Simultan-Visualisieren: exemplarische Einsatzfelder

Im vergangenen Beitrag haben Sie das Simultan-Visualisieren als eine Methode kennengelernt, um Diskussionen und Entscheidungen entscheidend voranzubringen. Dabei zeigte Ihnen der Leiter des Instituts für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (ilea), Michael Schwartz, unter anderem auf, welche Anforderungen an den Moderator gestellt werden. Nun stellt er Ihnen einige exemplarische Handlungsfelder vor.

Prozesse visualisieren

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Visualisierung eines Themas mit einer Mind Map bzw. Prozessmodell (Bild: © Michael Schwartz)

Für das Simultan-Visualisieren gibt es viele Einsatzmöglichkeiten. Ihr volles Potenzial entfaltet die Methode in Veränderungsprozessen (Stichwort: Changevorhaben), wenn sich die Struktur des Prozesses erst aus dem Prozessverlauf ergibt. Zu den strukturliefernden Visualisierungen zählen Prozessmodelle, die horizontal einen Prozess in Prozessschritte zerlegt visualisieren, und die vertikal die mit dem Prozessschritt verbundenen Tätigkeiten zeigen. Bei unbekannten Themen, oder wenn ein Thema erforscht werden soll, bietet sich eine Mind Map als Struktur an.

In Workshop- und Gruppensituationen eignet sich die Methode auch zum Arbeiten auf der Prozessebene. Wird es inhaltlich schwierig, liegt oft eine entsprechende Störung vor. Über eine treffende Visualisierung kann der Leiter die Diskussion auf diese Ebene „heben“ und so das Bearbeiten der Störung einleiten. Bei Konflikten kann der Leiter im Dialog mit der Gruppe zunächst die beteiligten Konfliktparteien herausarbeiten, die er dann anonymisiert (zum Beispiel als große Kreise mit unverfänglichen Namen wie A, B, C) simultan visualisiert. Danach fordert er die Parteien auf, konkrete Aspekte ihrer Positionen zu nennen, die er den Kreisen zugeordnet visualisiert. Die Visualisierung bildet die Basis für die weitere Konfliktbearbeitung.

Argumente und Emotionen dokumentieren

Recht anspruchsvoll ist das Erstellen von Verlaufsprotokollen von Diskussionen. Das heißt: Während die Gruppe über ein Thema diskutiert, „dokumentiert“ der Leiter die Argumente und gegebenenfalls Emotionen in der Diskussion auf einer Pinwand. Soweit möglich, strukturiert er die Beiträge, indem er Abhängigkeiten und Schlussfolgerungen visualisiert.

Diese Anwendung setzt eine gewisse Routine des Leiters mit dem Simultan-Visualisieren voraus, denn er ist allein für das treffende Verkürzen von Beiträgen und das Visualisieren von Zusammenhängen zuständig. Während er einen Beitrag notiert, hört er den nächsten, um diesen danach zu visualisieren. Und am Ende enthält das Verlaufsprotokoll alle wesentlichen Argumente der Diskussion – zum Beispiel im Vorfeld einer Entscheidung.

Wie wirkt Simultan-Visualisieren?

Die besondere Wirkung des Simultan-Visualisierens in Veranstaltungen wie Projektmeetings beruht auf einer Art Stereo-Effekt: Hör- und Sehsinn werden zugleich bedient. Dadurch wird das Lernen und Behalten gefördert. Außerdem erzeugen die Visualisierungen Transparenz, was verbindlichkeits- und akzeptanzfördernd, aber auch polarisierend wirken kann. Denn bildhafte Darstellungen zeigen Zusammenhänge auf, und in Worten visualisierte Beiträge erhalten eine höhere Bedeutung. Zudem adressieren eine gekonnte Strichführung, ein geschickter Einsatz von Farben und Formen sowie ansprechende, bildhafte Darstellungen die rechte Hirnhälfte, die unsere künstlerisch-emotionalen Fähigkeiten repräsentiert. Dadurch werden die Fantasie und Kreativität der Gruppe stimuliert.

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Michael Schwartz (Foto: © privat)

Über Michael Schwartz:

Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (ilea), Esslingen bei Stuttgart (www.ilea-institut.de). Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der (Software-)Industrie.

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