„Liebe ist käuflich” Interview mit Marian Prill über erfolgreiches Guerilla Marketing

(Mit Videos) Guerilla Marketing bietet Unternehmen die Chance, um die Öffentlichkeit auf unkonventionelle Art und Weise auf sich beziehungsweise ihre Produkte und Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Ebenso groß ist die Gefahr den Bogen zu überspannen und damit ordentlich ins Fettnäpfchen zu treten. AGITANO – Wirtschaftsforum Mittelstand sprach im Vorfeld des Social Media Herbstcamps 2013 mit Marian Prill, Mitbegründer von Deutsche Handarbeit, über erfolgreiches Guerilla Marketing und seine Erwartungen an das einzigartige Webevent.

Guerilla Markting – Interview mit Marian Prill

Schönen Guten Tag, Herr Prill. Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Ich bin 33 Jahre jung, Vater zweier Kinder und eine Brille trage ich nur im Sommer. Im Sommer 2009 gründete ich mit meinem Partner Jan Schekauski die Deutsche Handarbeit. Zuvor lernten wir uns in der größten Werbeagentur Deutschlands kennen, bei BBDO in Düsseldorf. Seither praktizieren wir Guerilla Marketing, entwickeln mobile Webseiten, Onlinebrowsergames und Spieleapps – quasi alles, was sich im Netz bewegt und vorrangig den Kunden unserer Kunden Spaß macht.

Ihr Titel lautet „Erlaubt ist, was verkauft“. Dies klingt – provokant gesagt – nach „auch die Mutter verkaufen, wenn’s geht“. Was bedeutet dieser Titel beziehungsweise Spruch für Sie im Kern?

Unser erster Slogan hieß „Liebe ist käuflich.” Das finde ich deutlich unseriöser. Damals hatten wir eine Düsseldorfer Domina damit beauftragt, unser Logo zu entwickeln (s. Video), weil wir der Meinung waren, dass nirgends Glück und Schmerz näher zusammenlägen als in den Händen einer Domina.

(Quelle: Deutsche Handarbeit)

Und schließlich haben wir uns inzwischen ja auch für mehr als 100 Kunden gequält. Der neue Slogan „Erlaubt ist, was verkauft“ besteht erst seit letztem Jahr. Er meint, dass es wichtig ist, nach den Regeln zu suchen, die zu brechen sind, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Und solange Polizisten diesen Slogan gut finden und sich sogar mit unserer Briefkastenreklameabwehr „Wir hassen Werbung” ablichten lassen (s. Seite 2), um hinterher auf unserer Facebookseite zu erscheinen, ist unsere Denkweise in Ordnung und legitim.

Wie schaffe ich die notwendige Aufmerksamkeit für mein Unternehmen?

„Wir hassen Werbung!“ (© Deutsche Handarbeit)
„Wir hassen Werbung!“ (© Deutsche Handarbeit)

Am besten mit einem möglichst präzisen Ergebnis, das erreicht werden soll. Unternehmensberater Kay-Michael Kämnitz wünschte Bekanntheit im norddeutschen Raum. Ihn schickte Deutsche Handarbeit in diesem Sommer zu Fuß von der Ostsee bis nach München. Nach dem Motto: „Grips statt Gras – der längste Sponsorenlauf Deutschlands” mündeten unsere Bemühungen in 15 Zeitungsartikel, Berichterstattung im Radio und im NDR. Ziel mehr als erreicht.

Geht dies auch mit einem kleinen Budget? Und wenn ja, wie?

„Idee schlägt Budget” habe ich irgendwann mal gehört. Stimmt. Ein Existenzgründer aus Mülheim wollte 2010 seinen Buchladen eröffnen und fragte bei der Presse an. Sie rieten ihm eine Anzeige zu schalten. Dann fragte er beim Radio an. Sie rieten ihm einen Spot zu schalten.

