Mit-Teilung: Versuch über das Eintauchen im Anderen

Wenn wir miteinander agieren – sprechend, schreibend, tanzend, schlagend – kommunizieren wir dann wirklich? Unser Kolumnist Ulrich B Wagner stellt zum heutigen Wort zum Freitag wahrlich quergedacht und quergeantwortete Gedankengänge und Fragen zusammen. Maßgebliche Rollen nehmen unsere (Un-)Fähigkeiten ein, uns selbst mitzuteilen und schlicht zu teilen, was uns bewegt. Denn auch Sehen, Erkennen und Anerkennen wie auch ihr Unterlassen prägen uns und unsere Sicht. Letztlich wird unser Standpunkt dabei grundlegend infrage gestellt.

When the days are cold
And the cards all fold
And the saints we see
Are all made of gold

When your dreams all fail
And the ones we hail
Are the worst of all
And the blood’s run stale

…………….

imagine dragons, demons

Über die Oberfläche in Zeiten der Konsenskultur

Was ist sie uns, die Mit-Teilung, unser Mit-Teilen, das der Anderen, die Worte, Botschaften, Messages?

Beschäftigung?

Massagen, wie es Marshall McLuhan in seinem heute noch fulminanten Buch The Medium is the Massage aus einem vielleicht auf den ersten Blick lächerlichen Tippfehlers des Buchsetzers oder Designers heraus entstandenen Buchtitels, jedoch auch ohne wahre Intention mit Sicherheit grandiosen Extrakt des Gemeinten, titulierte.

Die Mit-Teilung (Die Frage an dieser Stelle mit Verständnis ausklammernd, ob eine Mitteilung nun eine Botschaft, oder die Mitteilung doch nur einer Botschaft geschuldet sei).

Mit-Teilen: Was ist wo situiert?

Das Nichtanerkennen des (falschen) Gefühlten, des (echten) Selbst, muss es im Geiste einer (alten) neueren, eines (schlechteren) besseren Seins gar erzwungen werden?

Doch wie lange? In welchen Zeiten? In welcher Räumlichkeit? In welcher Konsequenz? Wem dient es überhaupt? Wem nützt es? Und wenn ich es benennen kann (könnte)? Gibt es das, so, denn überhaupt?  Ja, will es am Ende des Tages aber auch noch so verstanden werden, nicht nur in seinem Versuch, auch aus unserem eigenen Versuchen heraus?

Und? Und dann? So nebenbei und überhaupt?

In welchen Zeiten? In welchen Räumlichkeiten?
Ist es vielleicht doch, oh Schreck, nicht das, was auch die Kollegin Sybille Berg von DER SPIEGEL in ihrer sehr gelungenen Kolumne Besser leben durch Humor? Zum Lachen“ zum Ausdruck brachte:

Unsere eigene vermaledeite Schönwetter-Moralinität.

Erst kommt das Fressen, dann die Moral, sagte einmal Brecht. Vielleicht meinte Marie-Antoinette gar das Selbe, nicht nur das Gleiche, geschweige denn das zynische Paradoxon des Anderen, als sie auf die Antwort Ihre Hoheit, die Menschen haben kein Brot zum Essen auf ihre Frage, warum die Menschen revoltieren würden, entgeistert frug:

Warum essen sie dann keinen Kuchen?

Nicht-Sehen und Nicht-Verstehen

Nicht einmal des Versuchs?

Gar nicht einmal des Anerkennens des Unbekannten in seiner Unbekanntheit? Nein, des nur vom Hören und Sagen, der oberflächlichen second-hand Begegnung, der Mit-Teilung des Selbst ohne Bezug auf und mit dem Anderen, Fremden und Unbekannten geschuldeten Richtigkeit der eigenen Beschreibung und des eigenen Verständnisses des vermeintlich Unbekannten.

Der Beschäftigung mit dem Verbieten, dem Ausschluss, dem Nicht-sein-Können und Nicht-Sein-Dürfen des Anderen als dem ganzen eigenen, egozentrierten Seinsverständnisses des Anderen. Der bloßen Vermeidung der Zerstörung des Selbstverständlichen, der Selbstverständlichkeit des eigenen Blickens, Fühlens, Redens, Hören und Ergründens.

Aber warum? Woher kommt es? Wem nützt es? Was sagt es aus? Nicht nur das Gesagte, über mich, den Anderen, die Mit-Teilung per se?

Bekannte Probleme des Bewussten

Einverstanden, gerade neu sind die Fragen nicht. Mit Sicherheit nicht. Sie beschäftigen den Menschen seit Anbeginn, vom ersten, zarten, groben, wie auch immer gearteten (mit unserem Blick, aus unserem Leben, unserem Sein beurteilten und nicht einfach nur, wertfrei festgestellten, beschränkten, aus der Anerkenntnis dieses selbstbezogenen)  Versuchs, sich dem Anderen nicht nur sich MitzuTeilen, sich VerständlichzuMachens, sondern nicht auch – vielleicht einzig und allein – in diesem bewussten und/oder unbewussten Nicht-Teilens, der Abgrenzung und der Tatsächlichkeit des UnverständlichMachens (wie es Schulz von Thun sehr gut in dem Klassiker der Kommunikationspsychologie Miteinander reden so schön herausarbeitet).

Über das Warum

Was soll das also?

Ich will doch, dass ich verständlich bin, dass die anderen mich verstehen, würden Sie mir jetzt gerne erwidern?

Will ich das wirklich? Oder kann ich dies nur durch Ausgrenzung des Gefühls, des (vielleicht echten) Gefühls des tieferen, wenn vielleicht auch nicht unbedingt auch gleich echteren, seiner Form der Oberflächlichkeit geschuldeten ………

Ja, werden Sie mir erwidern. Die Anderen wollen doch nicht? Die Verständnislosen, die das Nicht-Verstehen-Wollen zu Ihrem Schwert, zu Ihren egoistischen Lebensweltlichkeit erkoren haben!

Mit-Teilen auf den Bühnen unseres Seins

Na dann.

Congratulation!!!!!!

So gesehen geht uns ja doch noch sehr gut! Oder nicht?

Vielleicht ermöglicht es uns ja aber auch, wenn auch fürs Erste, nicht nur einen verstohlenen Blick, sondern auch eine existenzielle Anerkennung dieser nicht nur verleugneten, sondern sogar geleugneten Hinterbühne? Unser aller Hinterbühnen, nicht nur der der Anderen. Nein, unserer eigenen, meiner, Ihrer, auch meiner eigenen Hinterbühnen; der Hinterbühne der Sozialität, des Selbst, der Identität, im Sinne Ervin Goffmans, der dieses Phänomen in Wir Alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag herausarbeitete?

Wer weiß?

Ich für meine Fälle, höre jetzt erst einmal Musik:


(Quelle: YouTube)

Ihr

Ulrich B Wagner

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?