Mindestpreis beendet Handelsstreit: Kompromiss zwischen EU und China bei Solarpaneelen

Die Anti-Subventionsverfahren der USA sowie auch leicht zeitversetzt der EU gegen chinesische Photovoltaik-Hersteller wurde kontrovers beurteilt: Während die Solarbranche vermeintliche Wettbewerbsverzerrungen aufgrund einer unzuläsigen Subventionierung der chinesischen Hersteller kompensieren wollte, fürchteten andere Branchen Gegenreaktionen Pekings, die das eigene Geschäft beeinträchtigen könnten. Auf China entfallen rund zwei Drittel der Weltproduktion von Solarpaneelen und rund 80 Prozent aller chinesischen PV-Exporte gehen in die EU. Der Marktwert der chinesischen Einfuhren in die EU wird auf 21 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Die im Oktober 2012 vom US-Handelsministerium beschlossenen Antidumping- und Antisubventionszölle ergaben kombiniert für den Großteil der chinesischen Hersteller 41,2 Prozent, für den Hersteller Suntech 46,51 Prozent und für Trina Solar 34,29 Prozent. Die hohen Zölle belegen nach Ansicht der Befürworter das massive Dumping und die chinesische Exportsubventionierung in Milliardenhöhe. Laut Franz Alt sind nicht die billigen Löhne in China für dessen Marktmacht verantwortlich – sie machen nur 10 Prozent am Preis für Solarzellen aus –, sondern die vielen Milliarden Dollar staatliche (nicht wettbewerbskonforme) Subventionen, welche Chinas Regierung direkt ihren großen Solarkonzernen wie Yingli, Suntech Power oder Trina Solar zukommen lässt.

EU wollte Strafzölle in Höhe von 47,6 Prozent

Die EU-Kommission hatte im Juni 2013 Strafzölle von 11,8 Prozent auf chinesische Solarmodule verhängt und damit eine chinesische Gegenreaktion heraufbeschworen, die zu einem Handelsstreit auszuarten drohte. Da Peking jegliche unlautere Subventionierung seiner Firmen zurückwies, drohte es mit Strafzöllen auf andere, für den europäischen Export wichtige Branchen. So führte Peking z.B. im November 2012 als Reaktion bereits chinesische Zölle auf die Einfuhr von nahtlosen Edelstahlrohren in Höhe von 9,7 und 11,1 Prozent ein – zu den wichtigsten Herstellern dieser Rohre zählt die deutsche Salzgitter AG.

Am 6. August 2013 hätte nun eine Frist vor der Welthandelsorganisation (WTO) geendet, im Zuge dessen die EU weitaus höhere Strafzölle von 47,6 Prozent gegen die chinesischen PV-Module verhängen wollte. Kurz vor Ablauf dieser Frist gab es nun eine Einigung.

Einigung auf Mindestpreis von 56 Cent

Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich Brüssel und Peking nun auf Mindestpreise beim Import chinesischer Solarmodule geeinigt. Der Mindestpreis von 56 Cent pro Watt soll die europäischen Konzerne vor der „Dumping-Praxis“ aus Fernost schützen. Zudem soll die Gesamtmenge der chinesischen Importe an Solarpaneelen in die EU auf sieben Gigawatt pro Jahr gedeckelt werden. Chinesischen Firmen, die diese Bedingungen nicht akzeptieren, werden ab dem 6. August Strafzölle zwischen 37,2 und 67,9 Prozent auferlegt.

Durch die Mindestpreise würden aus europäischer Sicht die Schäden beseitigt, die der europäischen Solarindustrie durch die „Dumping-Praxis“ zugefügt wurden. Auf der anderen Seite bleibt China die Möglichkeit, die eigenen ambitionierten Ausbaupläne von 35 GW Solarenergie bis 2015 zu erfüllen und mit den ambitionierten Ausbauplänen zugleich die Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten. China ist seit einigen Jahren der weltweit größte Markt für Photovoltaik sowie auch Windenergie.

Solarunternehmen wollen klagen

Die Vertreter der europäischen Solarbranche sind hingegen mit dem Ergebnis nicht zufrieden und haben eine Klage gegen das Verhandlungsergebnis angekündigt. Milan Nitzschke, der Präsident der Brancheninitiative EU ProSun,die 40 Solarunternehmen aus ganz Europa vertritt, nannte den Kompromiss rechtswidrig und einen „Skandal“. Dagegen wollten die europäischen Solarunternehmen vor dem Gerichtshof der EU in Luxemburg vorgehen. „Die EU-Kommission ist China soweit entgegengekommen, dass sie den Boden des europäischen Handelsrechts verlassen hat“, sagte Nitzschke. Er erwarte durch den Kompromiss keine Linderung der Schädigung der europäischen und deutschen Solarindustrie. Der jetzt festgelegte Mindestpreis von 56 Eurocent würde exakt auf der Höhe des aktuellen Dumpingpreises für chinesische Module liegen und die festgelegte Importmenge betrage rund 70 Prozent des EU-Marktanteils. „Das ist quasi eine Absatzgarantie für China und ein Freibrief, weiter zu Dumpingpreisen zu verkaufen“, so Milan Nitzschke.

„Ausbau der Erneuerbaren zum Nutzen aller“

Bundesumweltminister Peter Altmaier begrüßt hingegen die Einigung im Handelsstreit zwischen der EU und China. „Die nun gefundene Lösung im Streit über die Einfuhr von Solarpaneelen stellt einen realistischen Kompromiss dar zwischen den Interessen der Branche und dem Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energien weltweit weiter voranzutreiben. Ich bin zuversichtlich, dass mit der nun gefundenen Vereinbarung die Solarbranche sowohl in China als auch in Europa gestärkt wird. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist zum Nutzen aller – wenn er fair und koordiniert erfolgt.“

(mb)

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