Thesenpapier zur Bankenregulierung – Steinbrück will gegen „Zockerbuden“ vorgehen

Der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück hat ein mit Spannung erwartetes Papier zur Regulierung der Finanzmärkte vorgelegt. Ziel des 30-seitigen Papiers ist, die Risiken und Folgen von Bankenpleiten für die Wirtschaft zu begrenzen. Steinbrücks Kernthese lautet dabei: "Banken müssen scheitern können."

Der SPD-Politiker will deshalb per Gesetz den regulären Geschäfts- und den risikoreichen Investmentbereich voneinander trennen. Diese Maßnahme träfe vor allem die Deutsche Bank und die Commerzbank. Banken müssten wieder Dienstleister sein und keine "Zockerbuden, die mit fremder Leute Geld hohe Einsätze wagen", heißt es in dem Papier. Die Tagesschau der ARD hat die zentralen Punkte des Thesenpapiers zusammengefasst:

Das Steinbrück-Konzept zur Regulierung der Finanzmärkte

Die SPD will Banken zur Eigenvorsorge für künftige Finanzkrisen zwingen. Die Pläne zur Regulierung der Finanzmärkte, die der potenzielle SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ausgearbeitet hat, sollen am Mittwoch offiziell vorgestellt werden. Anbei ein Überblick über die wichtigsten Forderungen.

Europäischer Restrukturierungsfonds

Die SPD fordert die Einrichtung eines bankenfinanzierten Restrukturierungs- und Abwicklungsfonds (Banken-ESM) für große, systemrelevante Banken in Europa. Für kleine und mittelgroße Institute soll es nationale Bankenabwicklungsfonds geben. Der Banken-ESM soll in Schieflage geratene Geldhäuser abwickeln oder umbauen dürfen, zum Beispiel durch die Gründung einer Bad Bank oder die Ausgliederung systemrelevanter Geschäftsbereiche. Bevor der Banken-ESM eingreift, sollen zunächst die Eigentümer und dann die Gläubiger des Instituts einspringen.

Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken

Im ersten Schritt soll der Eigenhandel beschränkt werden. Wer Eigenhandel betreibt, soll weder Einlagen entgegennehmen dürfen noch Zugang zu Zentralbankgeld haben. In einem zweiten Schritt soll das Einlagen- und Kreditgeschäft vom "Graubereich des Handelsgeschäfts im Investmentbanking abgeschirmt werden". Die Abschirmung dürfe aber nicht so weit gehen, dass große Banken nicht mehr die nötigen Dienstleistungen für die Realwirtschaft erbringen können. Durch die "organische Trennung der Geschäftsbereiche" könnten die wichtigen Teile eines Instituts im Falle einer Schieflage auch einfacher abgetrennt werden und weiterbestehen.

Landesbanken

Aus Sicht der SPD muss die Bundesregierung die Bereinigung des Landesbanken-Sektors zusammen mit den Bundesländern aktiv vorantreiben. "Ziel sollte ein öffentlich-rechtlicher Bankensektor sein mit zwei oder drei Landesbanken als Spitzeninstituten mit dauerhaft tragfähigem Geschäftsmodell und einer klaren Dienstleistungsfunktion" sein.

Bonuszahlungen

Die SPD fordert "angemessene risikoadäquate Vergütungsstrukturen". Bonuszahlungen dürften dabei das Festgehalt nicht übersteigen. Die variable Vergütung solle aus einem mehrjährigen Bonus-Malus-Pool aus tatsächlich realisierten Gewinnen gespeist werden. Die Vergütung soll nicht nur für Vorstandsmitglieder, sondern für alle Top-Verdiener einer Bank offengelegt werden.

Banken-Aufsicht

Die Europäische Zentralbank (EZB) soll die Aufsicht über große, systemrelevante Banken übernehmen. "Die Aufsichtsfunktionen sollten in einer rechtliche selbstständigen Aufsichtseinheit unter dem Dach der EZB angesiedelt werden." Das derzeit mit der Aufsicht dieser Institute beschäftigte Personal der Finanzaufsicht BaFin, der Bundesbank und der Aufsichtsbehörden in anderen Ländern soll der EZB unterstellt werden. Die Aufsicht über kleine und mittlere Institute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken soll dagegen bei den nationalen Behörden verblieben.

Schattenbanken

Schattenbanken, die Fremdkapital aufnehmen sollen die gleichen Eigenkapitalvorschriften wie für Banken gelten. Schattenbanken, die Kredite vergeben, sollen beim Risikomanagement die gleichen Pflichten haben wie andere Institute. Zudem soll verhindert werden, dass Geldhäuser durch die Gründung von Schattenbanken Risiken in unregulierte Bereiche verschieben. Die Verbindungen von Schattenbanken und dem "regulären Bankensektor" sollen stärker kontrolliert werden.

Derivate-Handel

Dem Handel mit Derivaten ohne Bezug zur Realwirtschaft sagt die SPD den Kampf an. Außerbörslich gehandelte Derivate (OTC) sollen künftig auf regulierte Handelsplattformen verlegt werden. Auch das Engagement der Banken an den Rohstoffmärkten soll reguliert werden. Spekulative Geschäfte mit Kreditderivaten und ungedeckte Leerverkäufe sollen verboten werden.

Banken sollen in einen eigenen Rettungsfonds einzahlen

Der Staat soll sich darüber hinaus aus der Haftung für die Banken weitgehend zurückziehen. Stattdessen sollen Banken in einen Rettungsfonds für marode Geldhäuser einzahlen Dieser "Banken-ESM" soll etwa 200 Milliarden Euro umfassen und auch Großbanken abwickeln oder restrukturieren können. So sollen Steuerzahler entlastet werden und die Finanzbranche gleichzeitig zu mehr Eigenverantwortung gezwungen werden.

Resonanz auf das Thesenpapier

Das Papier, das Steinbrück am Mittwoch offiziell der Öffentlichkeit vorstellen will, das jedoch bereits jetzt der Öffentlichkeit bekannt wurde, sei in der SPD-Fraktion "sehr positiv" aufgenommen worden, sagte ein Fraktionssprecher.

Kritik kam hingegen aus der Bankenbranche. "Das klingt sehr griffig, aber es wird niemandem etwas helfen", sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Banken Michael Kemmer in der ARD zu einer Trennung von Investmentbanking und Privatkundengeschäft. Eine solche Trennung sei nicht ohne Weiteres möglich, sagte zudem der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Heinrich Driftmann, der "Rheinischen Post".

Weiterführende Informationen:

-> Link zum Steinbrück-Konzept zur Regulierung des Bankensektors (Kurzfassung)

-> Das Steinbrückkonzept im Originalwortlaut ("Vertrauen zurückgewinnen: Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte" / 30 Seiten)

-> das Thesenpapier von SPD-Chef Sigmar Gabriel (21. September 2012)

-> Beitrag in der Tagesschau der ARD: "Steinbrück legt finanzpolitisches Grundsatzprogramm vor"

 

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