Social Media: lieber wenige, statt alle Kanäle nutzen

Gerne ziehen sich Führungskräfte in den „Elfenbeinturm Vorstand“ zurück, um dort im Rahmen streng geheimer Sitzungen streng vertrauliche Geschäftsstrategien zu entwickeln. Später wundern sie sich, dass diese vermeintlichen Erfolgsstrategien weder von den Mitarbeitern verstanden beziehungsweise umgesetzt, noch von den Kunden angenommen werden.

Müssen Führungskräfte mit ihren Angestellten und Verbrauchen mehr kommunizieren? „Nicht mehr, sondern smarte Kommunikation!“, so die Antwort des IT-Unternehmers und Experten für Digital Working, Thorsten Jekel. Nachdem wir mit ihm am vergangenen Donnerstag über die Chancen, aber auch Risiken, der Neuen Medien in puncto innerbetriebliche Kommunikation gesprochen haben, geht es heute um das Feld der externen Unternehmenskommunikation.

Interview mit Thorsten Jekel zum Thema externe Unternehmenskommunikation

Herr Jekel, heute sprechen wir über die Art und Weise wie Unternehmen mit Kunden und Geschäftspartnern kommunizieren. Wenn man die Medienberichterstattung verfolgt, kommt man zum Schluss: ohne soziale Netzwerke geht hier inzwischen nichts!

Müssen alle Unternehmen, unabhängig von Größe und Branche, auf Facebook, Twitter & Co. aktiv sein?

Sie haben Recht. Wenn man die Medienberichterstattung verfolgt, könnte man meinen, dass man als Unternehmen heute um eine Präsenz auf allen Social Media-Kanälen nicht herumkommt. Für viele Unternehmen ist dies auch sicherlich heute der Fall. Vor dem Einstieg in soziale Netzwerke, sollte jedes Unternehmen jedoch genau prüfen, wo sich dessen Kunden im Internet bewegen. Der wichtigste Grundsatz ist: Seien Sie dort, wo Ihre Kunden sind. Nicht in jeder Branche sind Ihre Kunden auch auf Facebook Twitter & Co. aktiv. In einigen Branchen ist dies sogar aus Sicherheitsgründen verboten. Selbst wenn sie in Social Media Netzwerken aktiv werden, ist es nicht erforderlich in allen Kanälen gleichzeitig aktiv zu sein. Hier gilt der Grundsatz: lieber in wenigen für ihre Kunden relevanten Kanälen, präsent sein, statt sich zu verzetteln.

In puncto externe Unternehmenskommunikation gilt für viele der Grundsatz: „Customer comes first“. Was halten Sie davon?

Auf den ersten Blick ist dies sicherlich richtig. Das macht jedoch wenig Sinn, Kunden über Sachverhalte zu informieren, die für die Mitarbeiter neu sind. Dies frustriert ihre Mitarbeiter und führt zu inkompetenten Aussagen gegenüber Kunden, wenn diese Rückfragen an ihr Team haben. Somit gilt eher der Grundsatz „staff comes first“. Allerdings immer mit einem klaren Kundenfokus.

Da die meisten Ihrer Mitarbeiter in Social Media Netzwerken auch privat aktiv sind, muss eine Kommunikation mit Ihren Kunden auch nicht nur ausschließlich über eine zentrale PR-Abteilung erfolgen. Kunden finden es interessant, die Menschen hinter einem Unternehmen kennen zu lernen. Bei einer solch offenen und dezentralen Kommunikation von Mitarbeitern mit ihren Kunden, ist jedoch auf eine abgestimmte Informationslage zu achten, was den Grundsatz „staff comes first“ nochmals unterstreicht.

Welche Chancen eröffnen sich für Führungskräfte, gerade kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), durch die sozialen Netze?

Gerade KMU haben über die heutigen Social Media-Netzwerke die Möglichkeit Reichweiten zu erzielen, die in der Vergangenheit nur von großen Unternehmen mit entsprechenden Marketing Budgets realisierbar waren. Dies ermöglicht so genannte virale Marketing Kampagnen, wie durchaus auch berechenbare wirtschaftliche Erfolge generieren können. Im ersten Schritt dienen die sozialen Netzwerke jedoch zunächst einmal der Beziehungspflege mit ihren Interessenten und Kunden und erst in zweiter Reihe den direkten Verkauf.

Wo lauern die Gefahren und wie umgehe ich diese?

