Mittelstand rechnet mit Rezession in Europa – Geschäft in den Krisenstaaten läuft aber überraschend stabil

Die deutschen mittelständischen Unternehmen sehen in der Staatsschuldenkrise in Südeuropa eine Gefahr für das eigene Geschäft. In einer repräsentativen Umfrage der DZ BANK unter 1.000 mittelständischen Unternehmen in Deutschland vertraten nahezu drei Viertel aller Befragten die Auffassung, dass die Krise zu einer gesamteuropäischen Rezession führen wird. Zudem rechnet jedes zweite Unternehmen damit, dass sich die Probleme Südeuropas in den kommenden zwölf Monaten negativ auf die eigene Geschäftsentwicklung in der Bundesrepublik auswirken werden. Zwar ist nahezu jeder vierte deutsche Mittelständler der Umfrage zufolge direkt in den südeuropäischen Staaten aktiv. Doch hat das Gros dieser Unternehmen überraschenderweise den dortigen Umsatz seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise vor zwei Jahren gehalten und erwartet, dass sich die Südeuropa-Erlöse auch in den nächsten zwölf Monaten nicht reduzieren werden. Die generelle Neigung der Mittelständler, durch direkte Investitionen die Wirtschaft in den südeuropäischen Krisenstaaten zu stützen, ist recht gering. Nur jedes siebte wäre dazu bereit.

Konkret rechnen der Umfrage zufolge 71 Prozent der deutschen Mittelständler damit, dass die südeuropäische Staatsschuldenkrise zu einer Rezession in Gesamteuropa führen wird. Dabei schätzen sowohl die kleineren als auch die mittelgroßen Unternehmen die Entwicklung nahezu gleich pessimistisch ein. Lediglich die großen Mittelständler mit einem Umsatz von über 50 Millionen Euro sind etwas optimistischer. Von diesen erwarten aktuell 60 Prozent eine Rezession in Europa.

Über alle Unternehmensgrößen hinweg recht einheitlich fielen auch die Meinungen zur Geschäftsentwicklung in Deutschland aus. Exakt die Hälfte aller befragten Mittelständler geht davon aus, dass sich die südeuropäische Staatsschuldenkrise in den nächsten zwölf Monaten negativ auf ihr hiesiges Geschäft auswirken wird. In diesem Punkt geben sich die großen Mittelständler besonders pessimistisch. 59 Prozent von ihnen prognostizieren negative Auswirkungen auf ihr Deutschland-Geschäft. Zudem äußersten sich auch überdurchschnittlich viele Unternehmen aus exportorientierten Branchen, wie beispielsweise aus der Chemie- und Kunststoffindustrie, negativ. Unternehmen aus Branchen, die typischerweise vor allem auf den heimischen Markt ausgerichtet sind, zeigten sich dagegen relativ optimistisch. So rechnen beispielsweise nur 37 Prozent der Unternehmen aus der Bauwirtschaft mit negativen Auswirkungen der Schuldenkrise auf ihr Deutschland-Geschäft.

Schuldenkrise hat für Mittelstand hohe Relevanz

"Die Zahlen belegen, dass die Staatsschuldenkrise inzwischen auch für den deutschen Mittelstand eine große Relevanz hat und auf die Geschäftsentwicklung ausstrahlt. Und dies, obwohl nur eine vergleichsweise überschaubare Zahl der Unternehmen direkt in Spanien, Italien, Griechenland oder Portugal engagiert ist, und sich ihr dortiges Geschäft bislang sogar recht stabil gezeigt hat", sagt Andrej Gontscharow, Abteilungsleiter im Auslandsgeschäft mit mittelständischen Firmenkunden in der DZ BANK.

So unterhalten 22 Prozent aller deutschen Mittelständler tatsächlich Geschäftsbeziehungen nach Südeuropa. Besonders stark engagiert sind dabei naturgemäß die großen Mittelständler mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz. Von diesen sind 41 Prozent in Südeuropa aktiv, wohingegen lediglich 13 Prozent der kleinen Mittelständler mit weniger als 5 Millionen Euro Umsatz angaben, Geschäft in den Krisenstaaten zu machen. Auch branchenspezifisch klaffen die Werte hier deutlich auseinander. Besonders in Südeuropa engagiert sind demnach die Mittelständler aus dem Bereich Chemie/Kunststoff (44 Prozent) und aus dem Metall- sowie Kfz-Bereich und dem Maschinenbau (38 Prozent).

Hohe Umsatzanteile im europäischen Geschäft

Dabei ist die überwiegende Mehrheit der in Südeuropa engagierten deutschen Mittelständler generell international aufgestellt und stark exportorientiert. Nahezu jedes fünfte dieser Unternehmen erzielt über die Hälfte seines Gesamt-Umsatzes im europaweiten Geschäft, ein weiteres knappes Drittel macht in den europäischen Staaten außerhalb Deutschland zwischen 30 und 50 Prozent seines Umsatzes. Das Gros der Mittelständler setzt dabei im Auslandsgeschäft auf den reinen Export. Dies gilt für zwei Drittel aller Unternehmen mit Auslandsengagements.

Der Umsatz, den die Unternehmen in den südeuropäischen Staaten erzielen, ist trotz der Staatsschuldenkrise vergleichsweise stabil geblieben. 58 Prozent der dort engagierten Mittelständler gab an, dass sich ihre Südeuropa-Erlöse in den vergangenen zwei Jahren nicht verändert hätten. Sieben Prozent konstatierten sogar steigende Umsätze. Gefallen ist er bei über einem Drittel der Firmen, bei elf Prozent der Unternehmen sogar um über 40 Prozent. Dabei hat sich die Situation in Italien und in Spanien mit deutlichem Abstand am stärksten auf die deutschen Mittelständler ausgewirkt. Die Entwicklung in Griechenland und Portugal spielt dagegen nur eine vergleichsweise kleine Rolle.

Zwei Drittel rechnen mit gleichbleibendem Geschäft in Südeuropa

Auch die Geschäftserwartung mit den südeuropäischen Krisenstaaten fällt nicht so eindeutig aus, wie man angesichts der vielen schlechten Nachrichten aus diesen Ländern erwarten könnte.
So rechnen zwar gut ein Viertel der im Süden engagierten der Mittelständler damit, dass sich ihr dortiger Umsatz bis zum Sommer nächsten Jahres verringern wird, aber zwei Drittel gehen von gleich bleibenden Erlösen aus und nahezu jeder zehnte erwartet sogar einen steigenden Umsatz im Geschäft mit diesen Staaten.

Wenig ausgeprägt ist das Interesse des deutschen Mittelstands, direkte Investitionen in den betroffenen Ländern zu tätigen und damit die Absatzmärkten in den dortigen Staaten zu stärken. Nur 14 Prozent aller mittelständischen Unternehmen wäre dazu unter gewissen Umständen bereit. Unter den Firmen, die in Südeuropa geschäftlich engagiert sind, ist dieser Anteil allerdings deutlich höher. Hier könnte sich immerhin jedes vierte Unternehmen eine solche Maßnahme vorstellen. Von diesen nannten als wesentliche Bedingung dafür so gut wie alle einen geringen bürokratischen Aufwand. Für die Unternehmen deutlich weniger relevant sind dagegen niedrige Personalkosten und eine Förderung durch die EU.

Die Daten wurden in der Zeit vom 25. Juni bis 6. Juli 2012 im Rahmen einer telefonischen Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut Enigma GfK erhoben. Die Stichprobe von 1001 ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Deutschland.

Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage können Sie hier abrufen.

(Quelle: DZ Bank)
 

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