Vorauswahl in der fünften Staffel des hessischen Forschungsförderungsprogramms LOEWE

In der fünften Antragsrunde des Forschungsförderungsprogramms „LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ sind erste Vorentscheidungen gefallen. Der Programmbeirat und die Verwaltungskommission haben bei ihrer gemeinsamen Sitzung in Wiesbaden 23 Antragsskizzen von hessischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gesichtet und erörtert. Die Bandbreite der Themen reichte von Ingenieur- sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften über Lebens- und Natur-wissenschaften bis hin zu Geisteswissenschaften.

Die beiden Gremien entschieden gemeinsam, dass zwei Antragsteller für ein LOEWE-Zentrum (Förderlinie 1) und sechs Antragsteller für LOEWE-Schwerpunkte (Förderlinie 2) aufgefordert werden, ihre Antragsskizzen zu so genannten Vollanträgen auszuarbeiten und bis 1. Dezember 2011 im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst einzureichen. Diese Projekte werden dann im Frühjahr 2012 von externen Gutachtergruppen jeweils an Ort und Stelle begutachtet. Auf der Grundlage der Vollanträge und der Gutachterberichte wird der Programmbeirat im Frühsommer 2012 Förderempfehlungen aussprechen, die schließlich die Grundlage für die endgültigen Förderentscheidungen der Verwaltungskommission bilden werden.

Die ungebrochen große Resonanz zeigt nach den Worten des Staatssekretärs im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Ingmar Jung, dass die Wissenschaftseinrichtungen in Hessen das LOEWE-Programm des Landes offensiv nutzten, um auf der Grundlage ihrer bestehenden Kompetenz ihre Schwerpunkt- und Entwicklungsplanung zielgerichtet voranzutreiben und die Vernetzung zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen auszubauen. „Diese Entwicklung entspricht dem Ziel der Landesregierung, zur Umsetzung der Lissabon-Strategie mit Hilfe des LOEWE-Programms die Wettbewerbsfähigkeit der Wissenschaftseinrichtungen in Hessen nachhaltig zu stärken sowie ihre Innovationskraft für die Entwicklung der Wirtschaft und damit für die Schaffung zukunftsorientierter Arbeitsplätze zu nutzen“, sagte Jung.

Der Vorsitzende des LOEWE-Programmbeirats und frühere Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, sagte: „Wir haben eine Bestenauslese unter zahlreichen sehr guten Antragsskizzen vornehmen müssen.“ Wesentliche Kriterien für die Auswahl in dem wettbewerblich orientierten Verfahren seien die Qualität der Forschung, den Innovationsgrad der beantragten Projekte, die kritische Masse an beteiligten Wissenschaftlern, der strukturelle Einfluss des Projekts auf die hessische Forschungslandschaft, die Ausschöpfung von Potenzialen zur Vernetzung in der Region und die Nachhaltigkeit der jeweiligen Projekte. „Mit dem LOEWE-Programm betreibt das Land Hessen eine bundesweit einzigartige und vorbildliche Forschungsförderung“, fügte Prof. Einhäupl hinzu.

 

In der fünften Förderstaffel sind folgende Antragsskizzen für LOEWE-Zentren und Schwerpunkte zur Vollantragstellung ausgewählt worden:

 

I. LOEWE-Zentren

SubMateK – Technische Universität Darmstadt (TUD)

Die Verfügbarkeit von Roh- und Werkstoffen ist Voraussetzung für jedes produzierende Gewerbe. Diese Verfügbarkeit ist für im Markt etablierte Technologien, aber auch für zukünftige (Hoch-)Technologien von essentieller Bedeutung. Das geplante LOEWE-Zentrum SubMateK wird seinen Forschungsschwerpunkt auf die Thematik der so genannten Substitutionsmaterialien legen, also den Ersatz von Metallen der Seltenen Erden und weiteren „kritischen“ Elementen in Funktionsmaterialien, aber auch auf das Design völlig neuer Werkstoffe. Neben der atomaren Substitution geht es auch um mikrostrukturelle Substitutionen in Hybridwerkstoffen und Beschichtungen. Dabei soll die Kette vom Material bis in das Bauteil und seine Prüfung abgebildet werden. Unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Silikatforschung ISC (Würzburg) wird im Raum Hanau eine Fraunhofer-Projektgruppe aufgebaut, die durch das LOEWE-Zentrum nachhaltig unterstützt wird. In dem geplanten Fraunhofer-Institut für Werkstoffkreisläufe und Werkstoffsubstitution (IWKS) soll es um angewandte Forschung mit den Arbeitsschwerpunkten Grundlagen der Rohstoffversorgung, Ressourceneffizienz, Recyclingtechnologie, Aufbereitungstechnik und Substitutionswerkstoffen gehen.

