Multisensorik (Teil 2): Ästhetik und Schönheit sorgen für Umsatzzuwachs

Unser Gehirn ist besessen von Ästhetik und Schönheit. Gutaussehende Personen erhalten höhere Gehälter. Sie genießen mehr Ansehen und mehr Vertrauen. Und sie werden schneller befördert. Wer solche Spielregeln kennt, kann auch in der Welt der Produkte, der Marken und des Designs durch eine ansprechende Optik ordentlich punkten.

Hässlichkeit verkauft sich schlecht. Wohlgeformte Produkte, optische Schönheit und Ästhetik hingegen erzeugen Verlangen. Beides sorgt auch für mehr Preistoleranz. Verbunden mit einer wegweisenden Technologie ist ein ansprechendes Design dann unschlagbar. In der Industrie 4.0 wird es dazu ein reiches Betätigungsfeld geben.

Was wir sehen, aktiviert mentale Konzepte

So wie wir vom Schriftbild einer Speisekarte auf die Kochkünste des Maitre schließen, so schließen wir aufgrund von Farbe, Schriftzug und Machart einer Broschüre auf die Leistungsfeatures einer Maschine. Ist die Typo grob, erwarten wir eine bodenständische Küche. Feine, elegante Schriften deuten auf Sterne-Niveau. Auch in Online-Shops schließen wir von Look & Feel auf die Qualität und den Preis. Das eigene Verständnis von Ästhetik prägt die Vorstellung.

Farben sorgen für einen Wettbewerbsvorteil. So haben einige Unternehmen eine Farbe derart in Besitz genommen, dass man sie sofort mit ihnen verbindet. Denn Farben kommunizieren. Sie symbolisieren Stimmungen und lassen auf Eigenschaften schließen. So sprechen wir von kalten und von warmen Farben. Rot ist warm, aber auch aggressiv. Es ist die Farbe des Handelns. Blau wirkt seriös und steht für Kühle und Distanz. Grün ist beruhigend, die Farbe der Natur, der Harmonie, der Gesundheit.

Kräftiges Gelb und grelles Orange sind Signalfarben, sie vitalisieren und stehen für Optimismus, aber auch für Schnäppchen und Sonderpreise. Silber steht für Technologie und Effizienz. Schwarz und Gold sind die Farben der Macht und des Luxuslebens. Farben wirken übrigens noch emotionaler, wenn man ihnen bildhafte Namen gibt, also zum Beispiel pechschwarz, kornblumenblau, kirschrot oder pfefferminzgrün.

Auch die Farbwahl entscheidet über Erfolg

Ästhetik und Farbpräferenzen sind geschlechterspezifisch. Und nein, die Lieblingsfarbe der Frauen ist nicht Pink. Bei Männern steht Pink sogar am Ende der Beliebtheitsskala. Darum nennt die Telekom ihre Markenfarbe wohl nicht Pink, sondern Magenta. Klarer Favorit bei beiden Geschlechtern ist übrigens Blau, gefolgt von Rot und Grün.

Blau ist deshalb auch die Farbe der Weblinks. Professionelle Onlineanbieter haben sogar intensiv ausgetestet, welcher Blauton am besten performt. Und ein Experiment der Marketingplattform Hubspot ergab, die beste Farbe für Call-to-Action-Schaltflächen sei Rot. Diese erzielten über 21 Prozent mehr Aufmerksamkeit als grüne Schaltflächen.

Entspricht eine Farbe nicht den Erfahrungen und Erwartungen, ist man verwirrt. So darf ein Vanilleeis nicht schokobraun sein. Und ein Himbeereis braucht ein entsprechendes rot. Rot signalisiert Reife und Süße. Gelb verbinden wir mit Zitronenaroma, Grün mit einem säuerlichen oder herben Geschmack. Das erklärt zum Beispiel, weshalb in der Gummibärchen-Tüte doppelt so viele rote wie grüne Exemplare stecken.

Menschen haben im Hirn erste Priorität

Wenn unser Hirn sich Bilder anschaut, sucht es darin immer zuerst nach Menschen. Das wurde mit Augenkameras ausgetestet. Menschen haben Vorrang vor Dingen. Ein Gesicht zieht jeden Betrachter wie magisch an, und im Gesicht sind es besonders die Augen. Also gilt es, dafür zu sorgen, dass das Gesicht dorthin schaut, wo ein wichtiger Inhalt ist. Warum das funktioniert? Vollautomatisch folgen wir der Blickrichtung eines anderen Menschen, denn im Zweifel sieht der etwas, was wir nicht sehen können. Auch hier ist Ästhetik wichtig.

Solches Wissen kann auch den Produkten helfen, die Sie verkaufen wollen. Blättern wir beispielhaft durch das Prospektmaterial für einen Kran. Da steht er in seiner Herrlichkeit. Von unten fotografiert, schön und nagelneu ragt er beeindruckend hoch in den stahlblauen Himmel. Zahlen über Zahlen zeugen von der Ingenieurskunst des Herstellers und messen eitel seine Dimensionen.

