Marketing Super-GAU – PayPal ruiniert seinen Ruf mit der Brechstange

Wenn der Wurm drinnen ist, dann ist der Wurm drinnen. Vor wenigen Tagen erst wurde PayPal mit einer ernstzunehmenden Drohung der Hackergruppe Anonymous konfrontiert. Der Onlinebezahldienst und Ebay-Tochter steht nicht wegen seiner Geschäftspraktiken in der Kritik. Es geht um Politik. Das Unternehmen verhält sich nicht neutral, sondern hat sich dezidiert gegen die Enthüllungsplattform Wikileaks gestellt und mit der Weitergabe von sensiblen Daten an das FBI zur Ergreifung mehrerer Hacker der Gruppe Anonymous beigetragen. Diese haben sich selbst nach eigenem Bekunden Moral und Anstand auf die Fahnen geschrieben und gehen gegen anrüchige Geschäftspraktiken von Multis vor, in dem sie diese aus dem Netz heraus attackieren. Das Know-How dieser Hacker ist dabei so groß, dass sie auch die Homepage von der CIA in die Knie zwangen. Dutzende Unternehmen, darunter ironischerweise auch solche aus dem Bereich der Sicherheitsdienstleistungen, mussten lernen, dass sie den Aktivisten technisch nichts entgegenzusetzen haben.

Anonymous hatte nun wegen der Weitergabe der Daten zu einem Boykott gegen PayPal aufgerufen. Die Hackergruppe kritisiert diese Form der Zusammenarbeit des Onlinebezahldienstes mit den Behörden scharf: Dies sei ein Beweis, dass PayPal seine Kunden nicht verdiene. „Sie verdienen nicht eure Geschäfte und sie verdienen nicht euren Respekt.“ Tausende User folgten bereits dem Aufruf und posteten bei Twitter einen Screenshot, mit dem sie die Löschung ihres Paypal-Accounts dokumentierten – der Hashtag #Paypal war damit über mehrere Stunden hinweg der Toptrend.

Nun gelingt PayPal die zweite Marketing-Panne innerhalb kürzester Zeit. Zum Marketing-Super-GAU könnte sich die Einmischung in ein weiteres, äußerst schwieriges und wieder rein politisches Themenfeld erweisen – etwas, wo ein Unternehmen nicht das geringste zu suchen hat. Die Polarisierung der öffentlichen Meinung dürfte zu einem weiteren schweren Imageschaden führen. PayPal hat es in der Tat gewagt, deutsche Online-Händler dazu zu zwingen, sich dem nur von den USA durchgeführten Handelsboykott gegen Kuba anzuschließen. PayPal hatte ihnen gekündigt, weil die deutschen Versandhändler Waren aus Kuba anbieten (vor allem kubanischen Rum). Der betroffene Thomas Altmann von Rumundco: „Wir haben einen Kompromiss angeboten, doch Paypal ist darauf nicht eingegangen und hat einfach unser Konto gesperrt.“ Die betroffenen Online-Händler wollen PayPal nun ihrerseits wegen des Kuba-Embargos verklagen. Allerdings dürfte sich der Imageschaden für PayPal durch diese unsinnige Unternehmenspositionierung deutlich stärker finanziell niederschlagen. Der Boykottaufruf gegen PayPal und seine Unternehmensphilosophie dürfte damit noch mehr an Fahrt gewinnen.

Die Schizophrenie des PayPal-Managements ist auch deutlich an der rechtlichen Lage abzuleiten: Paypal besitzt in Europa seit dem 2. Juli 2007 den Status einer Bank mit Sitz in Luxemburg. Daher ist es hier in Europa kein US-Unternehmen, das sich darauf berufen kann, in Europa US-Gesetze durchsetzen zu müssen. Aber genau dies ist die Begründung seitens PayPal. Das Unternehmen begründet die Kontosperrungen der deutschen Händler mit Verstößen gegen US-Sanktionen, die es als US-Unternehmen nicht dulden dürfe. Eine Niederlage vor Gericht ist daher äußerst wahrscheinlich, sollte es nicht vorher in einem Vergleich zu einem Einlenken kommen. Der Imageverlust allerdings ist irreparabel. Hier gilt: Ein ausgesprochenes Wort ist wie ein abgeschossener Pfeil: Beides lässt sich nicht zurückholen.

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