Soziale Strukturen des Erfolgs: Winner-take-all-Prozesse in der Kreativwirtschaft

Mark Lutter vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) hat in dem MPIfG Discussion Paper 12/7 die „sozialen Strukturen des Erfolgs: Winner-take-all-Prozesse in der Kreativwirtschaft“ analysiert.

Zusammenfassung

Wie entstehen Erfolgskonzentrationen? Während das Winner-take-all-Phänomen bisher als Konzentrationsprozess auf der Nachfrageseite durch massenhaft gleichförmige Kaufentscheidungen der Konsumenten begriffen wurde, sind Bedingungen und Konstellationen auf der Anbieterseite wenig berücksichtigt worden. In diesem Beitrag werden sechs Ansätze diskutiert, die das Potenzial einer soziologischen Erklärung des Winner-take-all-Phänomens ausloten. Jeder der Ansätze versucht dabei, Erfolgsungleichheiten aus den sozialen Strukturen heraus zu erklären, in die die Akteure auf dem Arbeitsmarkt eingebettet sind. Der Beitrag versteht sich als erster Zugang zu einem in der Soziologie zwar noch wenig erforschten, doch wichtigen Phänomen sozialer Ungleichheit und soll den Raum für zukünftige empirische Studien öffnen.

Einleitung

In den letzten Jahrzehnten haben soziale Ungleichheiten in den westlichen Industrienationen wieder zugenommen. Die Zunahme ist dabei allerdings weniger auf eine steigende allgemeine Einkommensungleichheit breiter Schichten zurückzuführen, sondern auf Konzentrationsprozesse im oberen 1-Prozent-Perzentil der Einkommen (McCall/Percheski 2010: 333; Western et al. 2008: 905). Es handelt sich also um Zuwächse nach dem Winner-take-all-Prinzip: Heute befindet sich erheblich mehr Vermögen in den Händen einer kleineren Anzahl Privilegierter. Neben der Vererbung von Vermögen (Beckert 2004; Szydlik 1999, 2004; Szydlik/Schupp 2004), bildungs- und herkunftshomogamen Familienstrukturen (Blossfeld 2009; Western/Bloome/Percheski 2008), starken Einkommenszuwächsen in der Finanzwelt und den Unternehmensvorständen (DiPrete et al. 2010; Neckel 2010) sowie einschlägiger politischer Reformprozesse (Hacker/Pierson 2010: 168) gründet sich ein Teil der Zunahme auf Erfolgsungleichheiten in jenen flexiblen Arbeitsmärkten, die durch „Superstars“ dominiert sind. Superstarphänomene lassen sich in unterschiedlicher Ausprägung in verschiedenen Branchen beobachten: im Management, in der Wissenschaft, auf Arbeitsmärkten für Rechtsanwälte, Architekten, Journalisten, Politiker, Psychologen oder Mediziner (Frank/Cook 1995). Prävalent sind erfolgskonzentrierte Arbeitsmärkte aber vor allem in den Kultur-, Medien- und Kreativindustrien (Cowen 2000; Frank/Cook 1995; Menger 1999; Rosen 1981).

Wie erklärt sich das Zustandekommen von Winner-take-all-Konzentrationen auf diesen Arbeitsmärkten? Verdeutlicht werden soll das Phänomen zunächst anhand eines Beispiels aus der Filmbranche: Die Gagen der erfolgreichsten Filmschauspieler betragen ein Vielfaches des durchschnittlichen Einkommens; zugleich hat die Mehrheit der Filmschaffenden mit sehr prekären Karrierebedingungen zu kämpfen. Eine Umfrage unter deutschen Schauspielern konkretisiert dies mit Zahlen: Knapp über 60 Prozent waren innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren weniger als sechs Wochen beschäftigt; der jährliche Bruttoverdienst lag für die Hälfte aller befragten Schauspieler bei unter 20.000 Euro (Bührmann et al. 2010: 6–10). Diese Summe entspricht in etwa der Gage, die die Spitzenverdiener unter den deutschen Schauspielern für zwei Drehtage erhalten.

(…)

Zu kennzeichnen sind Winner-take-all-Märkte durch zwei Grundelemente. Erstens vereinen relativ wenige Marktakteure die meisten Erfolgsanteile auf sich. Die Gewinne können derart konzentriert sein, dass die Summen einiger weniger praktisch dem gesamten Volumen des Marktes entsprechen. Zweitens herrscht ein permanentes Überangebot an Akteuren und Talenten, die in diese Märkte hineindrängen und zur Übersättigung der Nachfrage beitragen. Die Überlebenschancen sind damit gering. Die Mehrheit der Akteure ist mit prekärer Beschäftigung, Unterbeschäftigung, branchenferner Arbeit und Arbeitslosigkeit konfrontiert (Menger 1999: 545). Oft bleibt nach einiger Zeit der Erfolglosigkeit und dem Eingestehen derselben nur der Weg, auf alternative Berufswege auszuweichen.

Das Zustandekommen solcher Verteilungen zu erklären stellt insbesondere für die ökonomische Standardtheorie eine Herausforderung dar, weil unter perfekten Marktbedingungen keine konzentrierten Erfolge zu erwarten wären (Borghans/Groot 1998: 569).

-> Der vollständige Beitrag ist auf der Website des Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung zum Download eingestellt.

(Mark Lutter / MPIfG / 2012)

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?