Wagen Sie etwas! Aber nicht alles auf einmal!

… aus der zweiwöchentlichen Kolumne „Anders denken“ von und mit Nicola Fritze.

Viele von uns lieben Routine. Sie kann etwas Beruhigendes haben. Sie gibt uns das Gefühl von Sicherheit. Von Vorhersehbarkeit. Wir stehen beispielsweise zur selben Zeit auf, essen jeden Tag das gleiche Frühstück, fahren um die gleiche Zeit zur Arbeit und sitzen dort mit denselben Personen wie jeden Tag. Und so weiter. Das kann man machen, tagein, tagaus… und sich ziemlich gut dabei fühlen.

Manchmal kommt aber ein Punkt, an dem wir merken: wir fühlen uns unzufrieden. Die Routine, die uns eigentlich in Sicherheit gewogen hat, wird plötzlich etwas öde. In uns pocht der Wunsch nach etwas Neuem, ein bisschen Abwechslung, vielleicht sogar etwas ganz Anderem. Das kann zu einem mächtigen Gefühl werden.

Immer wieder erzählen mir Menschen, dass sie das erlebt haben. Dass sie begonnen haben, sich im Alltag zu langweilen. Und dann kam eine aufregende neue Gelegenheit ins Leben: eine Möglichkeit zur spontanen Fernreise, ein überraschendes Jobangebot. Oder man lernt einen neuen Menschen kennen, der einem das ganze Leben umwirft. Sprich: die Möglichkeit, den ganzen Alltag über den Haufen zu werfen.

Viele kommen in einer solchen Situation berechtigterweise ins Grübeln: Was passiert denn, wenn ich mein Alltagsleben ganz hinter mir lasse? Kann ich das überhaupt? Das ist eine gute Frage. Denn ich beobachte häufig, dass Menschen in solchen Entscheidungssituationen daran scheitern, dass sie zu viel auf einmal wollen. Entweder, sie kriegen Angst davor, ALLES zu ändern und ändern stattdessen lieber NICHTS. Oder sie ändern ALLES und sind dann aber schneller wieder zurück im alten Leben, als man schauen kann. Sie kennen vielleicht die Beispiele von Weltreisenden, die früher zurück sind als geplant und sich in der vorher belächelten Alltagsroutine sehr wohl zu fühlen scheinen.

Wenn Sie den Impuls haben, ihre Alltagsstruktur ganz über den Haufen zu werfen, alles neu zu ordnen und sämtliche Angewohnheiten aufzugeben, sollten Sie deshalb lieber einen Schritt zurücktreten und durchatmen. Denn wenn Sie alles ändern wollen, überfordert Sie natürlich schon der Gedanke an den ungeheuren Veränderungsaufwand schnell. Zu Recht: Ein kompletter Neustart im Alltag kostet eine Menge Kraft. Dass man hier einen Rückzieher macht, ist deshalb gar nicht mal feige. Es ist eigentlich eine normale Schutzreaktion. Denn tatsächlich ist es so: gerade wenn Menschen komplett neu beginnen, alles umschmeißen und nichts von ihrem alten Leben erhalten, ist der Neustart häufig von kurzer Dauer. In dieser Situation ist es typisch, dass der Neustart sehr schnell abgebrochen wird, um sofort wieder zurück in den alten, eigentlich verabschiedeten Alltag zu fallen.

Trotzdem ist es natürlich großartig, wenn man neue Gelegenheiten beim Schopf ergreift und so den Horizont erweitert! Eine spontane Fernreise? Los geht’s! Ein aufregender Jobwechsel? Warum nicht! Seien Sie ruhig wagemutig. Aber überfordern Sie sich nicht zu sehr. Schmeißen Sie bei Gelegenheit nicht alles auf einmal über Bord. Fragen Sie sich doch lieber: was von dem Neuen möchte ich wirklich machen? Alles? Oder nur einen Teil? Und welche meiner alten Angewohnheiten möchte ich auf diesem neuen Weg behalten?

Ein banales Beispiel: vielleicht tut es Ihnen einfach gut, gewissen Dinge zu einer gewissen Zeit zu essen. Oder anstehende Arbeit stets zu einem gewissen Zeitpunkt zu erledigen. Gewohnheiten haben immer einen Grund, und zwar häufig einen guten. Deshalb sollten Sie Ihre Gewohnheiten behandeln wie gute Bekannte. Gehen Sie sorgsam mit ihnen um und achten Sie darauf, welchen Teil Sie sich erhalten wollen, wenn Sie mit neuen Dingen beginnen.

Wagen Sie also etwas! Aber nehmen Sie die guten Angewohnheiten Ihres Alltags mit auf Ihren Weg. Verhandeln Sie mit sich selbst. Die spontane Fernreise ist klasse, aber Sie müssen vielleicht nicht direkt ihren Job kündigen deshalb. Der Jobwechsel ist toll, aber wenn Ihre Alltagsstruktur Ihnen gut tut, behalten Sie sie auch im neuen Alltag. Vertrauen Sie also ruhig auf Ihr Bauchgefühl! Aber vereinen Sie dieses Gefühl dann mit dem, was Ihr Kopf sagt. Das mag manchmal etwas schwierig sein, aber dieser innere Verhandlungsprozess lohnt. Denn eine Kopf-Bauchentscheidung hat ziemlich gute Chancen, zu mehr zu werden als nur zu einem kurzen Ausreißer aus ihrer Alltagsroutine.

Ihre Nicola Fritze

Zur Autorin:

Nicola Fritze ist Deutschlands Motivationsfrau. Mit ihrem Motto „Anders denken – anders handeln“ begeistert die Trainerin und Rednerin jährlich tausende von Menschen.

Ihre zwei Podcasts „Das Abenteuer Motivation“ und „Der Fritze-Blitz“ zählen zu den erfolgreichsten Podcasts zum Thema Motivation und Persönlichkeitsbildung. Ihre Hörsendungen erreichen mehr als 30000 Hörerinnen und Hörer.

Anfang 2011 erschien ihr neues Buch „Raus aus der Grübelfalle Wie Sie Ihre Denkgewohnheiten ändern und Ihre Persönlichkeit gezielt weiter entwickeln“. Hierin zeigt Nicola Fritze augenzwinkernd auf, wie wir mit Hilfe des Konzepts der inneren Stimmen handeln, statt immer nur zu grübeln.

Mehr über die Motivationsfrau erfahren Sie unter www.nicolafritze.de.

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