Veränderungsprozesse bedürfen ein MUSS und ein WOLLEN

Veränderungsprozesse erleben wir im Unternehmensalltag jeden Tag. Die Anlässe dafür können ganz unterschiedlich sein. Um Veränderungen in Unternehmen und somit Veränderungsprozesse erfolgreich durchzuführen, bedarf es einerseits methodisches Know-how und andererseits umfangreiche Praxiserfahrung, gerade mit weichen Faktoren. Wir haben uns zu den Themen Veränderungen, Veränderungsprozesse und Persönlichkeiten im Unternehmen mit Klaus M. Münch, ChangeExperte für Strategieentwicklung und Kulturwandel, in einem Interview zur 9. GSA Convention unterhalten. Dabei ging es unter anderem, wie Veränderungen in Unternehmen eingeführt werden können, wie Veränderungsprozesse funktionieren und wie man unterschiedliche Persönlichkeiten auf dem Weg der Veränderung mitnimmt.

Hinweis der Redaktion: Klaus M. Münch können Sie auch auf den 9. GSA Convention 2014, die vom 11. bis 13. September in Bonn statt findet, erleben.

Und Sie können mit der GSA Convention 2014 drei tolle Preise gewinnen, noch bis zum Mittwoch, 10. September 2014, 12:00 Uhr: https://www.agitano.com/mit-der-gsa-convention-2014-gewinnen/79108.

Interview mit Klaus M. Münch zu Veränderungen, Veränderungsprozesse und Persönlichkeiten im Unternehmen

Herr Münch, seit vielen Jahren begleiten Sie Teams in und durch Veränderungsprozesse. Welche Tricks haben Sie auf Lager, wenn ein Team gar keine Veränderung möchte?

Veränderungen, Veränderungsprozesse
KLAUS M. MÜNCH ist ChangeExperte
für Strategieentwicklung und Kulturwandel und führt Veränderungen und Veränderungsprozesse im Unternehmen durch (Bild: © KLAUS M. MÜNCH)

Da kann man gar nichts machen. Nein, Scherz bei Seite. Damit muss man arbeiten, die Teilnehmern damit konfrontieren. Man kann nicht arbeiten, wenn man keinen Auftrag hat. Es gibt immer einen Grund, warum das Team sich verändern muss – oder idealerweise will. Veränderungsprozesse werden aus unterschiedlichen Gründen initiiert: der Konzern hat eine neue Strategie, das Team hat eine miserable Performance, die Kundenzufriedenheit ist im Keller oder es gibt interne Konflikte. Was auch immer es ist, das Team MUSS das einsehen und daran arbeiten WOLLEN.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Veränderungsprozesse anzuschieben. Das geht von anonymer Befragung im Vorfeld oder Blackboxes für Tabukärtchen, über die man nicht spricht, bis hin zur Gruppenarbeit oder offenen Aussprache im Plenum – harmonisch oder provokativ – je nach Situation, Unternehmenskultur und Setting. Mal helfen die schockierenden Ergebnisse der Kundenbefragung allein, mal die klare Ansage des Vorgesetzten oder eines gewichtigen Teammitgliedes – und ein andermal muss man nachhelfen, zum Beispiel durch Redestein, Kartenabfrage oder die Frage stellen: „Was würde jetzt Ihr Vorstand dazu sagen, wenn er Sie hier so erleben würde?“ – mit einem kleinen Augenzwinkern oder sehr ernstem Stirnrunzeln, je nach Situation.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Team von 20 „alten Hasen“ – langjährig erfahrene Führungskräfte – sah überhaupt nicht ein, warum sie ihre Kundenorientierung verbessern sollten. Dabei waren die Fakten völlig klar. Sie hatten die mit Abstand schlechteste Kundenbefragung im Konzern. Von dem 8stündigen Workshop brauchten wir 3 Stunden allein dafür, damit sie einsahen, dass es überhaupt etwas mit ihnen zu tun hatte! Nein, es war nicht die Methodik, es war nicht der Dienstleister – übrigens europäischer Marktführer für Kundenbefragungen – und es waren nicht die Fragen. Es waren die Führungskräfte!

