Studie: US-Soziologen erklären rasanten Anstieg der Managergehälter

US-Soziologen von der Columbia University haben in einer im American Journal of Sociology veröffentlichten Studie eine wichtige Erklärung für den enormen Anstieg der Managergehälter in den letzten Jahrzehnten dargelegt, die wenig mit den gängigen Erklärungen von Leistung und freiem Arbeitsmarkt zu tun hat. Die Einkommensschere hat mittlerweile extreme Ausmaße angenommen: Lag das Verhältnis zwischen den Einkommen von Managern und durchschnittlichen Angestellten in den USA 1980 noch bei 35:1, wuchs dies – bezogen auf die 350 größten US-Unternehmen – auf 240:1 im Jahr 2004 und erreichte 2008 das extreme Verhältnis von 319:1. In Deutschland ist das Verhältnis allgemein moderater gestiegen, durchschnittlich vom 14:1 1987 auf 44:1 im Jahr 2006. Die Unterschiede sind jedoch auch hierzulande sehr groß: Bei der Deutschen Bank stieg das Verhältnis von 31:1 im Jahr 1992, auf 286:1 im Jahr 2000 und 240:1 im Jahr 2003.

Die Studie sieht einen entscheidenden Grund in der vor allem in den USA in den 1970ern durchgesetzten Praxis des Benchmarkings für die CEO-Spitzengehälter: Dabei werden die Managergehälter ähnlicher Unternehmen verglichen, um ein angemessenes Gehalt für die eigenen Führungskräfte zu finden. So genannte Ausreißer (leapfrogger) können demnach die Gehälter auch von anderen Managern nach oben ziehen, ganz unabhängig vom Erfolg des Unternehmens oder der Manager. Erhöhungen von Managergehältern in einigen Unternehmen, die nicht ausreichend an Leistung und Erfolg gekoppelt sind, können somit zu scheinbar legitimen Gehaltserhöhungen bei anderen führen. Dadurch haben sich die Managergehälter allgemein mittels dieses "Ansteckungseffekts" deutlich erhöht. Dies sei eine der Hauptursachen für die Anomalie der Managergehälter in den USA, die sich mittlerweile weltweit verbreitet hat. Hinzu kommt noch die enorme Steigerung der Gewinne transnationaler Konzerne (TNK) im Zuge der sich sukzessive entwickelten Globalisierung. Wenn Managergehälter bei TNKs an den Gewinn gebunden sind, entfernen sich diese automatisch sprunghaft vom nationalen, auf inländische Wertschöpfung beruhenden Lohnniveau. Analysen der Gehaltslisten der wichtigsten US-Unternehmen zwischen 1992 und 2006 kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass etwa die Hälfte der in dieser Zeit erfolgten Gehaltserhöhungen tatsächlich auf Benchmark-Vergleiche zurückgeht.

Diese Spirale muss im Sinne der volkswirtschaftlichen Stabilität eingedämmt werden. Einen Ansatz hat die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC nach den Pleiten von Enron und WorldCom bereits umgesetzt: Die Unternehmen müssen nun die Vergleichsgruppe mit angeben, nach denen sich die Gehälter ihrer Manager richten, damit sie von den Shareholdern überprüft und gegebenenfalls angefochten werden kann. Damit soll auch einer zuvor recht willkürlichen Auswahl der Vergleichsunternehmen vorgebeugt werden. Seit der Finanzkrise ist zudem der gesellschaftliche Druck stark gewachsen, die sich von dem nationalen Lohnniveau von für die Gesellschaft so wichtigen Bevölkerungsgruppen wie Ärzten, Polizisten, Feuerwehrmännern, Politikern, Lehrern u.v.a.m. immer deutlicher absetzenden Managergehälter wieder auf ein gesamtgesellschaftlich vernünftiges Maß zu begrenzen.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?