 

LOEWE Center for Financial Research & Policy – Center for Financial Studies Frankfurt (Federführung); Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Moderne Finanzsysteme sind untrennbar mit großen Chancen für Wachstum und Wohlfahrt aber auch mit hohen Risiken verbunden. Die Dimension der Risiken ist angesichts der aktuellen Finanzkrise augenfällig. Der Grad der Vernetzung zwischen Banken, Investoren, Unternehmen, Staatshaushalten und Zentralbanken lässt ein systemisches Risiko entstehen, das in der bisherigen Finanztheorie und -politik kaum beachtet worden ist. Weit verbreitete Überzeugungen zur Informationseffizienz der Märkte, zur Rationalität von Investoren und zur Disziplinierungskraft von Märkten werden zurzeit in Frage gestellt. Das beantragte LOEWE Center for Financial Research & Policy widmet sich diesen Fragen und verbindet in neuartiger Weise Grundlagenforschung mit einer unabhängigen Politikberatung. Ziel ist es, die Herausforderungen, denen sich moderne Finanzsysteme stellen müssen, zu analysieren und Antworten auf Fragen nach einer besseren Ausgestaltung der Finanzarchitektur zu geben. Das LOEWE Center stellt sich drei komplementären und innovativen Aufgaben: Der Erforschung des systemischen Charakters der modernen Finanzarchitektur, der Analyse der dynamischen Interaktion zwischen Markt und Staat, sowie der forschungsbasierten Politikberatung auf deutscher und europäischer Ebene.

 

II. LOEWE-Schwerpunkte

Future Internet Society & Economy: Potenziale innovativer internetbasierter Dienste für Gesellschaft und Wirtschaft -Technische Universität Darmstadt; Hochschule Darmstadt

Neuartige internetbasierte – und insbesondere mobil nutzbare – Dienste verändern das Wirtschaftsleben, den Alltag des Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes. Internetdienste wie das soziale Netzwerk Facebook oder der Micro-Bloggingdienst Twitter ermöglichen neue Formen der Kommunikation und Koordination. Das stellt sowohl Unternehmen, als auch Staat und Gesellschaft vor große Herausforderungen. In dem beantragten LOEWE-Projekt soll untersucht werden, wie innovative internetbasierte Dienste den Prozess der Informationserstellung und -verbreitung verändern und welche – positiven wie negativen – Potentiale sich daraus für Unternehmen, Gesellschaft und staatlich handelnde Akteure identifizieren lassen. Die Ergebnisse sollen wiederum in die technische Gestaltung von internetbasierten Diensten und in die Entwicklung von Geschäftsmodellen eingehen und in eine „Roadmap 2020“ münden, die übergeordnete Gestaltungsziele hinsichtlich Standardisierungsvorhaben, Infrastruktur sowie politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen formuliert.

 

Sensors Towards Terahertz: Neuartige Technologien für Life Sciences, Prozess- und Umweltmonitoring – Technische Universität Darmstadt; Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Vorrangiges Ziel des Vorhabens ist die Etablierung eines interdisziplinären Forschungsschwerpunkts für neuartige Sensortechnologie auf Grundlage der elektromagnetischen Wechselwirkung von Sensorstrukturen mit den zu untersuchenden Materialien und Stoffen oder mit biologischem Gewebe. Neben der grundsätzlichen Erforschung neuartiger Prinzipien und Konzepte steht die Entwicklung innovativer, kostengünstiger und leistungsstarker Basistechnologien für Terahertz-Sensoren und deren Systemintegration im Vordergrund. Technologische Innovationen und Durchbrüche in der Photonik und Nanotechnologie der vergangenen Jahre ermöglichen die Nutzung neuartiger Basistechnologien zur Realisierung von effizienten Terahertz-Systemen. Die Zusammenarbeit soll mit zwei bestehenden Universitäts-Ausgründungen, der Darmstädter Firma ACST GmbH im Bereich der Thz-Technologie (Schottky-Dioden) und der Frankfurter Firma SynView GmbH im Bereich der Systementwicklung für die Thz-Bildgebung erfolgen. 

