Photovoltaik – Stand der Dinge – wie weiter?

Bis zum Ende des laufenden Jahres 2012 werden weltweit ganze 100 GW an PV Generatoren installiert sein und Strom produzieren. Das entspricht einer PV Halbleiteroberfläche insgesamt 2x so groß wie der Genfer See. Eine echte industrielle Revolution, die ihresgleichen sucht: der globale PV Markt ist gerade mal ein paar Jahre alt; vor 2004 gab es ihn in dieser Dimension nicht.

Die Höhe der globalen Neuinvestitionen in PV in 2012 werden die vom Vorjahr nicht ganz erreichen, als sie zum ersten Mal die 100 Milliarden € Marke knackte. Der Grund: in diesem Jahr werden mit etwa 30 GW global nur unwesentlich mehr als 2011 zugebaut werden bei gleichzeitig neuerlichem Preisverfall der PV Module am internationalen Markt.

Wichtig ist die mit dem Markt einhergehende soziale Dimension: in nur wenigen Jahren wurden Hundert-Tausende neue Arbeitsplätze geschaffen, in Deutschland, den USA und China jeweils mehr als 100 000.

In Deutschland ist PV zur Volksbewegung geworden: mit über 32 GW wird das Land Ende 2012 über ein Drittel des weltweit installierten PV Parks verfügen. In 2012 werden noch einmal etwa 7 GW dazugekommen sein. China könnte dieses Jahr mit 5 bis 7 GW Neuinstallationen am globalen Markt die Nummer 2 werden, gefolgt von den USA und Japan, wo in diesem Jahr jeweils von etwa 3 GW an Zubau ausgegangen wird. Frankreich und Italien werden mit jeweils über 1 GW an PV Neuinstallationen ebenfalls in der Spitzengruppe vertreten sein. So verbreitert sich der Weltmarkt der PV unaufhaltsam, von Kanada bis Chile, von England bis Griechenland, von Australien bis Indien. Es gibt auch die bekannten Rückwärtsbewegungen wie etwa in Spanien und in Tschechien, aber der globale Trend geht massiv nach oben.

Bis 2020 erwartet man allgemein eine Aufholjagd von China und Japan – im geringeren Masse von den USA – auf den globalen Spitzenplatz. Nach neuesten Verlautbarungen soll China bis dahin 50 GW installiert haben, genau soviel wie Deutschland , das also noch einmal etwa 18 GW in den nächsten 8 Jahren zubauen müsste; für die deutschen Enthusiasten ein Klacks!

Der globale PV Markt kommt von weither. Es war ursprünglich ein spezifischer Markt für die Energieversorgung von Satelliten im Weltraum: PV war exklusiv und sehr teuer. Wir Pioniere in Europa und den USA kämpften seit den 1970er Jahren für die Anwendungen auf der Erde „on everybody’s roof“. Dazu gehörte das Ziel von $1 pro Watt Spitzenleistung. Wir wollten ja von Anfang an die Wettbewerbsfähigkeit der PV am Energiemarkt – und nicht nur weil wir es so lieben, wegen „seiner blauen Augen“. Da haben die Vertreter dieses Energiemarktes von jeher nur müde gelächelt…

Aber es wurde geschafft: im Juni dieses Jahres sank der PV Modulpreis auf $ 0,75/W, also etwa 60 € cent am Spotmarkt. Viel weiter abwärts kann es nun nicht mehr gehen, der Rest ist eine Frage für die Infinitesimalrechnung.

Bemerkenswerterweise wurde dieser Traumpreis mit Modulen aus kristallinen Siliziumzellen erreicht. Das hat natürlich Konsequenzen für die Dünnschichtmodule, die entgegen den Erwartungen auch nicht billiger in der Herstellung sind; statt sich am Weltmarkt auszuweiten, ist der Anteil aller Dünnschichtmodule seit einem Jahr zurückgegangen.

