Mit Hilfe der inneren Stimme zu Höchstleistungen

Oft wollen wir etwas unbedingt und streben nach Perfektion. Wir verfolgen ein Projekt trotz unserer inneren Stimme, die uns sagt, dass es zum Scheitern verurteilt ist. Die Folge: finanzieller und emotionaler Schaden. Zum Auftakt der zweiwöchentlich erscheindenden AGITANO-Themenserie „Signale des Körpers“ von Claudia Kloihofer rät die Vortragsrednerin, Trainerin und Werte-Coach dazu, lieber „Nein“ zu einem Auftrag zu sagen, wenn das Gefühl nicht stimmt.

Unser Verstand produziert Wissen und speichert Informationen. Meist geht dieses Wissen über das hinaus, was zum Handeln nötig ist. Im Gegenteil, zu viel Wissen lähmt das Handeln, weil wir so viele Optionen erkennen können und diese gegeneinander abzuwägen versuchen. Wild hin und her gedacht stecken wir dann auch noch tief fest – im Wollen. Diese Mischung aus Wissen und Wollen ist manchmal der Beginn des Scheiterns, weil wir den Zufälligkeiten und den Warnungen zu wenig Beachtung schenken. In meinem Buch „Signale des Körpers“ erzähle ich über den Prozess des Wollens als eine der vielen Variationen von „niemals genug“. Das Wollen trennt uns von der Lebendigkeit, von uns Selbst und vielfach von unserer inneren Stimme.

Abschied von der Gier des Wollens

Wir könnten erkennen, dass Situationen eigentlich nicht so „laufen“, wie wir uns das wünschen würden. Der Traumjob zum Beispiel, der sich als Fiasko entpuppt, weil der neue Chef andere Umsetzungspläne hat, die einem so gar nicht in das eigene Welt- oder Menschenbild passen. Doch weil wir etwas erreichen wollen, eine große Karriere anstreben, möglicherweise noch jung und unerfahren sind, warten wir ab und denken: „Es wird schon besser werden.“ Wir hören unserer inneren Stimme nicht zu und nehmen und äußere Signale einfach nicht wahr. Unterdessen wird alles schlimmer und die Belastungen erhöhen sich, die Motivation erstickt und viel zu spät realisieren wir, dass der persönliche Traum, den wir so gerne umsetzen wollten, zerplatzt. Nicht selten finden wir uns enttäuscht oder ausgebrannt auf der Suche nach einem neuen „Wollens-Traum“ wieder. Dann beginnt das Spiel von vorne. Beispiele für unbedingtes Wollen und Festhalten gibt es viele. Genuss, Wohlergehen, Ehrgeiz oder Sicherheit sind Wurzeln dieser Glückssuche. Im Wirtschaftsleben erhält man jede Menge davon.

Ein ungutes Gefühl ist ein wichtiges Signal

Nehmen wir das Beispiel eines Unternehmensprojektes mit mehreren Beteiligten, bei dem anfangs alles wie am Schnürchen lief, Vereinbarungen korrekt eingehalten wurden, Ideen und Treffen völlig stimmig und glatt vonstatten gingen. Plötzlich und völlig überraschend begann das Vorhaben zu stagnieren, eine Förderung fiel aus, ein Finanzier sprang ab und die Bank wollte auf einmal noch mehr Sicherheiten. Ab diesem Moment gestaltete sich alles zäh und die Lautstärke der inneren Stimme nahm zu, ebenso wie die Zweifel, die bereits klar nach dem Abbruch des Projekts riefen. Termine mussten verschoben werden, unvorhergesehene Schwierigkeiten tauchten auf und jede Menge Hindernisse stellten sich plötzlich allen Beteiligten in den Weg. Alles begann unglaublich zu stocken und die Sorgen, wie das wohl alles zu schaffen sei, wurden immer größer. Nach langen Mühen und verschiedenen Versuchen gestanden sich alle das Scheitern ein. Geld, Nerven und leider auch viel Menschlichkeit blieben auf der Strecke. Wenige Monate später erwies sich dieser Abbruch des Projektes dann allerdings als versteckter Gewinn, denn er bewahrte die meisten vor dauerhaften größeren finanziellen und gesundheitlichen Schäden.