Die größten Gefahren im Umgang mit sozialen Netzwerken liegen in der mangelnden Wirksamkeit durch Verzettelung und das uneinheitliche Erscheinungsbild nach außen durch eine nicht intern abgestimmte Kommunikationsstrategie. Von daher ist es wichtig, klar zu definieren, welche Nachrichten über welche Kanäle an welche Zielgruppen kommuniziert werden. Ich nutze beispielsweise folgende Social Media-Kanäle für folgende Zwecke:

– Facebook für die Außendarstellung als erfolgreicher Unternehmer und aktiver Mensch
– YouTube für die Bereitstellung von Vortragsausschnitten und Unternehmensvideos
– Twitter für die Bereitstellung interessanter Internet-Links
– Xing für die Vernetzung mit Vortrags- und Seminarteilnehmern

Da meine Zielgruppe auf diesen Kanälen aktiv ist, verzichte ich auf eine Nutzung von Google+ und LinkedIn. Gerade wenn sie international tätig sind, kann für sie jedoch eine Präsenz auf LinkedIn sinnvoll sein.

Welche „No-Gos“ darf ich mir als Unternehmen im Umgang mit den sozialen Medien auf keinen Fall erlauben?

Ein absolutes No-Go im Umgang mit den sozialen Medien ist die Zensur von negativen Rückmeldungen auf Ihr Unternehmen, Ihr Team oder Ihre Produkte. Die Internetgemeinde ist hier besonders empfindlich und reagiert im schlimmsten Fall mit einem so genannten „Shitstorm“. Dann ist es erfahrungsgemäß sehr schwer, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Besonders im Falle eines Shitstorms ist die persönliche Kommunikation über die sozialen Netzwerke sehr wichtig. Eine automatisierte Beantwortung von Anfragen oder Kritikpunkten wird meist sofort erkannt und als sehr negativ empfunden. Menschen wollen mit Menschen kommunizieren und nicht mit Automatisierungstools.

Wie reagiere ich stattdessen auf negative Bewertungen und Kommentare?

Bei negativen Bewertungen und Kommentaren sind zwei Punkte besonders wichtig: Geschwindigkeit und Ehrlichkeit. Je schneller sie auf kritische Kommentare reagieren, desto eher wird Ihnen verziehen. Kunden erwarten in solchen Fällen ein offenes Eingeständnis von Fehlern und eine klare Aussage, wie sie entstandene Probleme für die Kunden gelöst werden. Bei besonders krassen Fällen, sollte auch die Geschäftsleitung persönlich Stellung nehmen.

Herr Jekel, gestatten Sie uns zum Schluss folgende Frage: Wann soll man sich als Führungskraft für all das Zeit nehmen? Gerade jene kleiner und mittlerer Betriebe sind beruflich sehr eingespannt.

Gerade in größeren Unternehmen ist hierfür die Einrichtung eines so genannten Social Media-Beauftragten sehr empfehlenswert. Ein Social Media-Beauftragter kann mit Monitoring-Tools strukturiert auswerten, wie im Internet über das Unternehmen kommuniziert wird und im schlimmsten Fall einen Shitstorm schnell erkennen. Gerade bei der Präsenz auf mehreren Kanälen, ist die Nutzung dieser Social Monitorin-Tools sehr empfehlenswert. Kleinere Unternehmen können beispielsweise mit dem Tool Hootsuite starten, dass sie sogar bereits gratis erhalten.

Herr Jekel, vielen Dank für das interessante Gespräch. Ab nächsten Donnerstag geht es dann um das Thema „Ziele planen und kontrollieren“.

Das Interview mit Thorsten Jekel führte Christoph Schroeder (Redakteur AGITANO).

Digital Working aus Managersicht. (Foto: © Thorsten Jekel)
Digital Working aus Managersicht. (Foto: © Thorsten Jekel)

Über Thorsten Jekel:

Als IT-Unternehmer, Autor und Speaker ist der Betriebswirt und MBA Thorsten Jekel der Experte für Digital Working. Aus seiner über 25-jährigen Berufserfahrung im Vertrieb, in der Service- und IT-Projektverantwortung sowie als langjähriger Geschäftsführer im Mittelstand spricht er aus der Praxis, für die Praxis. Seit dem Marktstart des iPads entwickelt sein Unternehmen jekel & partner innovative Geschäftsmodelle im Umfeld des iPads und anderer Tablet-Systeme. Als Lehrbeauftragter und Speaker begeistert er seine Zuhörer mit den Grundprinzipien des effektiven Digital Working, verbunden mit konkret umsetzbaren Tipps, um Technik einfach zu nutzen.

Mehr über Thorsten Jekel unter www.jekelpartner.de.

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