Pro und Contra öffentliches Mitarbeiter-Feedback

Für Unternehmen sind Empfehlungen wahres Gold wert. Auch in Sachen Mitarbeitergewinnung beziehungsweise -bindung. Kaum etwas wirkt auf eine hoch qualifizierte Fachkraft derart attraktiv wie die positiven Erfahrungen, die andere Angestellte mit ihrem Arbeitgeber gesammelt haben. Natürlich birgt öffentliches Mitarbeiter-Feedback Gefahren. Etwa wenn ein frustrierter Arbeitnehmer mal so richtig schön vom Leder zieht.

In ihrem heutigen Beitrag zur Touchpoints-Montags-Themenserie erklärt Anne M. Schüller, wie Sie als Unternehmen herausfinden, was die Belegschaft über Sie als Arbeitgeber im Netz so erzählt und wie Sie die Basis für einen minutiösen Krisenplan legen – nur für den Fall, dass die Kritik eskaliert.

Wer will, kann alles erfahren

Wie ich bereits im Beitrag von letzter Woche – Stethoskop statt Megafon: Empfehler sind die neuen Marketer – betonte, gibt es nichts, was mehr für ein Unternehmen spricht als Empfehlungen. Empfehlungen anderer Kunden sind im Idealfall sogar Vorverkäufer. Ähnlich verhält es sich bei der Mitarbeiterrekrutierung. Nicht Stellenanzeigen und Arbeitgeber-Hochglanzbroschüren, sondern enthusiastische Mitarbeiter, die als glaubwürdige Botschafter agieren, sind die wirksamsten Recruiter. Vorausgesetzt, dass das, was sie sagen, positiv ist.

Wer will, kann heute so ziemlich alles erfahren, was hinter den Mauern eines Firmengebäudes tatsächlich passiert. Am besten folgt er dazu den Spuren derjenigen, die sich auf wiwi-treff.de und ähnlichen Portalen direkt an die Online-Gemeinde wenden. Die Fragen dort klingen zum Beispiel so:

  • Wer weiß, welche Einstellungstests bei der Firma xx im Bewerbungsgespräch gemacht werden?
  • Gibt es bei xx ein AC (Assessment Center) und wie läuft das ab?
  • Wie viel verdient bei euch ein Praktikant?
  • Wie hoch ist das Anfangsgehalt für einen Vertriebseinsteiger?
  • Stimmt es, dass es den Mitarbeiterbonus bei xx auch für Azubis gibt?
  • Kann mir jemand sagen, wie die Arbeitszeiten bei xx sind?
  • Wie ist das Essen in eurer Kantine?
  • Wie gehen die Führungskräfte bei euch mit den Leuten um?
  • Welche Erfahrungen habt Ihr bei der Einarbeitung gemacht?

Und ganz gleich, ob die Unternehmen das wollen oder auch nicht: Höchstwahrscheinlich wird sich ein Bewerber, Interner oder Ehemaliger finden, der die passenden Antworten gibt.

Mitarbeiter-Feedback: Zweckmäßige Vorinformationen für Bewerber – und Unternehmen

Zumindest für die größeren Organisationen ist die Zahl der Auskünfte schon recht repräsentativ. Und weil sie öffentlich sind, also von jedem Interessierten gesucht und gefunden werden können, machen sie jedes Arbeitsverhältnis bis ins kleinste Detail transparent.

Dank Mitarbeiter-Feedback erscheinen Bewerber bestens vorbereitet zum Einstellungsgespräch. Vor schlechten Führungsmanieren können sie rechtzeitig die Flucht ergreifen. Und jeder, der will, kann vorab erfahren, was man auf den verschiedenen Positionen verdient.

Den Verantwortlichen in den Unternehmen zeigt sich durch das Mitverfolgen solcher Online-Gespräche, welche Informationen kursieren, was von besonderem Interesse ist, wo es Glanzpunkte gibt und um welche Schwachstellen man sich ganz schnell kümmern sollte.

Noch viel ergiebiger sind allerdings die Kommentare in Diskussionsforen und Arbeitgeber-Bewertungsportalen. Selbst YouTube ist voll von Clips, die frustrierte Mitarbeiter heimlich im Büro gedreht oder nachgestellt haben, um Missstände und Fehlverhalten offenzulegen

Web-Monitoring: Dem Online-Gerede auf der Spur

Beim Web-Monitoring geht es um das Beobachten und die Bewertung der Meinungsbildung zur Arbeitgebermarke im Internet. Dies ist die beste Echtzeit-Marktforschung aller Zeiten: in Klartext, ungefiltert und unverblümt.