Bekanntlich ist der dramatische Rückgang der PV Modulpreise auch der Grund, warum der Markt so explodieren konnte. Aber, wie das deutsche „Bonmot“ so treffend sagt, „Wat den Eenen sin Uhl (Eule=Unglück), ist den Annern sin Nachtigall (Glück)“, oder umgekehrt. „The Washington Post“ bemerkte am 19. Juni diesen Jahres, dass der PV Markt letztlich exponentiell gestiegen ist.

Die PV Industrie dachte aber zu Unrecht wohl, dass das immer so weiter gehen würde: die Folge war eine extreme Überkapazität der produzierenden PV Industrie in aller Welt; und das hatte Folgen: an den Börsen sackten die Werte der PV Produzenten um bis zu 98% ein; Dutzende von Firmen, auch in China gingen pleite: besonders betroffen waren übrigens die innovativen Hersteller der Dünnschichtmodule.

Mitte 2012 gab es so gut wie keinen Modulhersteller, der noch Profite machte, auch nicht in China! Für die Industrie das „Tal der Tränen“ oder wie die Amerikaner sagen „the Valley-of-Death“. Dass deswegen ein deutscher Industrieller der PV meint, er muss einen Handelskrieg mit China provozieren, eher absurdes Theater!

Wie steht es also heute mit der Wettbewerbsfähigkeit der PV am Strommarkt? Man muss unterscheiden zwischen dem Preis im Netz und dem Preis beim Verbraucher.

Im Netz kann die PV heute noch nicht konkurrieren, und die Förderung ist weiter unabdingbar. Das EEG, der treibende Motor des bisherigen Markterfolges, das ja die Netzeinspeisung zum Ziel hat, kann nicht so einfach zusammengestrichen werden, wie die Politik sich das neuerdings vorgenommen hat. Einflussreiche konservative Kreise schlagen auch Deckelungen des PV Marktes vor, als seien wir in der kommunistischen Planwirtschaft. Also, das EEG muss konsequent weitergeführt und weiterentwickelt werden!

Andererseits kann die PV für den Eigenverbrauch schon absolut wettbewerbsfähig sein. Das gilt heute etwa für Italien und Deutschland. In Deutschland liegt der Preis des Haushaltsstroms heute (Ende 2012) bei 27 Cent, während der PV Strom vom eigenen Dach für Gestehungskosten von etwa 18 Cent zu haben ist. Deutschland hat zwar, genau wie Japan und die USA, über 1 Million mit PV bestückte Gebäude, aber da wird statt für den Eigenverbrauch eher für den Absatz am Netz produziert.

Die heute in Deutschland installierte PV Kapazität von über 30 GW entspricht der Anschlussleistung von etwa 10 Millionen mittleren Haushalten – also einem Viertel aller Haushalte im Land. Auch der Jahresstromverbrauch von etwa 3000 kWh pro Haushalt könnte damit bereitgestellt werden. Da aber PV Produktion und Verbrauch im Haushalt nicht synchron sind, muss man bei heutigen Verhältnissen zum Ausgleich auf das Netz zurückgreifen.

Die Idee der „Plusenergiehäuser“, die besonders auch in der Schweiz verfolgt wird, macht deutlich, dass sogar mehr als eine Komplettversorgung der Gebäude mit Strom daher ohne weiteres möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Schweiz von jeher eine Vorreiterrolle bei der architektonisch gelungenen Integration der PV in die Gebäude gespielt hat.

Nicht zuletzt hat dabei die Vorführung solcher Vorreiterarchitektur in der Öffentlichkeit durch den Schweizer Solarpreis eine Rolle gespielt. Das ist ganz besonders das Verdienst von Gallus Cadonau, der seit 1991 diesen Preis konsequent in diesem Sinne weiterentwickelt hat.
 

Quelle: Dr. Wolfgang Palz 2012

Langjähriger Leiter des Entwicklungsprogramms der Erneuerbaren Energien bei der EU | Herausgeber des Buchs „Power for the World“

 

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