Wasserstoff: Molekularer Blick auf die solare Wasserspaltung

Die schweizer Empa, eine Forschungsinstitution im ETH-Bereich, hat neueste Forschungsergebnisse über die kostengünstige Wasserstoffproduktion aus Sonnenenergie veröffentlicht:

Wasserstoff aus Sonnenlicht ist seit langem der Heilige Gral der nachhaltigen Energieversorgung. Eisenoxid ist ein viel versprechendes Elektrodenmaterial für die photoelektrochemische Wasserspaltung – nicht zuletzt, weil es billig, stabil, umweltfreundlich und in grossen Mengen verfügbar ist. Einem internationalen Forscherteam unter Leitung der Empa ist es nun gelungen, die molekularen Strukturänderungen einer Eisenoxidelektrode während der Wasserspaltung zu beobachten. Damit eröffnet sich die Möglichkeit zur günstigen Wasserstoffproduktion aus Sonnenenergie.

Hämatit, die mineralische Form von Eisenoxid (oder, banal gesagt, Rost), ist ein viel versprechendes Anodenmaterial für photoelektrochemische Zellen (PEC), weil sich mit ihm Sonnenlicht in einem breiten Spektralbereich einfangen lässt. Obwohl Hämatit theoretisch bis zu 15 Prozent der Sonnenenergie in Wasserstoff umwandeln könnte, ist die tatsächliche Effizienz deutlich geringer als die anderer Metalloxide. Das liegt an der molekularen Struktur des Hämatits, bei der Elektronenlöcher im angeregten Zustand nur für extrem kurze Zeit existieren.

Hilfreiche Löcher im Hämatit

Elektronen sind (negative) Ladungsträger, sie spielen diese Rolle allerdings nicht alleine. Wenn ein Elektron seinen Platz in der Kristallstruktur eines Halbleiters verlässt, hinterlässt es ein Loch, das sich quasi wie ein positiver Ladungsträger verhalten kann – vorausgesetzt, Elektron und Loch bleiben voneinander getrennt und verbinden sich nicht erneut. In der modernen Halbleiterelektronik sind Löcher wichtige Ladungsträger, ebenso wie in Batterien, Kondensatoren, Brennstoffzellen, Solarzellen und PEC. Sonnenlicht erzeugt in PEC-Elektroden permanent Paare aus Elektronen und Löchern, die an die Oberfläche diffundieren, dort Wasser spalten und Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen. Aufgrund der molekularen Struktur von Hämatit geht jedoch ein grosser Teil der Paare verloren, bevor er an der Oberfläche Wasser spalten kann.

Daher ist es wichtig, genauere Kenntnisse über den Zustand der Elektronenlöcher an der Oberfläche des Hämatits zu gewinnen. Bereits früher wurde vermutet, dass Hämatit zwei verschiedene Arten von Löchern mit unterschiedlichem Potenzial für Wasserspaltung bildet. Die Existenz der verschiedenen Typen von Löchern mit unterschiedlicher Reaktivität für Wasseroxidation hat weit reichende Auswirkungen auf die photoelektrische Leistungsfähigkeit von Hämatit. Allerdings ist es schwierig, diese Löcher zu detektieren, unter anderem, weil sie extrem kurzlebig sind.

Nicht alle Löcher sind gleich

In ihrer jüngst im «Journal of Physical Chemistry C» veröffentlichten Studie untersuchten die Empa-Wissenschaftler Artur Braun und Debajeet Bora sowie ihre Kollegen von der EPF Lausanne, der Universität Basel, aus China und den Vereinigten Staaten die photoelektrisch generierten Löcher in einer speziell konstruierten photoelektrochemischen Zelle während des Betriebs. Die Forscher zeichneten Absorptionsspektren von weichem Röntgenlicht auf, während die Zelle unter simuliertem Sonnenlicht oder im Dunkeln in Betrieb war und identifizierten zwei neue Spektralsignaturen, die von zwei unterschiedlichen Lochübergängen stammen. Laut Braun ist dies das erste Mal, dass die Elektronenstruktur einer PEC-Photoanode während einer Wasserspaltung analysiert wurde. «Die Vorbereitung für dieses äusserst komplizierte Experiment hat drei Jahre in Anspruch genommen», sagt Braun. «Schliesslich funktioniert Röntgenspektroskopie nur im Ultrahochvakuum – Photoelektrochemie hingegen funktioniert nur in Flüssigkeiten. Eine Kombination von beidem war allein aus technischer Sicht eine grosse Leistung. Dennoch würde ich sagen, dass wir grosses Glück hatten, die beiden Elektronenlöcher in einer funktionierenden PEC zu entdecken.»

Bild: Schemazeichnung einer photoelektrochemischen Zelle mit einer 30 nm-dünnen Hämatit-Photoanode (orange), in Kontakt mit Elektrolyt (blau), beleuchtet von sichtbarem Licht und durch eine 100 nm-dünne Membran von der Vakuumumgebung getrennt. Eine solche Zelle wurde in situ mit weichem Röntgenlicht im ALS-Synchrotron in Berkeley, Kalifornien, analysiert.

Das bahnbrechende Experiment des Teams bewies die Bildung zweier verschiedener Typen von Elektronenlöchern an der Berührungsfläche von Halbleiter und Flüssigkeit – unter genau den Bedingungen, unter denen der Photostrom entsteht. Die quantitative Analyse der Spektralsignatur zeigte, dass beide Typen, im Unterschied zu früheren Spekulationen, zu dem entstehenden Photostrom beitragen. «Das ist ein Meilenstein beim Verständnis der solaren Wasserspaltung und eine ermutigende Neuigkeit für Wissenschaftler weltweit, die daran arbeiten, Hämatit für PEC-Photoanoden zu optimieren», sagt Braun.

(Empa 2012)

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