Studie: Renaissance der kommunalen Stadtwerke und regionaler Energieversorger

Die Stadtwerke stehen aufgrund der Energiewende vor einer Renaissance: Der Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Stephan Weil, hatte bereits Mitte 2011 eine Investitionsoffensive der kommunalen Stadtwerke angekündigt, um den Marktanteil der Stadtwerke bis 2020 von derzeit 9,2 Prozent auf mindestens 20 Prozent zu verdoppeln. Die aktuellen Pläne sehen nun vor, dass die Stadtwerke und regionalen Energieversorger bis zum Jahr 2020 schätzungsweise 16 Milliarden Euro allein in den Ausbau der Erneuerbaren Energien investieren. Die Prioritäten liegen dabei auf Windkraftanlagen an Land, Wasserkraft, Fotovoltaik und Biogas – in dieser Reihenfolge. Wegen der Schwierigkeiten bei der Netzanbindung und der bislang ungelösten Fragen zu Haftungsrisiken habe das Interesse an Offshore-Windanlagen aktuell allerdings etwas abgenommen.

Die kommunalen Stadtwerke haben besonders unter der schwarz-gelben Laufzeitverlängerung für die Atomkraft Mitte 2010 gelitten, da durch diese Entscheidung gegen den zuvor gefundenen Atomausstiegskonsens in Deutschland viele geplante Investitionen der Stadtwerke infrage gestellt worden waren. Zudem wollen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid 84% der befragten Bundesbürger eine stärkere Rolle der kommunalen Stadtwerke auf dem Energiemarkt. Derzeit stehen die großen vier der Branche – Eon, RWE, EnBW und Vattenfall – für rund 80% des Energiemarktes und somit für ein Oligopol, dessen Preisbildungsmechanismen durch die Marktkonzentration in Frage gestellt sind.

Kommunale Stadtwerke haben den großen Vorteil, dass die Bürger sich quasi selbst den eigenen Strom abkaufen und die Kommunen damit eine dringend benötigte Einnahmequelle für die klammen Kassen bekommen und damit ihre Leistungen für die Bürger aufrecht erhalten können. Dies reicht von der Infrastruktur über Kindertagesstätten bis hin zur Freizeit – Aufgaben, die ohne Einnahmequellen nicht finanziert werden können und die Lebensqualität der Bürger direkt betreffen, anders als der Quartalsbericht von Eon oder RWE. Der dezentrale Ausbau der Erzeugerkapazitäten über eine Stärkung der kommunalen Stadtwerke mindert zudem die Notwendigkeit eines massiven Netzausbaus, da der Strom ähnlich wie Wasser immer den Weg des geringsten Widerstands wählt – also den kürzesten.„Je mehr regenerative Kraftwerkskapazitäten wir in den einzelnen Regionen haben, desto geringer fällt der Bedarf an Fernübertragungsleitungen aus. Hier sind insbesondere die südlichen Bundesländer gefragt, ihren Rückstand bei der Windenergie aufzuholen“, so BEE-Präsident Dietmar Schütz.

So hat auch die staatliche Förderbank KfW zum 1. Juni 2012 das neue Förderprogramm "Kommunale Energieversorgung" gestartet, über das kommunale Unternehmen sowie Kommunen zinsverbilligte Darlehen für Investitionen in die Energieeffizienz und den Ausbau dezentraler kommunaler Energieversorgung beantragen können. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen beträgt der Zubaubedarf von Kraftwerkskapazitäten 21 Gigawatt bis zum Jahr 2025, der zusätzliche Aus- und Umbaubedarf im Bereich der Verteilnetze wird auf bis zu 25 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 geschätzt.

Zehnte Stadtwerke-Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young

Aktuell wurde nun die mittlerweile zehnte Stadtwerke-Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young in Kooperation mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) herausgegeben. Demnach erhoffen sich die kommunalen und regionalen Energieversorger von der Dezentralisierung der Stromerzeugung im Zuge der Energiewende wieder eine größere Bedeutung ihrer Unternehmen im Markt. Die Prioritäten liegen dabei in dem Ausbau Erneuerbarer Energien (80 Prozent) und dem Ausbau der dezentralen Erzeugung, beispielsweise mit Blockheizkraftwerken oder Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (74 Prozent). Als größte Hemmnisse werden dabei allerdings die unklaren, unzuverlässigen politischen Rahmenbedingungen angegeben (44 Prozent), die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung für die notwendigen Maßnahmen (36 Prozent) und den schleppenden Leitungsausbau (36 Prozent).

Ebenfalls 36 Prozent der Stadtwerke und regionalen Energieversorgungsunternehmen erwarten allerdings, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten weiter verschlechtern werden, was als eines der größten Hindernisse der Energiewende angesehen wird. Laut der Umfrage gehen aber immer noch knapp 52 Prozent der Unternehmen davon aus, ihre Investitionen aus liquiden Mitteln und dem Cash-Flow bestreiten zu können. Sechs Prozent erwägen die Erhöhung des Eigenkapitals. 42 Prozent haben die Aufnahme von Fremdkapital ins Auge gefasst; zwei Drittel davon wünschen sich möglichst nur einen einzigen Kapitalgeber. Nur drei Prozent der Energieversorgungsunternehmen können sich die Zusammenarbeit mit branchenfremden Unternehmen wie Finanzinvestoren als nutzbringend vorstellen. Unterschätzt wird mit fünf Prozent offenbar noch die Nutzung von Bürgerbeteiligungsprogrammen als Finanzierungsinstrument. Denn bereits ein Viertel der Unternehmen hat solche Programme aufgelegt. Weitere neun Prozent bereiten Bürgerbeteiligungsprogramme vor, 23 Prozent der Unternehmen planen dies für die Zukunft.

Weiterführende Informationen finden Sie in der Stadtwerke-Studie, die auf der Website des BDEW kostenlos zum Download zur Verfügung steht.

(mb)

 

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