Effizienz: Neue Prozesse und Anlagenkonzepte für ressourcensparende Karosserielackierung

Über die Hälfte der Energie der gesamten Karosserieproduktion benötigt derzeit die Lackierung. Grund genug für das Fraunhofer IPA, sich gemeinsam mit Automobil-, Anlagen- und Lackherstellern im Rahmen eines Verbundprojekts um die Prozessschritte Spritzlackieren und Trocknen zu kümmern, in denen die bedeutendsten Energie- und Ressourceneinsparpotenziale der Karosserielackierung liegen.

Unter der Leitung des Fraunhofer IPA wurden im Rahmen des Verbundprojekts »Energieeffiziente Lackierung« kurz-, mittel- und langfristig umsetzbare Technologien neu- bzw. weiterentwickelt, die im Bereich der Spritzlackierung und der Lacktrocknung eine erhebliche Verminderung des Energie- und Ressourcenverbrauchs ermöglichen. Bewertet wurden dabei die Wirtschaftlichkeit, die Umsetzbarkeit und die ökologische Bilanz. Das Verbundprojekt »Energieeffiziente Lackierung« war Teil der Innovationsallianz »Green Carbody Technologies« (InnoCaT®) und umfasste drei Vorhaben.

Lackieren ohne Lackverlust

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Einer der drei untersuchten Ansätze zur oversprayfreien Beschichtung am Beispiel der selektiven Beschichtung einer Motorhaube / Fraunhofer IPA

Im ersten Vorhaben »Verlustfreie Lackierung« lag der Schwerpunkt auf oversprayfreien Beschichtungsverfahren als wirksamste Voraussetzung zur Minimierung des Energie- und Materialeinsatzes bei der Spritzlackierung. Erforscht und in Prototypen umgesetzt wurden dabei drei unterschiedliche Lösungsansätze für die verlustfreie Beschichtung. Bei der Vermeidung von Overspray reduziert sich der Energieeinsatz zur Lackierkabinenbelüftung auf einen Bruchteil der heutigen Werte. Die mit der oversprayfreien Lackapplikationstechnik erzielbare selektive randscharfe Lackierung ermöglicht zudem bei der Beschichtung von Teilflächen oder bei der Applikation von Dekorationen den Verzicht auf eine Maskierung. Dies spart Zeit sowie Personal-, Material- und Entsorgungskosten.

Lacktrocknung: Nur so viel Energie wie nötig

Sowohl wirtschaftlich umsetzbare Maßnahmen in bestehenden Anlagen (»Brownfield«) als auch energieeffiziente Trocknerkonzepte in Verbindung mit der Planung neuer Lackieranlagen (»Greenfield«) standen im Fokus des zweiten Teilprojekts »Energieeffiziente Trockner«.

Die größten Energieeinsparpotenziale bei »Greenfield«-Projekten zeigten sich im Bereich der Anlagentechnik zur Reinigung der Abluft aus dem Elektrotauchlack-, Füller- und Klarlacktrockner. Als sehr effektive und wirtschaftliche Maßnahmen stellten die Lackiertechnik-Experten im Rahmen des Vorhabens neue Konzepte zur Minimierung der zu reinigenden Abluftvolumenströme sowie zur Abwärmenutzung vor.

Ein weiteres »Greenfield«-Konzept mit signifikantem Energieeinsparpotenzial stellt die skidlose Karosseriefördertechnik dar. Ohne die klassischen Karosserieträger (»Skids«) muss erheblich weniger Masse aufgeheizt werden.

Die mit Hilfe der numerischen Simulation entwickelten neuen Anströmdüsen stellen ein Beispiel für »Brownfield«-Maßnahmen dar.

Der gezielte Wärmeeintrag in die Karosserie beschleunigt die Aufheizung dickwandiger Bereiche, ohne dass dünnwandige bzw. wärmeempfindliche Bereiche überhitzt werden. Eine kürzere Trocknungszeit bzw. Trocknerstrecke, verbunden mit einem geringeren Gas- und Stromverbrauch, ist dadurch möglich.

Mit modularer Karosserieproduktion zu effizienterer Lackierung

Die Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im dritten Vorhaben »Modulares Produkt-/Lackierkonzept« zeigen, dass sich durch ein modulares Karosserieproduktionskonzept die Lackierung zukünftig wesentlich kompakter und effizienter gestalten lässt. Entscheidend ist dabei die konsequente Nutzung der energie- und materialrelevanten Vorteile der Einzelteilelackierung. So können beispielsweise alle Teile substratspezifisch optimierte Prozesse durchlaufen. In die Ergebnisse sind auch die Erkenntnisse aus den beiden parallel laufenden Vorhaben des Verbundprojekts »Energieeffiziente Lackierung« eingeflossen. Dabei wurde das neue Konzept von der Prämissenerstellung über die ökologische und ökonomische Bewertung bis hin zur Absicherung durch Materialflusssimulation und Technikumsversuche durchleuchtet.

Maßgeblich zum Erfolg beigetragen hat dabei die konstruktive Zusammenarbeit der Projektpartner Audi, Daimler, Dürr, Eisenmann, Fraunhofer IPA, Mankiewicz und Wörwag. Die Erprobung innovativer Ansätze in Prototypen-Anlagen sowie die Beschichtung von realen Karosserieteilen haben die produktionstechnische Machbarkeit der Technologien anschaulich demonstriert. Unterstützend haben in vielen Fällen Spezialisten aus dem Kreis der Projektpartner numerische Simulationen durchgeführt.

Die Innovationsallianz InnoCaT® hat sich zum Ziel gesetzt, eine nachhaltige Reduzierung des Energiebedarfs in der Karosseriefertigung zu erreichen. Dazu schlossen sich drei produktionstechnische Fraunhofer-Institute sowie 60 Firmen zusammen, um unter der Koordination des Fraunhofer IWU innovative Prozesse mit dem Ziel der Ressourcen-Einsparung zu entwickeln. Alle 30 Vorhaben wurden Ende 2012 erfolgreich abgeschlossen. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF) im Rahmenkonzept »Forschung für die Produktion von morgen« (Förderkennzeichen: 02PO2270) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTkA) betreut.

(Fraunhofer IPA)

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