Dann fragte er Deutsche Handarbeit. Und wir entwickelten für ihn die „Lesemeisterschaft. Den Weltrekordversuch im Dauerlesen”. Sechs Zeitungsbeiträge, Radio und Fernsehberichte. Mediawert um die 60.000 Euro. Und das mit einem Einsatz von gerade mal fünf Prozent des Mediawerts. Mehr geht nicht.

Haben Sie uns bitte einige Beispiele für erfolgreiches Guerilla Markting?

Ja, wir haben den Wasserflashmob entwickelt, bei dem sich die Stadt Mülheim beim Stillleben ihren Ruhrschnellweg präsentieren konnte. Ein Wettbewerb, der die Geschicklichkeit von Männlein und Weiblein aus der Region überprüfte.

Es ging darum, dass hunderte Menschen einen Becher in die Hand bekamen und damit Ruhrwasser durch Umschütten von Becher zu Becher ins Ziel transportierten. Schließlich hat Mülheim den Beinamen „Stadt am Fluss”. Wie sich herausstellte kam das Wasser der Herrschaften mit Bierschaumkrone ins Ziel. Die Damen schütteten zuletzt mehr Wasser in den Eimer, als sie zur Verwendung bekamen. Soll heißen: für Fairplay ist Mülheim nicht geeignet. Aber was soll’s? RTL und der Zeitung hat’s gefallen.

Seite 3: Gogo-Tänzerin Magda gratuliert den Kunden zum Geburtstag

Welche Rolle spielen hierbei soziale Netzwerke?

Als wir unsere Zweigstelle in Lübeck eröffneten, ließen wir Gogo-Tänzerin Magda durch die Stadt tanzen (s. Video). Das Bewegtbild nutzten wir ein Jahr lang, um unseren Kontakten zum Geburtstag zu gratulieren. Kurz: es muss mehr sein, als nur Werbematerial zu produzieren. Dieses muss auch an den richtigen Stellen eingesetzt werden.

Als ich selbst mit einem 50er Roller vom Ruhrgebiet bis in die Schweiz fuhr, um zu beweisen, dass man auch mit kleinem Einsatz ans Ziel kommt, sammelte ich 400 Twitter-Follower ein, durch einige sind Aufträge entstanden. Wie gesagt: Mit einem Ziel im Kopf packst du die Gelegenheit am Schopf.

Was erwartet den Teilnehmer am Montag, 25. November 2013, ab 10:00 Uhr, in Ihrem Webinar „Erlaubt ist, was verkauft: Guerilla Marketing und die sozialen Netzwerke”?

Ehrlich gesagt, weiß ich das noch gar nicht so genau. Ich habe mir zwar ein paar Stichworte aufgeschrieben, aber am liebsten entwickle ich Ideen live. Statt also die Zuhörer zu langweilen, (können die mich eigentlich dann auch sehen?) möchte ich ihnen lieber ein paar ordentliche handfeste Impulse geben und ihre Denkrichtung gegebenenfalls korrigieren. Ich hoffe es wird mehr Austausch als Monolog. Mal sehen, was sich machen lässt.

Herr Prill, vielen Dank für das sehr interessante Gespräch.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Interview führte Oliver Foitzik (Herausgeber AGITANO).

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Über Marian Prill:

© Deutsche Handarbeit
© Deutsche Handarbeit

Marian Prill (33), gründete 2009 mit seinem Kollegen Jan Schekauski die Deutsche Handarbeit, ein Kreativlabel, das sich auf Guerilla Marketing spezialisiert hat. 2011 stiegen auch Thorsten Krüger (Programmierung) und Ramona Wodtke (Traffic) in die Unternehmung mit ein. Prill ist international ausgezeichneter Werbetexter, Referent und Berater und hat zur Nachwuchsförderung das Projekt „Schule macht Werbung” aufgelegt, in dem Schülern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben wird eigenverantwortlich Computerspiele und mobile Spieleapps zu gestalten, die dann von Deutsche Handarbeit umgesetzt werden.

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