Montagefehler schnell erkannt – neuartiges Prüfsystem auch für kleine Stückzahlen

Schleichen sich bei der Montage von Bauteilen Fehler ein, ist oft eine teure Nachbearbeitung nötig. Eine automatische Prüfung ist vor allem bei individuellen Produkten schwierig. Ein neuartiges Prüfsystem funktioniert auch bei kleinen Stückzahlen flexibel und wirtschaftlich. Zu sehen ist es auf der Messe Control vom 8. bis 11. Mai in Stuttgart (Halle 1, Stand 1502).

Autos werden immer individueller gefertigt: Während der eine Kunde elektrische Fensterheber, beheizbare Außenspiegel und die Schaltknöpfe fürs Radio am Lenkrad wünscht, genügt dem anderen die minimale Grundausstattung. Ähnlich ist es bei Flugzeugen: Jede Airline hat andere Ansprüche an den Innenausbau – Beleuchtung, Belüftung, Sitze und Monitore sind jeweils anders angeordnet. Was dem Kunden große Freiheit bietet, stellt die Hersteller jedoch vor Herausforderungen. Da beim Flugzeugrumpf einzelne Anbauteile und Halterungen an jeweils unterschiedlichen Stellen angebracht werden müssen, ist eine automatisierte Montage oft nicht wirtschaftlich. Stattdessen setzen die Hersteller bei zahlreichen Montageschritten auf Handarbeit. Schleichen sich dabei jedoch Fehler ein – wird etwa ein Winkel falsch herum oder nicht an der richtigen Position montiert – kann es später teuer werden. Der Rumpf muss aufwändig nachbearbeitet werden. Bisher kontrollieren Mitarbeiter anhand von Konstruktionszeichnungen, ob die einzelnen Anbauteile richtig angebracht wurden, oder die Hersteller setzen starre und unflexible Prüfsysteme ein, die das Bauteil über Vergleichsfotos kontrollieren. Dazu braucht es allerdings ein exakt baugleiches Teil für das Vorlagefoto – eine schwierige Sache, wenn es sich um Einzelstücke handelt.

Prüfsystem warnt bei Abweichungen

Forscher am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben eine Prüftechnologie entwickelt, die auch bei Einzelstücken zuverlässig und wirtschaftlich funktioniert. »Das automatisierte optische Prüfsystem erstellt eine digitale Vorlage, mit der es die montierten Bauteile abgleicht. Fehler erkennt es zuverlässig«, sagt Steffen Sauer, Projektleiter für die Mess- und Prüftechnik am IFF. Ein automatisiertes Kamerasystem nimmt zunächst viele hundert Fotos von einzelnen montierten Haltern, Tragelementen und Anbauteilen an der Innenseite einer Flugzeugrumpfschale auf. Zu jedem Foto bestimmt das System zusätzlich die exakte Position der Kamera zur Rumpfschale. Parallel dazu erstellt die Software die gleichen Aufnahmen noch einmal – allerdings mit einer »virtuellen« Kamera. Sie fertigt quasi »Fotos« aus den Daten des digitalen Konstruktionsmodells. Die Aufnahmen von den realen Anbauteilen vergleicht das System mit den »virtuellen« Fotos. Spürt das System Abweichungen auf – ist etwa ein Winkel falsch herum montiert – warnt es und zeigt fehlerhaft montierte Bauteile am Bildschirm an. Alle Schritte laufen vollautomatisch ab.

Optimale Messposition wird ermittelt

Zusätzlich zur zweidimensionalen Prüfung über die Fotos kann das System den fertigen Flugzeugrumpf auch in drei Dimensionen kontrollieren: Ähnlich wie bei den Fotos erstellt es aus den Konstruktionsdaten dreidimensionale Daten, die es dann mit Messungen an der realen Baugruppe vergleicht. Die Bauteile werden dabei über gängige 3D-Messmethoden digitalisiert. »Neu an dem System ist, dass wir die Vorgaben aus den Konstruktionsmodellen in Bilder und 3D-Daten umwandeln, die das System dann mit den realen Aufnahmen vergleichen kann«, sagt Sauer. Auch den Prüfplan erstellt das System eigenständig: Zunächst ermittelt es für jedes zu prüfende Teil die optimale Messposition. Die Ergebnisse gibt es an den Roboter, der die entsprechenden Stellen anfährt und die zwei- oder dreidimensionalen Bilder aufnimmt. Das bietet einen weiteren Vorteil: Auf Änderungen kann das System so schnell und flexibel reagieren. Es entsteht ein durchgängiger Prozess von der Konstruktion bis zum fertig montierten Teil.

Die Herausforderung für die Forscher lag vor allem darin, die virtuelle Kamera aufzubauen, die anhand der Konstruktionsmodelle das noch nicht existierende Bauteil »fotografiert«. Ein weiterer Knackpunkt war es, aus den vielen Millionen Punkten der dreidimensionalen Aufnahmen die interessanten Bereiche schnell und automatisch herauszusuchen, also in der Vielzahl von Punkten die kleinen Bauteile wie Winkel und Halter aufzuspüren und zu prüfen, ob sie richtig angebracht sind.

Die Anwendungsfelder für die Prüftechnologie sind vielfältig: Sie kann überall eingesetzt werden, wo Flexibilität gefragt ist und sich Anbauteile oft ändern. Einzige Bedingung: Es müssen Konstruktionsdaten vorliegen.

Auf der Messe Control vom 8. bis 11. Mai in Stuttgart stellen die Forscher die Technologie auf dem Stand der Fraunhofer-Allianz Vision vor (Halle 1, Stand 1502). Im Sommer 2012 soll das Verfahren einsatzbereit sein.

(Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft)

 

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