Restriktivere Kreditvergabe könnte zu Finanzengpässen im Hightech-Mittelstand führen

Kleine und mittelständische Hightech-Unternehmen könnten bald schwieriger an Kredite kommen. Grund sind die strengen Vorgaben für Banken, die nach dem Abkommen „Basel III“ jetzt in europäisches Recht umgesetzt werden sollen. Das befürchtet der Hightech-Verband BITKOM und fordert eine Überarbeitung der regulatorischen Anforderungen. „Ohne weitere Anpassungen beschränken die Basel-III-Vorgaben den Spielraum für Banken bei der Kreditvergabe an kleine und mittelständische Unternehmen und verteuern solche Kredite“, sagt Heinz Paul Bonn, BITKOM-Vizepräsident und Mittelstandsbeauftragter.

Auf EU-Ebene wird gegenwärtig ein Vorschlag der Kommission zur Übernahme von Basel III in europäisches Recht diskutiert. Der Vorschlag aus dem Juli 2011 sieht unter anderem vor, dass Banken ihr Eigenkapital stärken und strengere Liquiditätsanforderungen erfüllen müssen. Aktuell diskutiert der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments die Initiative. Eine Entscheidung im Ausschuss wird für den 25. April 2012 erwartet. Im EU-Ministerrat soll über die Umsetzung von Basel III in europäisches Recht bis Juni eine Einigung erzielt werden. Bereits zum 1. Januar 2013 sollen die Neuregelungen in Kraft treten.

Derzeit gibt es in der ITK-Branche keine größeren Finanzierungsschwierigkeiten oder Kreditengpässe. Nach der aktuellen Branchenumfrage des BITKOM im ersten Quartal 2012 sieht aktuell lediglich jedes zehnte Unternehmen (9 Prozent) Kreditschwierigkeiten als Wachstumshindernis. Zudem haben sich die deutschen ITK-Mittelständler in der Vergangenheit Alternativen zum klassischen Bankkredit erschlossen. Dennoch bleibt die Kreditvergabe durch Banken eine unverzichtbare Finanzierungsquelle, insbesondere bei der Finanzierung von Wachstum und Innovationen. Engpässe bei der Kreditvergabe hätten also unmittelbar negative Auswirkungen auf Wachstumschancen und Wirtschaftskraft kleinerer und mittlerer ITK. Bei einer konjunkturellen Abkühlung könnte es mittelfristig wieder Finanzierungsschwierigkeiten geben. Schärfere Anforderungen bei der Kreditvergabe würden ITK-Unternehmen besonders zu spüren bekommen. „Die ITK-Branche hat spezifische Herausforderungen bei der Erlangung von Krediten, denn Banken erkennen ITK-Produkte nur zögerlich als Kreditsicherheit an“, so Bonn.

Daher müsse laut BITKOM bei Basel III die so genannte Risikogewichtung für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen herabgesetzt werden. Das würde die höheren Anforderungen an Banken bei der Eigenkapitalunterlegung von Krediten ausgleichen. Eine faktische Erhöhung der Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung für Mittelstandskredite ist angesichts ihres tatsächlichen Ausfallrisikos ungerechtfertigt. „Es ist schwer nachvollziehbar, dass Kredite an solide mittelständische Betriebe nach der Konzeption von Basel III für die Banken risikoreicher und teurer werden sollen. Hier besteht ein Ungleichgewicht in der Konzeption von Basel III“, sagt Bonn. Zudem sollte Basel III von der EU als Richtlinie und nicht als Verordnung umgesetzt werden. Regional orientierte Kreditinstitute, die besonders in der Mittelstandsfinanzierung aktiv sind, könnten so von der Neuregelung leichter freigestellt werden.

Bei den politischen Entscheidungsträgern scheinen die Bedenken gegen eine nachteilige Auswirkung von Basel III auf die Kreditversorgung von mittelständischen Unternehmen inzwischen angekommen zu sein. Insbesondere die Vorschläge des Bundesrates vom Februar dieses Jahres werden von BITKOM begrüßt. Der Bundesrat tritt für die Umsetzung in Form einer Richtlinie ein. Außerdem fordert er eine Herabsetzung der Risikogewichtung von derzeit 75 Prozent auf 50 Prozent für Kredite an Mittelständler bis zu einer Höhe von 2 Millionen Euro. Auch der EU-Berichterstatter Karas hat vorgeschlagen, die Risikogewichtung für Kredite an mittelständische Unternehmen abzusenken und ist damit Vorschlägen der betroffenen Wirtschaft entgegen gekommen. Bonn: „Jetzt kommt es darauf an, die berechtigten Interessen des Mittelstandes, der an der Finanz- und Wirtschaftskrise keine Schuld trägt, bei der Umsetzung von Basel III zu berücksichtigen.“

Hintergrund: Im Jahr 2010 hat sich der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht auf eine neue Rahmenvereinbarung mit strengeren regulatorischen Vorgaben für Banken und Finanzinstitute (Basel III) geeinigt. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit von Banken gegen Erschütterungen und Schwankungen der Kapitalmärkte zu erhöhen, um zukünftig Krisen wie die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 zu vermeiden. Die neuen Vorgaben setzen vor allem bei der Eigenkapitalausstattung und beim Liquiditätsmanagement der Banken an. Um die neuen Anforderungen umzusetzen, müssen die Banken entweder am Kapitalmarkt zusätzliches Eigenkapital aufnehmen oder den Bestand ihrer risikogewichteten Aktiva (z.B. Kredite) zurückfahren.

Weitere Informationen finden Sie unter www.bitkom.org.

 

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