Stéphane Etrillard: Rhetorik im Unternehmensalltag (6) – Nein sagen nach Diplomatenart

… aus der Themenserie Stéphane Etrillard: Souveränität und Rhetorik im UnternehmensalltagSouveränität und Rhetorik im Unternehmensalltag” des internationalen Keynote Speakers und Rhetoriktrainers Stéphane Etrillard. Nach Teil 5 „Authentische Körpersprache – Die Körpersprache lügt nicht“ folgt nun Teil 6: „Nein sagen nach Diplomatenart.“

Wie Sie eine Bitte ausschlagen, ohne den Fragenden vor den Kopf zu stoßen

Nein sagen zu können ist eine wichtige Voraussetzung für den beruflichen Erfolg. Wer zu allem Ja und Amen sagt, bürdet sich rasch zu viel auf und provoziert damit Konflikte. Denn wer ständig die Arbeit der anderen erledigt, wird sich früher oder später über sich selbst und die Kollegen ärgern. Die Kunst ist daher, Nein zu sagen, ohne den anderen vor dem Kopf zu stoßen. Hierbei können wir von Diplomaten lernen.

Wer häufiger Aufgaben aufgebürdet bekommt, die nichts mit dem eigenen Arbeitsbereich zu tun haben, hat vermutlich Schwierigkeiten damit, auch einmal Nein zu sagen. Das hat meist unangenehme Auswirkungen. Obwohl es gut gemeint ist, einem Kollegen zur Hand zu gehen, leidet im Extremfall die eigene Reputation unter den Handlangerdiensten – und eben nicht die des Bittstellers. Der hat schließlich Zeit, sich prestigeträchtigeren Aufgaben zu widmen, indem er die lästigen Aufgaben einem anderen überlässt.

So manche Kollegen haben einen guten Riecher dafür, immer jemanden zu finden, der lästige Arbeiten für sie erledigt. Und das ist oft erst der Anfang: Wer schlecht etwas ablehnen kann, wird erst recht mit Bitten behelligt und das immer wieder. Solche Menschen werden natürlich geschätzt dafür, dass sie so hilfsbereite und fleißige Arbeiter sind. Nur steigen sie selten die Karriereleiter nach oben – schließlich werden sie an Ort und Stelle gebraucht, und es würde ja auch der freundliche Kollege fehlen, der ständig die Arbeiten der anderen übernimmt. Während der eine sich also abrackert, basteln die anderen am eigenen Erfolg.

Unbedachte Zusagen können Konflikte provozieren

Und es gibt noch weit mehr Gründe dafür, nicht jeder Bitte nachzukommen: Wer eine Aufgabe nur zähneknirschend übernimmt, neigt dazu, sie heimlich zu sabotieren. Das heißt, die Aufgabe wird zwar übernommen, jedoch nur halbherzig ausgeführt. Schließlich kommt es dann also noch zu Konflikten zwischen Bittsteller und demjenigen, der die Bitte nicht ausschlagen konnte: Der eine beschwert sich, dass die Arbeit nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde – der kontert, dass man ihn ja nicht hätte zu fragen brauchen. So kann ein ernsthafter Konflikt entstehen. All das nur, weil das Wörtchen Nein nicht über die Lippen gekommen ist.

Gerade souveräne Menschen sind deshalb auch sehr wohl in der Lage, die eigenen Interessen zu vertreten und, wenn es erforderlich ist, verbindlich Nein zu sagen, und so auch viele Konflikte bereits im Vorfeld zu verhindern. Denn es sind chronische Ja-Sager, die sich durch ihre leichtfertige Zusage mehr aufbürden, als sie vielleicht leisten können, und sich genötigt sehen, gegen die eigene Überzeugung zu agieren. Als Folge entsteht immer Unzufriedenheit: Entweder der eine ärgert sich über seine leichtfertige Zusage, oder der andere ist brüskiert, weil die Zusage schließlich doch nicht eingehalten wurde.

Fortsetzung auf Seite 2

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