Die Toolkiste in diesem Fall: nüchterne Faktenpräsentation durch einen Externen, offene Diskussion und Konfrontation auf Wir-Ebene, Kleingruppenarbeit zur Ursachenforschung und dann Einzelarbeit: „Was hab ich damit zu tun“ – am Ende ein Team-Commitment. Nachdem sie ihren Anteil erkannt hatten, war plötzlich die Energie frei, es wirklich anzupacken. Und mit all ihrer Erfahrung – und ein bisschen geschickter Moderation – kamen plötzlich Ideen auf und Themen hoch, die dazu führten, dass das Team mit ihren 170 Mitarbeitern schon ein Jahr später um mehr als 30% messbar besser von den Kunden wahrgenommen wurde – und damit im gehobenen Durchschnitt ihres Benchmarks lag! Es geht, man muss nur WOLLEN. Das ist der entscheidende Schlüssel! Sie sehen, Veränderungsprozesse können in unterschiedlicher Form angeschoben werden.

Konnten Sie in Ihrer langjährigen Arbeit als Coach verschiedene Persönlichkeitstypen ausmachen, was den Umgang mit Veränderungen angeht?

Natürlich, jeder Mensch ist einzigartig und individuell. Und es gibt dafür auch eine Unzahl an Typologiemodellen: extrovertiert versus introvertiert, dominant oder harmonisch, groß denkend versus sich ums Detail kümmernd usw.

Einige davon sind sehr nützlich. Dennoch arbeite ich persönlich primär auf der Ebene Mentalität und Kultur, vor allem bei Teams, in Projekten und mit Großgruppen. Denn wenn Sie ein ganzes Team oder ein Unternehmen durch Veränderungsprozesse führen, ja weiter entwickeln wollen, geht es um die Mentalität und die Kultur. Das sind Grundannahmen, wie wir die Welt, den Markt, die Kunden, die Kollegen sehen, und was wir glauben, gemeinsam zu schaffen!

Hierzu kann ich das Modell SpiralDynamics® empfehlen. Es arbeitet auch mit Farben, aber auf der Ebene „innere Haltung und Werte“, nicht „Menschentyp“. Zum Beispiel: in einer BLAUEN Unternehmens- oder Teamkultur sind die Werte Loyalität, Einheitlichkeit, Zuverlässigkeit sehr wichtig, Hierarchie spielt eine sehr wichtige Rolle. Das äußert sich dadurch, dass man hört, was der Chef sagt, sich unterordnet, wenig Widerrede oder Auseinandersetzung – man feiert 25 jähriges Dienstjubiläum. In der ORANGEN (Business-)Welt geht es um Leistung, um ehrgeizige Ziele. Dort gibt es Wettbewerb, ständiger Austausch von Best practices und messen des Benchmarks, 360° Feedback usw. Und bei GRÜN spielen Menschlichkeit, Nachhaltigkeit, Gleichrangigkeit und Wir-Gefühl eine wichtige Rolle – zum Besten des Ganzen. Natürlich gibt es in der Praxis Mischungen, Überschneidungen und Ähnliches.

Wenn Sie nun Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen vor sich haben aber ähnlicher Mentalität, ist das weniger ein Problem – wenn Sie jedoch eine Soll-Unternehmenskultur auf einem anderen Werte-Level anstreben, müssen Sie die Menschen mitnehmen oder Personen einbeziehen, die anders denken.Da reicht es nicht, einfach nur den dominanten, impulsiven, ruhigen oder behutsamen Menschen zu unterscheiden.

Wie kann man ihnen (den verschiedenen Persönlichkeiten) gerecht werden und sie gleichzeitig zu Höchstleistungen anspornen?