Doch das Führerhaus: leer! Niemand da, der dieses Prachtstück beherrscht. Dem frischgebackenen Kranführer mag es mulmig werden, das Ding ist ihm (noch) eine Nummer zu groß. Und was wird er sagen? „Zu teuer, das Teil. Der alte tut’s noch ’ne Weile.“ Wie sich der Kran emotionalisieren lässt? Man bringt den Kranführer groß raus! Man zeigt also, wie er das Gerät souverän meistert, und wie er sich dabei fühlt. In die Computersimulation wird das Gesicht des potenziellen Kunden hineinmontiert. Wie wichtig uns das eigene Foto ist, zeigt schon die nicht enden wollende Selfie-Manie.

Der Sehsinn in der digitalen Welt

Auch im Internet funktionieren Bilder mit Menschen am besten. Selbst grafische Stellvertreter (Avatare) und menschenähnliche interaktive Helfer werden, wie WhiteMatter Labs bei Forschungsarbeiten herausgefunden hat, auf der Website als Erstes betrachtet. Auf deren Mimik reagierten die Versuchspersonen mit einer Steigerung der emotionalen Aktivierung. Eine hohe Ästhetik in der Gestaltung steigert die Erfolgsaussichten.

Und sie folgen den Handbewegungen des virtuellen Beraters. Solches Wissen erschließt den Anbietern die Möglichkeit, die Blicke der Internet-User gezielt zu steuern und das Kauf-Ja zu fördern. Besonders viel Wohlwollen entsteht, wenn der digitale Einkaufsbegleiter nach dem Klick auf einen Aktionsbutton lächelt. Ein deutliches Umsatzplus ist dann die Folge.

Solche Mechanismen werden zum Beispiel via Eye-Tracking ermittelt. Dabei folgt eine Kamera dem Blickverlauf der Probanden und erstellt eine sogenannte Heat-Map mit den Punkten, die besonders intensiv betrachtet wurden. So können im Internet verschiedene Motive auf ihre Wirkung hin live getestet und zügig optimiert werden.

Warum VR-Brillen zum Verkaufsschlager werden

Jede Art von Bewegung erreicht unsere Neuronen schneller als statische Informationen. Denn Bewegungen signalisieren dem archaischen Hirn eine potenzielle Gefahr. Andererseits sind Bewegungen sehr faszinierend, weil mehrere Sinne daran beteiligt sind.

Der erwartete Hype von Virtual-Reality-Brillen ist geradezu logisch, wenn man Multisensorik versteht. Denn mehrfach sinnliche Erfahrungen und Mittendrin-Erlebnisse sind nun mal stärker als Texte und statische Fotos. Deshalb wird dieser neue Touchpoint, den ich in meinem Buch Touch.Point.Sieg näher beschreibe, ganz sicher eine Erfolgsstory werden. Denn deren Einsatzmöglichkeiten sind überaus faszinierend.

Doch egal, was damit alles möglich sein wird: Unser Verlangen nach Ästhetik wird niemals erlöschen, solchen Zauber, soweit machbar, leibhaftig zu erleben, magische Momente einzufangen, den Emotionen freien Lauf zu geben und neue Eindrücke mit eigenen Augen einzufangen. Denn wir Menschen sind Gefühlswesen – durch und durch. Und wir sind Augentiere.

Das Buch zum Thema

Kommunikation, Anne M. Schüller, Marketing
Touch.Point.Sieg. ist das aktuelle Buch von Businesscoach Anne M. Schüller. (© Anne M. Schüller)

Anne M. Schüller

Touch.Point.Sieg.

Kommunikation in Zeiten der digitalen Transformation

Gabal Verlag 2016, 380 Seiten, gebunden, 29,90 Euro

ISBN: 978-3-86936-694-4

Zur Bestellung

 

Weiterbildung Kundenmanagement: Ausbildung zum zertifizierten Customer Touchpoint Manager vom 26. bis 28. August 2016 in München

Über die Zukunft eines Unternehmens entscheidet, was an den Touchpoints in den „Momenten der Wahrheit“ zwischen Anbieter und Kunde tatsächlich passiert. Deshalb brauchen Unternehmen nicht nur ein Customer Touchpoint Management, sondern auch einen Customer Touchpoint Manager. Seine Kernaufgabe ist es, eine hundertprozentige Kundenorientierung zu ermöglichen und abteilungsübergreifend ein durchgängig positives, begeisterndes, verlässliches und vertrauensvolles Kundenerlebnis sicherzustellen.

Die dreitägige Ausbildung zum zertifizierten Customer Touchpoint Manager richtet sich vor allem an ambitionierte Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing und Kundenservice, die im Kontext unserer neuen Businesswelt und mithilfe dieser Zusatzqualifikation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Arbeitgeber sichern wollen. Sie findet vom 26. bis 28. August 2016 in München statt. Zu weiteren Informationen und zur Anmeldung geht’s hier.

Über Anne M. Schüller

Anne M. Schüller; Belange der Kunden
(Bild: © Anne M. Schüller)

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der deutschen, schweizerischen und österreichischen Wirtschaft. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager aus. Weitere Informationen: www.anneschueller.de und www.touchpoint-management.de.

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