Das Wollen macht taub gegenüber der inneren Stimme

„Das Wollen“, das immer nach „noch mehr, noch besser und noch perfekter“ strebt, macht blind und taub gegenüber der inneren Stimme. Dieses Wollen verhindert, dass wir sehen, welche Möglichkeiten es noch gibt. Es macht die innere Führung stumm. Vielleicht liegt die Lösung dafür, dass wir das „Wollen“ einfach einmal lassen, in etwas ganz Schlichtem. Mag sein, dass es so gewöhnlich und einfach erscheint, dass wir nicht daran glauben können. Denn auch hinter dieser Schlichtheit liegt ein Missverständnis. Wir alle haben gelernt, dass Erfolg uns „nicht geschenkt“ wird. Wenn wir etwas erreichen wollen, muss das schon schwer gehen. Deshalb sind wir immer auf der Suche. Wir suchen das, was uns zufrieden machen soll, im Geld, das wir verdienen, im Image und in der Anerkennung durch andere. Wir werden blind für das, wonach wir uns eigentlich sehnen, blind dafür, was uns wirklich guttut. Wir missachten alle Warnhinweise, die uns laut und deutlich sagen: „Stopp! Das ist nicht Dein Weg!“ Ohne den alles überschattenden Einfluss des „Wollens“, können wir das wohlige Gefühl im Bauch wahrnehmen, das uns leitet, wenn wir eine Entscheidung suchen und noch unsicher sind. So bleiben wir achtsam gegenüber der inneren Stimme.

Der inneren Stimme zu folgen ist ein Teil moderner Führungskompetenz

Die Ausbildung der Achtsamkeit gegenüber der inneren Stimme ist für Führungskräfte genauso wertvoll wie Unternehmer und Mitarbeiter. Emotionale Signale erkennen und darauf zu reagieren ist ein Teil moderner Führungskompetenzen und lässt Menschen mehr über ihr eigenes Denken und Handeln erfahren. Geschärfte Selbstwahrnehmung führt zu erhöhter Aktivität in jenen Hirnregionen, mit denen wir über uns nachdenken können und gleichzeitig auch andere besser verstehen. Die soziale Neurowissenschaft im Max Plank Institut in Leipzig sagt: „Um die Gefühle anderer begreifen zu können, muss man erst einmal seine eigenen verstehen.“

Entscheidung nach Gefühl macht frei

Ich selbst habe mir angewöhnt, auf meiner inneren Stimme gegenüber wachsam zu sein und im Zweifel eher „Nein“ zu sagen. Oft habe ich dann im Endeffekt eine Entscheidung gegen etwas gefällt, das ich zuerst unbedingt haben wollte. Zum Beispiel lehnte ich einen Auftrag ab, den ich wirklich dringend gebraucht hätte. Die „Chemie“ zwischen dem Auftraggeber und die Einstellung gegenüber Menschen passten nämlich so gar nicht zu meinem Menschenbild. Anfangs war ich darüber noch irritiert und unsicher, obn ich richtig gehandelt hatte. Bald danach rief mich ein Kunde an und offerierte mir eine langfristige Zusammenarbeit. Hätte ich damals den Auftrag nicht abgelehnt, hätte ich keine Zeit für einen neuen Kunden aufbringen können. Ich hatte meiner inneren Stimme gelauscht. Und vor allem, ich war dem Gehörten gefolgt! Also erhielt ich eine Gelegenheit, bei der ich meinem klaren Ja und meiner Gewissheit vertraute. Basierend auf dieser inneren Gewissheit und Führung, sind wir mit Bestimmtheit in der Lage, Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen. Wir halten es leichter aus, gegen den „Strom“ zu schwimmen, entgegen der Meinungen der Masse zu handeln. Auszusteigen aus dem Gänsemarsch, den andere vorgeben. Wir benötigen nicht mehr die Anerkennung oder die Anpassung an eine Norm, sondern stärken unseren Mut ganz danach zu entscheiden, was wir jetzt wahrnehmen. Selbst Schuldgefühle verschwinden, wenn wir klar zu den Folgen des eigenen Handelns stehen. Das Wollen trennt uns auch von einer enormen Ressource, dem „Nichtwissen“. Über die Ressource des „Nichtwissens“ lesen sie mehr in einem meiner nächsten Beiträge.

inneren Stimme
Bild: © Manuela Michelar

Über Claudia Kloihofer

Claudia Kloihofer ist Vortragsrednerin, Trainerin und Werte-Coach. Sie ist selbständige systemische Unternehmensberaterin, Mutmacherin und Lebensberaterin. Mit dem von ihr gegründeten Mutmachinstitut ermuntert sie Menschen, ihrer Intuition zu vertrauen. Die Expertin und Autorin berät Firmen und Organisationen bei der Entwicklung eines klaren Werteprofils, hilft neue Perspektiven bei Veränderungen zu finden und ermutigt  Unternehmen und Führungsmannschaften, wieder auf Vertrauen und Menschlichkeit zu bauen. Unternehmen wieder positiver, energiereicher und  wertvoller zu gestalten. Die Mitpreisträgerin des Constantinus Awards für den Bereich Personal&Training ist gefragte Referentin zu ihren Themen und publiziert in verschiedenen Fachzeitschriften. Mehr über Claudia Kloihofer erfahren Sie auch unter http://www.mutmachinstitut.at.

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