Teil 2 – Wie kann ich mir besser Namen merken?

Themenserie des Gedächtnisweltrekordhalters und Gedächtnistrainers Boris Nikolai Konrad

Wenn ich erzähle, dass ich Gedächtnistrainer bin, wird mir diese Frage am häufigsten gestellt: „Wie kann ich mir besser Namen merken?“

Während man bei anderen Gedächtnisproblemen noch auf digitale Hilfsmittel oder Notizen ausweichen kann, ist dies beim Namensgedächtnis nicht möglich. Allerdings können auch hier bereits die Herausforderungen vielseitig sein: Der eine hat eher Probleme, sich die Gesichter einzuprägen, die andere dagegen tatsächlich mit den Namen selbst. Und der Dritte erkennt Personen zuverlässig wieder und weiß auch die Namen aller Anwesenden des letzten Seminars noch. Nur die Verknüpfung will nicht gelingen.

Das schöne ist: Auch das Namen merken lässt sich erheblich trainieren!
Die Vorgehensweisen hierfür basieren auf dem gleichen Fundament wie alle Gedächtnistechniken, dem bildhaften Denken. Es gibt ein schönes Experiment, das dies verdeutlicht: Mehrere Probanden bekamen das gleiche Foto eines Herrn zu sehen. Der einen Hälfte wurde gesagt: dieser Herr ist von Beruf Bäcker. Die andere Hälfte bekam die Information, dass dieser Herr „Bäcker“ heißt. Nach einiger Zeit wurde abgetestet, ob sich die Probanden an die Information erinnern. Die Personen, welche sich den Beruf Bäcker gemerkt hatten, schnitten deutlich besser ab als die Personen, die sich den Namen merken sollten. Der Hintergrund ist einfach: Bei der Nennung eines Berufes entstehen automatisch Bilder im Kopf, wie diese Tätigkeit aussieht und wie die Person ihr nachgeht. Der Name Bäcker, obwohl es das exakt gleiche Wort ist, steht als reine Sachinformation da, die keine Bilder auslöst.

Wenn Sie nun einen Herrn Bäcker kennen lernen und sich vorstellen, wie er in einer Backstube steht, haben Sie ein Bild für den Namen gemacht und mit der Person verknüpft. Da dies ein bewusster Vorgang ist, werden Sie den Namen auch nicht mit dem Beruf verwechseln. Gerade im deutschen gibt es viele Namen, die sich von Berufen ableiten. Frau Schmidt stellen Sie sich z.B. in einer Schmiede vor, wie sie angestrengt mit einem Hammer auf ein Stück Eisen schlägt – zumindest ist das mein Bild für einen Schmied. Da die Dame gerade vermutlich etwas ganz anderes tut, muss zudem Fantasie und Kreativität aufgewendet werden, was dazu führt, dass Sie sich das Bild noch besser merken! Sie werden sich auch problemlos daran erinnern, dass der Name Schmidt und nicht Schmied war. Bei der Schreibweise mag es schwieriger sein, aber die ist normalerweise auch weniger wichtig. Wenn Sie einen Brief schreiben, können Sie nachschlagen – wenn die Person aber vor Ihnen steht, müssen Sie sie ansprechen können.

Um sich überhaupt ein Bild machen zu können müssen Sie den Namen auch richtig verstanden haben
Was banal klingt, ist dennoch bereits ein Problem: Bei der ersten Vorstellung nennen beide Personen schnell ihre Namen. Aber dabei wird oft gar nicht richtig hingehört oder der Name nicht verstanden. Aber ein Name der gar nicht in meinem Gehirn „angekommen“ ist, den kann ich mir auch nicht merken.

Also: Hören Sie genau hin! Und fragen Sie nach, wenn Sie sich nicht 100% sicher sind, den Namen korrekt verstanden zu haben. Manchen erscheint das als unhöflich. Das Gegenteil ist der Fall: Fragen Sie nicht nach, können Sie im Weiteren nicht einmal versuchen, sich den Namen einzuprägen. Und damit drücken Sie indirekt aus, dass Ihnen die andere Person unwichtig ist. Das wäre unhöflich! Wenn der Name dagegen im Arbeitsgedächtnis zwischengespeichert ist, haben Sie auch nach dem Gespräch noch die Gelegenheit, sich den Namen mit einem Bild dauerhaft zu merken.

Nutzen Sie die nächsten Wochen doch einfach mal, bei neuen Bekanntschaften zu überlegen, welche Bilder für den Namen stehen können.

In meinem nächsten Beitrag werde ich erklären, wie Sie Namen grob kategorisieren können und auch für sehr schwere und ausländische Namen Bilder finden.

Boris Konrad in Aktion

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Über Boris Nikolai Konrad:

Der Experte für Lernstrategien studierte erfolgreich Physik und angewandte Informatik mit den Nebenfächern Mathematik und Betriebswirtschaftslehre.

Bei der Gedächtnis-Weltmeisterschaft 2008 in Bahrain zeigte er sein Können und wurde Weltmeister mit der Mannschaft und Einzelweltmeister im Wörter und Namen merken. Zwei neue Weltrekorde hat er bei den Deutschen Gedächtnismeisterschaften im Jahre 2009 aufgestellt: 280 Wörter sowie 195 Namen und Gesichter in jeweils 15 Minuten merken – Weltbestleistung! Diese unglaubliche Leistung toppte er bei den Deutschen Meisterschaften 2010 wieder 201 Namen und Gesichter, neuer Weltrekord!

Boris Konrad ist 5-Sterne-Redner und Präsident von „MemoryXL“, der europäischen Gesellschaft zur Förderung des Gedächtnisses und des größten Gedächtnissportvereins der Welt.

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