Doch neben all den positiven, wahren, weniger schönen und bisweilen überaus traurigen Schilderungen gibt es leider auch die, die bösen Zwecken dienen: Verleumdung, Rufmord, Geschäftsschädigung. Gegen solche Machenschaften kann, soll und muss ein Unternehmen rechtliche Schritte einleiten. Dies lässt sich allerdings nur dann in die Hand nehmen, wenn man das Ganze überhaupt mitbekommt.

Eine regelmäßige Analyse dessen, was man im Web über Sie sagt, ist also Pflicht. Dies sollte genauso zur täglichen Routine gehören wie das Lesen der Geschäftskorrespondenz und das Checken der wichtigsten Kennzahlen. Um dies zu bewerkstelligen, arbeiten HR und Social Media Management am besten eng zusammen.

Kostenlose und kostenpflichtige Monitoring-Tools

Dabei geht es zunächst um eine Bestandsaufnahme. Legen Sie hierzu eine Liste aller einschlägigen Plattformen an. Dann notieren Sie die Begriffe, die Sie beobachten wollen. Dazu gehören Ihr Firmenname, die Namen der Geschäftsleitung sowie wichtige Fachbegriffe.

Dann checken Sie, was im Web bereits über Sie steht. Das Gleiche machen Sie bei Bedarf auch für Ihre Mitbewerber. Danach richten Sie Google Alerts oder Talkwalker Alerts ein. So erhalten Sie täglich das neu hinzukommende Online-Gerede zugespielt. Rufen Sie dazu im Internet die entsprechenden Eingabemasken auf und folgen Sie den weiteren Anweisungen. Das ist kostenlos.

Oder besser noch: Automatisieren Sie das Zuhören. Verwenden Sie Tools wie Addictomatic oder Social Mention zum Beobachten des Mitmach-Web. So haben Sie mit dem geringstmöglichen Zeitaufwand eine größtmögliche Zahl von Webseiten im Blick. Und es entgeht Ihnen kaum mehr eine Erwähnung.

Profis verwenden dazu kostenpflichtige Social Media Analyse-Programme, die das Internet mit „Crawlern“ durchsuchen und relevante Informationen herausfiltern. So erhält der Personaler dann auch controlling-taugliche Kennziffern wie etwa Hotspot-Analysen (Wo wird über uns gesprochen?), Topics (Worüber wird gesprochen?), Buzzvolumen (Wie oft wird über uns als Arbeitgeber gesprochen?) und Tonalität (Wie sprechen die User über uns?).

Die Analyse in Bezug auf die internen Touchpoints

Analysieren Sie in der Folge alle gefundenen Angaben auf ihren Inhalt hin. Überlegen Sie, was Sie daraus lernen können, und wie Sie das an den einzelnen internen Touchpoints, also den Interaktionspunkten zwischen Mitarbeiter, Führungskraft und Organisation, weiterbringt. Stellen Sie sich hierzu folgende Fragen:

  • Welche Touchpoints werden am besten bewertet? Und was findet den größten Zuspruch dabei?
  • Wo gibt es Optimierungsbedarf? Und wie können uns die Hinweise aus dem Web dabei helfen?
  • Gibt es konkrete Verbesserungsideen? Und wie lassen sich diese dann umsetzen?
  • Welcher Bereich erhält ganz schlechte Noten?
  • Gibt es Kritik, die schnell Wellen schlagen könnte und wie reagieren wir darauf?

Wenn Sie auch die Konkurrenz beobachten:

  • Was können Sie aus dem, wie andere Ihre Mitbewerber bewerten, für sich selbst lernen?

Erstellen Sie auf dieser Basis ein übersichtliches Reporting mit den wichtigsten Ergebnissen im Überblick. Und entwerfen Sie einen minutiösen Krisenplan für den Fall, dass Kritik tatsächlich eskaliert, zu einem Shitstorm führt oder Medieninteresse auf sich zieht. In wirklich kritischen Fällen bleibt oft kaum eine Stunde Zeit, um zu agieren.

Über Anne M. Schüller:

Anne M. Schüller; Belange der Kunden
(Bild: © Anne M. Schüller)

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfache Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum und hält Vorträge und Workshops zum Thema. Sie ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Ab sofort bildet ihr Touchpoint Institut auch zertifizierte Touchpoint Manager aus. Mehr Informationen auf www.touchpoint-management.de.

Das Buch zum Thema:

Anne M. Schüller, Touchpoint, Unternehmen, Management, Organisation, Personal
(Bild: © Gabal)

Anne M. Schüller: Das Touchpoint-Unternehmen
Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt

Gabal, März 2014, 368 S., 29,90 Euro

ISBN: 978-3-86936-550-3

Managementbuch des Jahres 2014. Auch als Hörbuch erhältlich

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