% Wachstum in 2013

Deutsche Konjunktur profitiert von der anziehenden Weltwirtschaft

Trotz der inneren Stärke der deutschen Wirtschaft hängt ein dynamischeres Wachstum von positiven Impulsen auf den wichtigsten Auslandsmärkten ab. Für die USA erwarten die Roland-Berger-Experten ein Anziehen des Wachstums, denn Präsident Obama kann in seiner zweiten Amtszeit entschiedener agieren, dadurch wichtige Wachstumsinitiativen auf den Weg bringen und Demokraten und Republikaner zu pragmatischen Kompromissen führen. Hinzu kommen die günstigen Energiepreise, die die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft stärken werden. Schon im 3. Quartal 2012 wuchs die US-Wirtschaft um 2,7 Prozent. Eine aktuelle Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer bestätigt diesen Trend: 95 Prozent der in den USA aktiven deutschen Unternehmen erwarten für 2013 bessere Geschäfte.

Auch in China kann das Wachstum wieder höher ausfallen. Für eine neue Dynamik sprechen beispielsweise die neuen Modernisierungs-und Infrastrukturprojekte, die nach dem Machtwechsel in Partei und Staat aufgesetzt wurden und von denen die deutsche Wirtschaft profitieren wird. In Japan kann das milliardenschwere Konjunkturprogramm der neuen Regierung neue Wachstumsimpulse setzen, und auch Russland wird weiter an Dynamik gewinnen; bereits im letzten Jahr konnte die deutsche Wirtschaft ihre Exporte nach Russland nochmals zweistellig steigern. Indien profitiert 2013 von einer besseren wirtschaftlichen Stimmung und ebenfalls von neuen Investitionsprojekten. Und in Brasilien wird der Investitionsschub vor der Fußball-WM und den Olympischen Spielen deutlich spürbar sein. Schwenker: „Treten diese dynamischen Effekte ein, wird die deutsche Wirtschaft davon überproportional profitieren, denn es ist uns bereits in den letzten vier Jahren gelungen, den Anteil der Exporte in das außereuropäische Ausland kontinuierlich von 38 Prozent auf 43 Prozent zu steigern.“

Zusätzlicher Schub durch Überwindung der Euro-Krise

Nach wie vor spielt Europa eine entscheidende Rolle für das deutsche Wirtschaftswachstum: Trotz der Steigerung der Ausfuhren in das außereuropäische Ausland gehen immer noch 57 Prozent in die europäischen Nachbarländer. Hier erwarten die Berger-Experten eine weitere Beruhigung der Lage: EZB, EFSF und ESM werden auch 2013 für Stabilität in Europa sorgen, die Situation in Italien und Frankreich wird sich normalisieren und auch die Finanzierung Griechenlands wird nicht zu neuen Turbulenzen führen, wie die regelmäßigen Fortschrittsberichte schon jetzt belegen. Hinzu kommt, dass vor allem viele nord- und osteuropäische Länder ihren positiven Wachstumskurs aus 2012 fortsetzen werden.

Grund für Optimismus liefert nicht zuletzt auch die neue Initiative der EU-Kommission zur Reindustrialisierung Europas: Bis 2020 soll der Anteil der Industrie an der europäischen Wirtschaftsleistung von derzeit knapp 16 auf 20 Prozent steigen. Damit sind Investitionen in Fabriken, Forschung und Entwicklung und ein weiterer Ausbau des Binnenmarktes ebenso verbunden wie die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen beim Erschließen internationaler Märkte, mehr Aus- und Fortbildung sowie ein besserer Abgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Dies alles lässt innerhalb der EU-27 eine neue Vorwärtsbewegung und ein Wachstum von etwa 0,5 Prozent erwarten.

Risiken für das Wachstum

Allerdings liegen in vielen der wachstumsverstärkenden Faktoren nach wie vor Risiken. So ist es noch nicht ausgemacht, dass Frankreich trotz der gerade beschlossenen Reformen am Arbeitsmarkt zu einer weiteren Auflösung des seit langem bestehenden Reformstaus findet, oder das die spanische Regierung schnell genug Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit einleitet. Auch in Italien wird sich erst nach der Wahl zeigen, ob der eingeschlagene Reformkurs fortgesetzt werden wird.

Gerade wegen ihrer Signalwirkung für das globale Wachstum bleibt auch die Entwicklung in USA und China kritisch: Eine schleppende Reindustrialisierung könnte das Wachstum in Amerika auf unter 2 Prozent drücken. Und wenn es der neuen chinesische Führung nicht gelingt, an das alte Wachstumstempo von 8 Prozent anzuknüpfen, erschwert dies die Lösung struktureller Probleme, mit negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes – und für deutsche Unternehmen, die in China aktiv sind. Gefahren drohen auch auf für die Binnenkonjunktur: Sollte die Energiewende nicht gelingen, würde dies die Energiekosten weiter verteuern, mit negativen Auswirkungen auf das Konsumklima und die Wettbewerbsposition der deutschen Industrieunternehmen.

„Sollten alle Risiken eintreten, so wird unsere industrielle Kompetenz dafür sorgen, dass unser Wachstum nicht unter 0,5 Prozent fallen wird“, fasst Burkhard Schwenker die Risikoanalyse zusammen. Und weiter: „Wir gehen allerdings davon aus, dass die positiven Auftriebskräfte überwiegen und die deutsche Wirtschaft somit wieder an Dynamik gewinnen und in 2013 mit knapp über 1 Prozent wachsen wird“.

Potentialwachstum von 2 Prozent mittelfristig erreichbar

Perspektivisch sehen die Roland Berger-Experten für die deutsche Wirtschaft die Chance, wieder an höhere Wachstumsraten anzuknüpfen, weil sie von den wichtigen Megatrends wie Klimawandel, Rohstoffknappheit oder demografischen Wandel profitieren wird. Schwenker: „Es geht immer um Knappheit – an Umwelt, Ressourcen und Menschen. Und Knappheit eröffnet immer industrielle Wachstumschancen, weil die unternehmerische Antwort darauf in schnellerem Produktivitätswachstum liegt.“ Die industriellen Fähigkeiten Deutschlands würden genau dazu passen; weil auch andere Volkswirtschaften auf der Suche nach Produktivitätsfortschritten seien, würden die industrielle Kompetenz der deutschen Industrie und ihre führende Rolle vor allem bei intelligenten Produktionssystemen, Energie- und Ressourceneffizienz, Mobilitätskonzepten und grünen Technologien zu zusätzlichen Absatz- und Wachstumspotentialen führen. Dazu Burkhard Schwenkers Fazit: „Ich glaube, dass es uns perspektivisch gelingen kann, den Trend absteigender Wachstumsraten zu brechen, und halte ein Potentialwachstum von 2 Prozent für erreichbar, wenn wir durch eine kluge Wirtschaftspolitik, die Förderung von Forschung und Entwicklung und durch ein faires Bildungssystem weiter daran arbeiten, unsere industriellen Stärken zu stärken.“

(Roland Berger Strategy Consultants 2013)

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