Man braucht einen gemeinsamen (Werte-)Kern, ein gemeinsames Ziel! Das ist meines Erachtens bei Teams und Unternehmen viel wichtiger, als der Persönlichkeitstyp. Natürlich braucht man unterschiedliche Typen und Skills, am besten sogar komplementäre Skills, was im Alltag für die Personen nicht immer einfach ist. Aber wenn man ein gemeinsames, höheres Ziel, gemeinsame Werte und einen Teamgeist hat, darf man sich auch in seiner unterschiedlichen, einzigartigen Art ausdrücken – Einheit in Vielfalt! Ein Jahrtausende altes Prinzip, es funktioniert auch heute noch.

Ein Kollege im Büro ist bei allen anderen unbeliebt. Wie schaffen Sie es, ihn ins Team zu integrieren?

Dazu gibt es vier business-taugliche Möglichkeiten:

  1. Einfach ignorieren – natürlich nicht mobben, aber auch nicht ständig ansprechen.
  2. Es mit ihm offen ansprechen, in geschütztem Rahmen unter vier Augen.
  3. Es eskalieren – Chef muss was dazu sagen, Konsequenzen androhen oder ähnliches.
  4. Im gesamten Team mit ihm – nicht über ihn – sprechen!

Oder einfach durch Affirmation: „Es wird jeden Tag immer besser“.

Was sollte ich als Teamleiter beachten, wenn ich ein Projekt zu Veränderungsprozesse starte?

Der Teamleiter, die Teamleiterin sollte sich zuerst klar machen, was seine beziehungsweise ihre Rolle ist! Das ist der oft unterschätzte Punkt. Natürlich stehen am Anfang die Zielformulierung des Projektes, die Rollenklärung, die Aufteilung in Arbeitspakete und Meilensteine. Auch die Festlegung von Kommunikations- und Reportingwegen oder Risikobetrachtung gehören dazu. Dazu gibt es auch Projektstandards, DIN-Normen, PRINCE2 usw. Das ist in einem Projekt zu Veränderungsprozesse nicht anders wie in anderen Projekten.

Aber meiner Erfahrung nach scheitern auch professionell anmutende Projekte daran, dass gerade am Anfang die einfachsten Dinge nicht gemacht werden oder mit zu wenig Aufmerksamkeit, wie z.B.: das Kennenlernen der Teilnehmer – das kann schon mal eine Stunde im Workshop oder 10 Minuten in einer internationalen Telefonkonferenz dauern. Oder echte Motivation für die Ziele – nicht nur vorlesen! Es ist wichtig, dass die Teilnehmer die Hintergründe verstehen und auch eine eigene Motivation entwickeln, was Sie selbst davon haben. Das ist etwas völlig anderes, als das in etwa 80% der Projekte gemacht wird.

Und das A&O ist, dass nicht nur die Teilnehmer nebeneinander stehen – im Raum oder in der Telko – sondern auch ein Wir-Gefühl entsteht, ein echter Teamspirit! Nur dann werden Dinge möglich, die zuvor undenkbar waren. Und Meilensteine fast schon automatisch erreicht.

Programmatische, ja fast schon ideologische Gedankengebäude, mit denen sich Mitarbeiter identifizieren sollen, werden in Unternehmen immer wichtiger. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung aus Sicht der Teamentwicklung? Wirkt eine Unternehmensidee abschreckend oder integrierend?

Grundsätzlich ist natürlich Unternehmensidentifikation ein wichtiger Punkt. Genauso wie Wir-Gefühl und Teamgeist auf Team-Ebene. Allerdings sind wir da vor allem in Deutschland sehr speziell. Wir hatten vor sieben Jahrzehnten eine sehr negative Erfahrung damit – das darf man nicht unterschätzen. Wir alle haben 2006 gespürt, wie viel Power dahinter steht, wenn die Fahnen wehen, alle sich freuen und sich in den Armen liegen – und da ging es nicht nur um Fußball.