 

Integrative Pilzforschung (IPF): Innovation durch Integration anwendungs- und grundlagenorientierter Forschung zur Nutzung der pilzlichen Vielfalt -Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; Philipps-Universität Marburg; Justus-Liebig-Universität Gießen; Universität Kassel; Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Nach den Bakterien sind Pilze die am weitesten verbreitete Lebensform der Erde. Sie sind artenreicher als Pflanzen, Fische und Säugetiere zusammen – Schätzungen zufolge sind mindestens 90 Prozent ihrer Arten noch unentdeckt. Doch bereits mit dem kleinen Anteil der Arten, die heute wirtschaftlich genutzt werden, werden in der Lebensmittelproduktion ebenso wie in der Pharmaindustrie hunderte von Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch zahlreiche zelluläre Grundprozesse wurden erstmals an Pilzen entdeckt und einige der wichtigsten Modellorganismen der Molekularbiologie gehören dieser Organismengruppe an. Allerdings ist die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung auf nur wenige Organismen beschränkt und lässt das große Potenzial der Diversität der bekannten und noch unbekannten Pilze ungenutzt. Im Rahmen des geplanten LOEWE-Schwerpunkts soll diese Lücke durch Integration der pilzlichen Vielfalt in ansonsten modellbasierte Forschungsdisziplinen geschlossen werden.

 

Stoffspeicherung in Grenzschichten (STORE-E) – Justus Liebig-Universität Gießen; Philipps-Universität Marburg; Technische Hochschule Mittelhessen

Speichereffekte stellen sehr allgemein eines der vielfältigsten Forschungsgebiete im Bereich von Physik, Chemie und Materialwissenschaft dar, dessen Themen von der Informationsspeicherung, der Energie- und Wärmespeicherung bis zur Stoffspeicherung reichen und heute die Basis für unverzichtbare Technologien darstellen. Ziel des geplanten Schwerpunkts ist es, die Grundlagen von stofflichen Speichereffekten in strukturell und chemisch komplexen Systemen als Funktionsprinzip elektrischer und elektrochemischer Systeme zu untersuchen und zu verstehen. Dabei soll die Rolle von inneren Grenzflächen bei atomaren Transportvorgängen von Speicherprozessen im Vordergrund stehen. Die wissenschaftliche Leitidee orientiert sich auch an dem sich deutlich abzeichnenden enormen technologischen Bedarf an neuen und verbesserten Energiespeichersystemen für die Elektromobilität.

  

Elektronendynamik chiraler Systeme (ELCH) – Universität Kassel; Technische Universität Darmstadt; Justus-Liebig-Universität Gießen; Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; GSI – Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung Darmstadt

Chirale Systeme können durch Rotation mit ihrem Spiegelbild nicht in Deckung gebracht werden und sind in der (Bio)Chemie ein zentrales Forschungsfeld, weil chemische Reaktionen von der Händigkeit der Atomanordnungen bei den Redaktionspartnern abhängen. Alle wesentlichen Bausteine des Lebens besitzen eine gewisse Chiralität, die beispielsweise die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen können. Die atomaren und molekularen Eigenschaften werden in der Chemie durch die Dynamik des Elektronensystems bestimmt. Dieser Aspekt konnte bisher für chirale Systeme kaum untersucht werden, weil die dafür erforderlichen, aufwändigen experimentellen Techniken erst in den vergangenen Jahren unter maßgeblicher Beteiligung der Verbundpartner entwickelt wurden. Ziel des Projekts ist daher die Untersuchung von Chiralitäts-, Paritäts- und Korrelationseffekten in der Dynamik des Elektronensystems an wohldefinierten atomaren und molekularen Systemen in der Gasphase, um damit zur Entschlüsselung der grundlegenden Prinzipien bei der Entstehung von Chiralität auf einer bisher experimentell wenig zugänglichen Skala beizutragen.

 

Entwicklung eines fernerkundlichen Beobachtungssystems zur Analyse und Beurteilung des Zustands von Buchenwäldern. Ein transdisziplinärer Schwerpunkt für eine prozessorientierte Biodiversitätsforschung im Nationalpark Kellerwald-Edersee (Hessen) – Philipps-Universität Marburg; Justus Liebig-Universität Gießen; Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie Marburg

Das Ziel dieses LOEWE-Projekts ist die Entwicklung eines integrativen Beobachtungssystems für Waldökosysteme, das die an einzelnen Standorten aufgenommenen Informationen (Waldstruktur, Genetik, Lebensgemeinschaften und Nahrungsnetze) mit räumlich expliziten Fernerkundungsdaten verbindet und so eine flächendeckende, aber kleinräumig differenzierte und kosteneffiziente Bewertung ermöglicht. Als Entwicklungs- und Testgebiet dienen die Buchenwälder des Nationalparks Kellerwald-Edersee, der auf Betreiben der hessischen Landesregierung in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen und als nationales Referenzgebiet für ökosystemorientierte Forschung etabliert werden soll. Die aufeinander abgestimmte Zusammensetzung der beitragenden Disziplinen (Fernerkundung, Genetik, Ökologie, Informatik) an einem Standort stellt ein Alleinstellungsmerkmal der Projektgruppe dar.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.hmwk.hessen.de.

 

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