Für Unternehmen ist es natürlich (über-)lebenswichtig, dass man ihre Marke nicht nur kennt, sondern auch positive Emotionen damit verbindet – dafür werden Milliarden ausgegeben – zu Recht. Aber das ist nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Mitarbeiter wichtig! Die sollen das Marken- oder Serviceversprechen ja einhalten!

Doch da wird häufig wesentlich weniger hingeschaut oder investiert – das nimmt man oft als selbstverständlich. Ist es aber nicht! Ganz und gar nicht. Die hohen Prozentzahlen unmotivierter Mitarbeiter und innerer Kündigung sind seit Jahren bekannt, und werden nicht einfach so besser.

Die alten Prinzipien gelten ein Stück weit immer noch: gibt es jemanden, mit dem man sich identifizieren kann, zu dem man aufschaut – ja oder nein? Früher war es oft der Eigentümer, der Unternehmensgründer – heute sind es sehr oft Angestellte, Börsen-CEOs oder Interims-Manager mit einer anderen Aufgabe, einem anderen Führungsstil.

Neu dazu gekommen sind jedoch völlig neue Organisations- und Führungsstile, Netzwerke, Social Media & Co. sowie eine hohe interkulturelle Mischung. Das sind weitere Herausforderungen. Und die Frage: Womit und wie soll beziehungsweise kann man sich künftig identifizieren? Global, national oder regional? Mit der Marke, der Abteilung, dem Chef? Und für die Teamentwicklung: für welches Ziel kann ich mich begeistern?

Deshalb zu Ihrer komplexen Frage eine einfache Antwort: Wenn Sie das Gefühl haben, es macht Spaß, Lust und Sie sind motiviert für das Unternehmen zu arbeiten, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Wenn man das, wie Sie es nennen, Gedankengebäude aber noch nicht mal rational versteht, vergessen Sie es! Für Teams geht’s sogar noch kürzer – stimmt folgende Aussage, ja oder nein: One Team, one Spirit! Oder etwas altmodischer: einer für Alle, alle für Einen!

Vielen Dank Herr Münch für das interessante Gespräch und Ihre spannenden Ausführungen rund um Veränderungen, Veränderungsprozesse und Persönlichkeiten im Unternehmen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Das Interview mit Klaus M. Münch führte Oliver Foitzik, Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO und vom HCC-Magazin zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Über Klaus M. Münch

Klaus M. Münch ist ChangeExperte für Strategieentwicklung und Kulturwandel und nutzt beim Teamcoaching „die Körpersprache von Teams“ für echtes Commitment und erfolgreiche Umsetzung. Er führt unterschiedliche Standpunkte zusammen mit Blick aufs gemeinsame Ziel und verbindet Menschen mit ihrer Vision. Durch seine ImpulsModeration in Ihrer nächsten Veranstaltung kann er weitere Schritte initiieren oder beschleunigen.

Als Projekt- und Changemanager mit 15 Jahren Praxiserfahrung sowie als Teamcoach für mehrere Dutzend Projektteams in über 20 Ländern erkennt und verändert er die Einstellung im „innen und außen“ – mental, emotional und körperlich spürbar. Er weiß, wie man kleine und große Gruppen abholt, bewegt und zu ihrem gemeinsamen Ziel führt, in Präsenzmeetings, Großgruppen-Events oder über neue Medien bei „global virtual Teams“.

Hinweis der Redaktion:

Vom 11. bis 13. September findet die 9. GSA Convention 2014 mit dem Motto „Speaking 3.0“ in Bonn statt, der Dreh- und Angelpunkt der deutschsprachigen und internationalen Rednerszene. Feierlicher Höhepunkt der dreitägigen Veranstaltung werden die erstmalige Verleihung des „German Speakers Global Awards“ an eine herausragende internationale Persönlichkeit sowie die Vergabe des Deutschen Rednerpreises und die Ehrung für die „GSA Hall of Fame“ sein. Wer Klaus M. Münch live erleben möchte, hat auf der 9. GSA Convention 2014 die Möglichkeit dazu.

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